Mit einer vorausschauenden Strukturpolitik sorgen wir dafür, dass der Ländliche Raum auch weiterhin als Wohnort und Arbeitsstätte attraktiv bleibt – gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der drohenden Abwanderung insbesondere junger Menschen in städtische Gebiete. Unsere „hidden champions“ im Ländlichen Raum spüren den harten Wettbewerb um Fachkräfte und brauchen das richtige Umfeld, um auch weiterhin für qualifizierte Arbeitskräfte attraktiv zu bleiben. Dabei spielt die soziale und kulturelle Infrastruktur eine immer wichtigere Rolle. Wir schaffen und stärken die notwendigen Rahmenbedingungen, damit attraktive Arbeitsplätze, eine hohe Wertschöpfung und vielfältige Einrichtungen der Daseinsvorsorge auch weiterhin das Markenzeichen unserer ländlichen Regionen bleiben.
Um den Ländlichen Raum in Baden-Württemberg fit für die Zukunft zu machen und für anstehende Herausforderungen zu stärken, hat die Landesregierung wichtige und notwendige Weichen gestellt. Der Ländliche Raum ist komplex und ein politischer Querschnittsbereich. Es bedarf durchdachter und pragmatischer Lösungsansätze, um tragfähige Konzepte zu entwickeln, die sich an der Lebenswirklichkeit der Menschen orientieren. Dabei setzt die Landesregierung auf regionale und an die Gegebenheiten vor Ort angepasste Strategien und Lösungen. Eine wichtige Initiative ist die Einrichtung und Fortführung des Kabinettsauschusses Ländlicher Raum. Er hat sich als ressortübergreifendes Gremium hervorragend etabliert und maßgebliche Fortschritte für den Ländlichen Raum auf den Weg gebracht und begleitet.
Auch in den kommenden Jahren arbeiten die verschiedenen Ministerien im Kabinettsausschuss an kreativen Lösungsansätzen für eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung des Ländlichen Raums und erproben diese in Modellprojekten. Eine kluge ländliche Strukturpolitik benötigt eine Gesamtstrategie sowie Lösungen aus einem Guss. Genau hier setzt der Kabinettsausschuss an. Damit füllt die Landesregierung den Verfassungsauftrag der Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse im gesamten Land mit Leben und rückt den Ländlichen Raum noch stärker in den politischen und gesellschaftlichen Fokus.
Die Stärken des Ländlichen Raums auszubauen und gleichzeitig nachteiligen Folgen des Strukturwandels entgegenzuwirken, ist Aufgabe und Ziel verschiedener Förderprogramme, die in Baden-Württemberg zum Teil mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union und des Bundes realisiert werden.
Wir stärken die nachhaltige Strukturentwicklung der Gemeinden und Dörfer in ländlichen Gegenden und gehen dabei sorgsam mit den natürlichen Ressourcen um. Mit dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR), dem zentralen Instrument unserer baden-württembergischen Strukturförderung, unterstützen wir Projekte, die lebendige Ortskerne erhalten, zeitgemäßes Leben und Wohnen ermöglichen, eine wohnortnahe Versorgung sichern und zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen. 2023 unterstützt das Land durch ELR-Fördermittel in Höhe von rund 100 Millionen Euro über 1.392 Projekte in 476 Gemeinden. Auch die Aspekte des Klimaschutzes haben wir im ELR verstärkt verankert.
Das europäische Regionalentwicklungsprogramm LEADER entwickelt in 20 LEADER-Aktionsgebieten zahlreiche Projekte vor Ort führt diese durch. Hinzu kommt die Förderung von innovativen Firmen mit Sitz im Ländlichen Raum. In der Förderlinie „Spitze auf dem Land“ werden ausgewählte potenzielle innovative Weltmarktführer mit rund sechs Millionen Euro pro Jahr unterstützt. Mit Spannung wird die neue Auswahlrunde im Herbst 2023 erwartet.
Mit unserem Engagement wollen wir vor allem die innerörtlichen Potenziale aktivieren. Wir stärken vitale Ortskerne zum Wohnen und Arbeiten mit hoher Aufenthaltsqualität und vermeiden so einen weiteren Flächenverbrauch im Außenbereich. Damit unterstützen wir zudem die Pflege und zeitgemäße Weiterentwicklung der örtlichen und regionalen Baukultur im Ländlichen Raum. Durch flächendeckend verfügbare und aktuelle Geodaten fördern wir zudem wichtige Wertschöpfungsprozesse im ganzen Land.
