Es wird gesungen, gebacken, gebastelt: Im ganzen Land engagieren sich Helfer, um Flüchtlingen ein schönes Weihnachtsfest zu bereiten. Für viele ist es das erste Weihnachten überhaupt.
Weihnachten macht keinen Bogen um die Flüchtlingsunterkünfte im Land: Im ganzen Land engagieren sich Helfer mit zahllosen Aktionen, um Migranten ein schönes Fest zu bereiten. In den Einrichtungen im Südwesten finden derzeit viele Weihnachtsfeiern statt. Es wird gesungen und gebacken, es werden Türchen geöffnet, Bäume geschmückt und Geschenke verteilt. Bürgerinitiativen kümmern sich ebenso wie Kirchen. Egal ob Christ oder Muslim: Die Helfer setzen dabei auch auf Integration.
Gelegenheit zu Begegnung und Kontakt
Dass das Weihnachtsfest mit seiner besinnlichen Stimmung zur Begegnung und zum Dialog führen kann, hoffen etwa die Kirchen im Land. „Die besondere Atmosphäre dieser Zeit und die damit verbundenen Aktivitäten werden von geflüchteten Menschen durchaus als Gelegenheit zu Begegnung und Kontakt wahr- und auch angenommen“, sagt Robert Eberle von der Erzdiözese Freiburg. Dabei gehe es nicht primär um die Religionszugehörigkeit der Flüchtlinge: „Nicht-Christen spüren durch die Atmosphäre und kleine Geschenke, dass Weihnachten für uns ein Fest ist. So wie zum Beispiel Muslime bei muslimischen Feiertagen andere zum Mitfeiern einladen können: Es geht um das Miteinander, das Zusammenhalten und Solidarität - mit allen Menschen in Not, die bei uns Zuflucht suchen.“
Im Bereich der Erzdiözese gebe es an Weihnachten unterschiedliche Angebote für Flüchtlinge, sagt Eberle. „Helferkreise organisieren und verteilen Geschenke an Kinder und Erwachsene mit Kindern. Zudem werden in vielen Unterkünften Weihnachtsbäume aufgestellt.“ Und aus dem Kreis der Helfer seien auch Angebote gekommen, zu Hause gemeinsam mit Flüchtlingen das Weihnachtsfest zu feiern.
Zahlreiche Aktionen wie Adventsfeiern, Krippenspiel, Geschenke
In der Landeserstaufnahmeeinrichtung (Lea) in Meßstetten (Zollernalbkreis) wird am Mittwoch ein Krippenspiel aufgeführt - ein Posaunenchor spielt Weihnachtslieder, die Weihnachtsgeschichte wird auf Arabisch erzählt. In der Lea leben nur wenige Christen. Aber: „Ich bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, darzulegen, wie bei uns Weihnachten gefeiert wird, was der christliche Glaube bedeutet“, sagt Lea-Leiter Frank Maier. „Sie müssen sich nicht mit Weihnachten identifizieren, aber sie müssen sich im Klaren sein, dass es für uns ein ganz wichtiges Fest ist.“
In Geschäften in der Gegend wurden 1.000 leere Schuhkartons ausgelegt, Bürger können sie mit Geschenken für Flüchtlingskinder füllen und bei der Lea abgeben. Bereits 400 Kartons seien gefüllt zurückgekommen. „Malstifte, Süßigkeiten, Mütze und Schale“, berichtet Maier. Um die Lea herum sucht das ökumenische Helferteam noch Gemeindemitglieder, die Flüchtlinge an Weihnachten bei sich aufnehmen wollen. „Die allermeisten Gäste kommen aus Syrien und werden zwar keine Christen sein, aber offen und interessiert an dem, was in Deutschland Tradition, Kultur und Werte sind“, heißt es in einem Rundbrief.
Die Lea Ellwangen veranstaltet am 1. Weihnachtsfeiertag ein Weihnachtskonzert. In Halle 73 wird nach Angaben des Regierungspräsidiums Stuttgart das „Orchester der Kulturen“ aus Stuttgart mit einer zehn-köpfigen Besetzung auftreten.
Auch in der evangelischen Landeskirche Baden gibt es zahlreiche Aktionen, wie eine Sprecherin sagte. „Beispielsweise Adventsfeiern, bei denen es darum geht, eine weihnachtliche Stimmung zu transportieren und sich miteinander auszutauschen. Oft wird auch mit den Kindern gebastelt. Außerdem wird geschaut: Wo ist Bedarf für einen christlichen Gottesdienst mit Übersetzung oder darüber hinaus auch für andere offene Angebote.“
Ehrenamtliche hätten berichtet, dass die Begegnungsangebote von sehr vielen Flüchtlingen sehr dankbar angenommen würden, sagt ein Sprecher der Evangelischen Landeskirche Württemberg. „Sie freuen sich, mit Einheimischen in Kontakt zu kommen, sind an Land, Leuten, Bräuchen interessiert.“ Viele Gemeinden böten auch Adventsfeiern an. In der Flüchtlingsunterkunft in Stuttgart-Obertürkheim gebe es beispielsweise eine Weihnachtsfeier, bei der Geschenke von Stuttgarter Bürgern verteilt würden.
Manche Migranten engagieren sich auch selbst: Die Bewohner der Carl-Schurz-Kaserne in Hardheim (Neckar-Odenwald-Kreis) verkauften nach Angaben des Regierungspräsidiums Karlsruhe bereits selbst gebackene Plätzchen auf dem Weihnachtsmarkt. Dafür brachte der Nikolaus den Flüchtlingskindern Mandarinen, Nüsse und Schokoriegel.
Quelle:
dpa/lsw