Integrationsministerin Bilkay Öney hat das Asylzentrum Tübingen besucht und sich vor Ort über das KIT (Kinder in Tübingen) Patenprojekt informiert. „Flüchtlinge brauchen bei ihren ersten Schritten in die deutsche Gesellschaft mehr Unterstützung“, so Öney. Staatliche und kommunale Leistungen seien dabei nur eine Seite der Medaille. „Direkte Hilfe von Mensch zu Mensch ist unverzichtbar, wenn es darum geht, Flüchtlinge mit ihrer neuen Lebenswelt vertraut zu machen.“ Vor allem Kinder und Jugendliche profitierten davon, wenn sich ehrenamtliche Patinnen oder Paten an ihre Seite stellten. „Die Jüngsten sind zugleich die Schutzbedürftigsten.“Die Ministerin ist sich sicher, dass die Bereitschaft zu einer solchen Patenschaft bei vielen Menschen vorhanden ist. Ein Problem könnten jedoch Schwellenangst und Unsicherheit im Umgang mit Menschen fremder Herkunft sein. „Das Patenprojekt des Asylzentrums Tübingen ist vorbildlich. Die einheimischen Bürgerinnen und Bürger, die eine solche Patenschaft übernehmen wollen, sind nicht allein gelassen, sondern erfahren ganz praktische Unterstützung“, sagte Öney. Seit einem Jahr führt das Zentrum dieses Projekt mit zehn Flüchtlingspaten, insbesondere von Kindern, durch. „Die Paten haben Gelegenheit zum regelmäßigen Erfahrungsaustausch untereinander und zur Rückkopplung mit einer hauptamtlich tätigen Sozialpädagogin“, erläuterte Angela Zaschka, Leiterin des Projekts. Auch Schulungen und Supervisionen gehörten zum Angebot.
Gerade mit Blick auf den Internationalen Tag der Migranten, den die Vereinten Nationen für den 18. Dezember ausgerufen haben, sei es wichtig, an die oftmals schwierigen Lebenssituationen von Flüchtlingen zu erinnern. „Das Tübinger Projekt zeigt, dass man auch mit niederschwelligen Angeboten, die auf das Alltagsleben ausgelegt sind, viel bewirken kann. Ich wünsche mir in Baden-Württemberg möglichst viele Nachahmer“, sagte die Ministerin. Öney machte auch ein Angebot: „Ich bin gern bereit, alle an einem solchen Patenschaftsmodell Interessierten zusammenzubringen.“ Zum Beispiel könnte das Asylzentrum Tübingen seine positiven Projekterfahrungen auf einer zentralen Fachtagung weitervermitteln. Das Integrationsministerium wolle auch behilflich sein, Fördermittel, beispielsweise über den Europäischen Flüchtlingsfonds, einzuwerben.
Öney sieht einen weiteren positiven Effekt durch eine Verbreitung des Patenschaftsgedankens: „Je mehr Zugewanderte und Einheimische voneinander wissen, desto mehr wächst das Mitgefühl füreinander – und das Verständnis.“ Sie sieht darin auch einen Beitrag, latente Fremdenfeindlichkeit und Überfremdungsängste in Teilen der Gesellschaft zu überwinden.
KIT-Patenprojekt
Das Tübinger KIT-Patenprojekt soll freiwillig Engagierte im Umfeld des Asylzentrums gezielt mit einzelnen Tübinger Flüchtlingsfamilien zusammenbringen. Erstere können so den Familien bei den Anforderungen, die in Deutschland an sie gestellt werden, zur Seite stehen. Dabei stehen vor allem die Kinder im Vordergrund. Etwa zwei Stunden pro Woche sollten die Patinnen und Paten in und mit der Familie verbringen. Die Projektdauer ist auf zwei Jahre angelegt.
Wichtig ist dabei, dass die Paten nicht unvorbereitet in die oft sehr fremden und manchmal auch befremdlichen Familienverhältnisse geschickt werden. Mit dem Geld der Weihnachtsspendenaktion 2010 des Schwäbischen Tagblatts hat das Asylzentrum die Möglichkeit, auf Honorarbasis eine Familientherapeutin zu verpflichten. Sie begleitet und betreut die Paten in ihrer Tätigkeit.
Quelle:
Ministerium für Integration Baden-Württemberg