Es ist uns wichtig, unsere einzigartigen Kulturlandschaften für unsere Bürgerinnen und Bürger zu entwickeln und zu erhalten. Mit der Flurneuordnung steht ein zukunftsfähiges Instrument mit großer struktureller Bedeutung für den Ländlichen Raum und seine Entwicklung zur Verfügung. Wir verbessern damit nicht nur die Agrarstruktur, sondern unterstützen auch Infrastrukturprojekte und fördern die biologische Vielfalt sowie die Biodiversität.
Aktuell werden landesweit 320 Flurneuordnungsverfahren durchgeführt. Für das Jahr 2023 wurden zwölf neue Verfahren angeordnet, die von Bund und Land mit rund drei Millionen Euro bezuschusst werden. Ein Grundsatz der Flurneuordnung ist die weitreichende Beteiligung der Bürgerschaft bei der Umsetzung der Maßnahmen. Denn nur mit Herzblut, Leidenschaft und Kreativität engagierter Bürgerinnen und Bürger vor Ort lässt sich unsere Heimat zukunftsfähig gestalten.
Ein modernes, gut ausgebautes ländliches Wegenetz ist nicht nur für die Land- und Forstwirtschaft wichtig. Auch Spaziergängerinnen, Radfahrende und Wanderer nutzen dieses, um sich den nötigen Abstand vom Alltag zu verschaffen. Mit dem Förderprogramm „Nachhaltige Modernisierung von Ländlichen Wegen“ haben wir die Gemeinden beim Ausbau ihrer ländlichen Wege unterstützt.
Mit verschiedenen Maßnahmen werden wir den Streuobstbau noch stärker fördern. Die Streuobstwiesen sind ein prägendes Element der Kulturlandschaften Baden-Württembergs und wichtige Erholungsorte im Ländlichen Raum.
Die ländlichen Räume in Baden-Württemberg entwickeln sich unterschiedlich. Deshalb müssen auch differenzierte Antworten auf anstehende Zukunftsfragen gefunden werden. Mit unseren Modellprojekten und Studien, unter anderem in den Bereichen Mobilität, Jugend, Erreichbarkeit, Nahversorgung, Digitalisierung, Biodiversität der Landnutzung und Gesundheit, bestellen wir die für den Ländlichen Raum wichtigen Zukunftsfelder. Zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort werden so die richtigen regionalen Weichen für eine nachhaltige und maßgeschneiderte regionale Entwicklung gestellt.
Ob Freizeit, Mobilität, Arbeiten oder Kommunalverwaltung – digitale Lösungen sind in allen Bereichen auf dem Vormarsch. Gerade in ländlichen Räumen bietet die Digitalisierung große Potenziale, um Infrastruktur passgenau in die Fläche zu bringen. Damit auch unsere ländlichen Städte und Gemeinden an den Chancen der Digitalisierung vollumfänglich partizipieren können, räumt die Landesregierung dem Breitbandausbau eine äußerst hohe Priorität ein. So unterstützt die Landesregierung den Breitbandausbau der Telekommunikationsunternehmen überall dort, wo die wirtschaftlichen Voraussetzungen für einen privatwirtschaftlichen Netzausbau nicht gegeben sind. Es ist dabei das erklärte Ziel der Landesregierung, mittelfristig überall in Baden-Württemberg eine gigabitfähige Breitbandinfrastruktur zu etablieren/ermöglichen.
Die Versorgung der wachsenden Weltbevölkerung mit gesunden Lebensmitteln und der gleichzeitige Ausbau der Nutzung nachwachsender Rohstoffe in funktionalen Materialien und als erneuerbare Energieträger erfordern innovative Ansätze, die das Gesamtsystem betrachten. Nur so kann der notwendige Schutz von Klima, Biodiversität und natürlichen Ressourcen sichergestellt werden. Die wissensbasierte Bioökonomie bietet Lösungsansätze für diese Herausforderungen und stärkt gleichzeitig die Attraktivität des Ländlichen Raums und die Zukunftsfähigkeit Baden-Württembergs als Wirtschaftsstandort.
Im Rahmen der im Jahr 2019 verabschiedeten Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie Baden-Württemberg unterstützt das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz praxisnahe Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, Investitionen in innovative Betriebstätten sowie Maßnahmen in der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften. Damit werden nachhaltige Innovationen in der Land- und Forstwirtschaft und in verarbeitenden Betrieben als essentieller Beitrag zu einem klimaneutralen Baden-Württemberg vorangetrieben und attraktive Arbeitsplätze geschaffen. Der Bioökonomie liegt ein Denken und Handeln zugrunde, welches sich an natürlichen Stoffkreisläufen orientiert und die erforderlichen Ressourcen nach dem Vorbild der Natur zirkulär bewirtschaftet.