Datenschutz

Landesbeauftragter für den Datenschutz stellt Tätigkeitsbericht vor

Jörg Klingbeil, der baden-württembergische Landesbeauftragte für Datenschutz (Quelle: dpa)

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz, Jörg Klingbeil, hat seinen Tätigkeitsbericht für die Jahre 2014 und 2015 vorgestellt. Es ist der letzte in der 15. Legislaturperiode des Landtags und zugleich der letzte seiner Amtszeit.

„Der Datenschutz ist das spannendste Thema meiner beruflichen Laufbahn gewesen“, zieht der Landesbeauftragte eine Bilanz seiner Amtszeit, die 2009 begann. „Grundrechtsbezug einerseits und technische Dynamik andererseits haben für stete Abwechslung gesorgt. Der Datenschutz hat an Bedeutung gewonnen und ist heute zum wichtigen Querschnittsthema für Verwaltung und Wirtschaft geworden. Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist allerdings größer geworden. Den Anspruch stellt weiterhin das vom Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil von 1983 entwickelte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Die heutige Realität besteht dagegen in einer allgegenwärtigen Datenerfassung und -verarbeitung, zu der die Betroffenen selbst maßgeblich beitragen. Die Wirtschaft wittert in der digitalen Vernetzung ein großes Geschäft und die Politik spielt dabei den Steigbügelhalter. Ich sehe mit Sorge, dass der Grundrechtsbezug des Datenschutzes dabei aus dem Blick gerät.“ Jörg Klingbeil verwies in diesem Zusammenhang auf aktuelle Umfrageergebnisse des Instituts für Demoskopie Allensbach (vgl. TB, Kap. 1.1, S. 14), wonach bei der Bevölkerung eine auffällige Diskrepanz zwischen der erwarteten und der erwünschten Entwicklung bestehe: So würden 70-80 Prozent der Befragten auch in Zukunft mit einer zunehmenden Vernetzung und Technisierung des Alltags rechnen, aber nur circa fünf Prozent hielten dies für wünschenswert. Die meisten würden von den neuen Möglichkeiten Gebrauch machen und seien doch gleichzeitig besorgt, wie sich Wirtschaft und Gesellschaft durch die Vernetzung und den gesamten technologischen Fortschritt entwickeln. Als besondere Risiken würden insbesondere mangelnde Datensicherheit und Sorge vor Datenmissbrauch empfunden.

„Datensicherheit und Datenschutz bleiben demnach wesentliche Voraussetzungen für das Vertrauen in die Datenverarbeitung und den technologischen Fortschritt“, kommentiert der Landesbeauftragte dieses Stimmungsbild. „Zukunftsthemen wie Big Data, Industrie 4.0, Smart-TV, vernetztes Autofahren oder intelligente Stromzähler werden keine Akzeptanz finden, wenn die Bürger als Kunden oder Arbeitnehmer kein Vertrauen haben können, dass ihre Daten sicher sind und nur für zulässige Zwecke verwendet werden.“ Aus diesem Grund seien auch politische Vorstöße abzulehnen, bewährte Strukturprinzipien des Datenschutzes wie Datensparsamkeit und Zweckbindung durch Begriffe wie Datenvielfalt und Datenreichtum zu ersetzen (vgl. Vorwort S. 8). Es sei insofern erfreulich, dass die EU-Datenschutz-Grundverordnung, die voraussichtlich 2018 in Kraft treten wird, in wesentlichen Punkten dem deutschen Datenschutz- Modell folgen wird. Die Umsetzung der Europäischen Datenschutzreform werde in den nächsten Jahren eine gewaltige Herausforderung für alle Beteiligten, vor allem die nationalen Gesetzgeber, auch auf Landesebene, bedeuten. „Jetzt wird es erst richtig spannend“, kündigte Jörg Klingbeil an.

Der 32. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz umfasst elf Kapitel auf knapp 200 Seiten (plus Entschließungen bzw. Beschlüsse der Datenschutzbehörden im Anhang). Folgende Punkte sind besonders erwähnenswert:

  • Die Arbeiten an der EU-Datenschutzgrundverordnung und der EU-Richtlinie für Polizei und Justiz wurden am 15. Dezember 2015 abgeschlossen und werden die Zukunft des Datenschutzes wesentlich bestimmen (vgl. Kap. 1.2 und 1.3, S. 17 ff.).
  • Der Europäische Gerichtshof hat im Berichtszeitraum in mehreren Entscheidungen die Grundrechtsorientierung des Datenschutzes in Europa betont und damit die Tradition des Bundesverfassungsgerichts eindrucksvoll fortgeführt (Kap. 1.4, S. 22 ff.); insbesondere die Safe Harbor-Entscheidung vom 6. Oktober 2015 wird zu einer Neujustierung der Rechtsgrundlagen für den Datentransfer in die USA führen.
  • Anhand mehrerer Gerichtsentscheidungen erläutert der Bericht die aktuellen Anforderungen an das Handeln von Sicherheitsbehörden (u. a. automatisierte Kennzeichenerfassung, Dokumentation des Ermittlungsverfahrens und Einsatz Verdeckter Ermittler), vgl. Kap. 2.1, S. 31 f..
  • Kapitel 2.2.2 (S. 43) beschreibt die Zusammenarbeit zwischen Landeskriminalamt und LfD bei der Entwicklung der Software Precobs zur Straftatenprognose bzw. -verhinderung.
  • Die Kapitel 2.2.6 und 2.2.7 (ab S. 55) widmen sich der Datenspeicherung von Fußballfans und dem Thema Stadionverbote.
  • Kontrollen bei Waffenbehörden und bei Notariaten werden in den Kapiteln 2.2.9 (S. 59) und 3.6 (S. 74) geschildert. Das Kapitel 5.4 (S. 87 f.) befasst sich ebenfalls mit einer intensiven Kontrolle und Beratung im kommunalen Bereich.
  • Im Berichtszeitraum hat die datenschutzrechtliche Begleitung von innovativen Pro-jekten im Verkehrsbereich breiten Raum eingenommen (vgl. Kapitel 6. Verkehr, ab S. 93 ff.). Neben der Arbeit an Strategiepapieren zusammen mit dem Verband der Automobilindustrie (Kap. 6.1, S. 93 ff.) ist auf Landesebene die Beratung bei den Projekten TwoGo (Kap. 6.2, S. 98 ff.) und PolyGo (Kap. 101, S. 101 ff.) zu erwähnen. Bei der Verwendung von Fahrzeugdaten zur Reisezeitermittlung hat der LfD seine Rechtsauffassung revidiert (Kap. 6.5, S. 107).
  • Das Kapitel Gesundheit und Soziales (Kap. 7, S. 111 ff.) berichtet u. a. über aktuelle Gesundheitsgesetze sowie Kontrollbesuche beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen (Kap. 7.7, S. 123 f.) und bei Jobcentern (Kap. 7.11, S. 133).
  • Die Themen Medienbildung und Bildungsplan 2016 sind Schwerpunkte des Kapitels 8 (Datenschutz an Schulen und Hochschulen, S. 142 ff.). Auch die Schließanlage einer Schultoilette war datenschutzrechtlich zu bewerten (Kap. 8.3, S. 143).
  • Datenschutz in der Arbeitswelt wird in Kap. 9 (S. 145 ff.) u. a. anhand der aktuellen Problembereiche Mindestlohngesetz und Abgleich von Beschäftigtendaten mit Sanktionslisten behandelt.
  • Datenschutz in der Wirtschaft ist Gegenstand des Kapitels 10 (S. 151 ff.). Darin wird u. a. eine konkrete Handlungsanleitung für datenschutzkonforme E-Mail-Werbung geboten. Weitere Schwerpunktthemen sind Bonitätsabfragen trotz fehlendem finanziellen Risiko (Kap. 10.3, S. 158 f.), Rechtsprechung zum Scoring (Kap. 10.5, S. 161), betriebliche Datenschutzbeauftragte (Kap. 10.8 und 10.9, S. 165 f.), Datenschutz im Hotel (Kap. 10.10, S. 167 f.), die Ergebnisse einer landesweiten schriftlichen Kontrollaktion bei Adresshandelsunternehmen und bei Markt- und Meinungsforschungsinstituten (Kap. 10.11, S. 170 f.) und intelligente Stromzähler (Kap. 10.19, S. 183).
  • Schwerpunkt des Kapitels 11 (Technik und Medien, S. 185 ff.) ist erneut der „Dauerbrenner" Videoüberwachung mit den aktuellen Varianten Dashcams und Drohnen (S. 188 f.). Vorgestellt werden auch die Orientierungshilfen zur Video-überwachung in Schwimmbädern (Kap. 11.1.2, S. 185) und in öffentlichen Verkehrsmitteln (Kap. 11.1.3, S. 186) sowie die Orientierungshilfe zu Smart-TV (Kap. 11.3, S. 192 f.).

Neben herkömmlichen Kontrollen vor Ort wurden im Berichtszeitraum auch neuartige Überprüfungen vorgenommen: Einerseits eine branchenweite schriftliche Befragung (vgl. Kap. 10.11, s. o.), andererseits vor allem eine Online-Überprüfung von Webauftritten kleiner und mittelständischer Unternehmen mit einer selbst entwickelten Prüfplattform (vgl. Kap. 11.6, S. 195). So haben Mitarbeiter des LfD kurz vor Weihnachten 2015 mehr als 27.000 Webseiten überprüft. Da die Ergebnisse derzeit noch ausgewertet werden, konnten sie noch nicht im Tätigkeitsbericht berücksichtigt werden. Hierzu Jörg Klingbeil: „Die Online-Tests waren nur ein Vorgeschmack auf die Entwicklung der nächsten Jahre. Die kommende EU-Datenschutz-Grundverordnung wird ab 2018 erweiterte Prüf- und Sanktionsbefugnisse für die Datenschutzbehörden mit sich bringen. Hierauf sollten sich die zu kontrollierenden Stellen frühzeitig einstellen.“

Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz 2014/2015 (PDF)

Der Landesbauftragte für den Datenschutz

Quelle:

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz

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