Der Biologe Prof. Dr. Martin Wikelski hat den Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg erhalten. Er hat sich um den Aufbau des weltweit anerkannten Zentrums für Verhaltensbiologie am Bodensee verdient gemacht und einen wichtigen Forschungsbeitrag zum Arten- und Klimaschutz geleistet.
Für seine Verdienste um die Wissenschaftskommunikation und den Aufbau des weltweit anerkannten Zentrums für Verhaltensbiologie am Bodensee hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann dem Biologen Prof. Dr. Martin Wikelski den Verdienstorden des Landes zuerkannt. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer überreichte die Auszeichnung am Donnerstag, 2. September, in Radolfzell.
„Martin Wikelski ist ein Glücksfall für das Land Baden-Württemberg“, betonte Theresia Bauer im Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Radolfzell. „Um die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, wie den Verlust der Biodiversität und den Klimawandel, zu meistern, brauchen wir solche Forschungseinrichtungen. Und wir brauchen engagierte Wissenschaftler, die hochkarätige Forschung betreiben und sich mit mindestens ebenso großem Engagement dafür einsetzen, viele Menschen mit Ihrer Begeisterung für die Natur anzustecken.“
Bedeutende Forschung zu Artenschwund und Klimawandel
Seit seiner Berufung an den Bodensee im Jahr 2008 habe sich Professor Wikelski mit mitreißender Begeisterung, einer klaren Vision und unerschöpflicher Ausdauer für den Ausbau der Vogelwarte zu einem eigenständigen Zentrum für die Verhaltensbiologie eingesetzt, berichtete Ministerin Theresia Bauer. „Mit Ihren Forschungen haben Sie wertvolle Erkenntnisse darüber gewonnen, wie Tiere sich auf ihren mitunter langen Reisen orientieren und an ihr Ziel finden. Das ist wesentlich, nicht nur für den Schutz wandernder Tiere, auch für das Zusammenleben des Menschen mit der Natur.“
Theresia Bauer bezeichnete das ICARUS-Projekt (International Cooperation for Animal Research Using Space) als Lebenswerk des Wissenschaftlers. „Mit dem ‚Internet der Tiere‘ wollen Sie Klimaveränderungen, Umweltzerstörung, Naturkatastrophen und auch dem Ausbreiten von Infektionskrankheiten auf die Spur kommen. Dabei haben Sie sich von Rückschlägen und sicher auch Zweifeln nicht aufhalten lassen. Und ich bin mir sicher, dass Sie sich jetzt nicht zurücklehnen und wir noch viele weitere spannende Entwicklungen, Erkenntnisse und neue Ansätze aus Radolfzell/Konstanz erwarten dürfen.“
Begnadeter Kommunikator
Professor Wikelski sei aber nicht nur ein visionärer Wissenschaftler, sondern auch ein begnadeter Kommunikator: „Sie haben ein echtes Interesse daran, Ihre Faszination für die Wunder der Natur einem breiten Publikum zu vermitteln.“ Zuverlässig fliege er mit seinem Kleinflugzeug durch die deutschen Dokumentationen zum Wanderungsverhalten der Tiere. „Das spricht für die außerordentliche Reputation, die das Institut und Sie persönlich inzwischen haben. Und ich denke, es ist nicht übertrieben zu sagen, dass Sie Baden-Württembergs sichtbarster Biologe sind, der seine Begeisterung für die Natur weitergibt.“
Das in Konstanz und Radolfzell durch Wikelskis unermüdliches Engagement entstandene Zentrum für moderne Verhaltensbiologie habe sich zu einem Anziehungspunkt für immer mehr talentierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt entwickelt.
Professor Martin Wikelski ist Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Institut für Ornithologie. Seit seinem in 1991 erlangten Diplom in Biologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und seiner Promotion 1994 an der Universität Bielefeld, hat er zahlreiche namhafte Stationen durchlaufen: So war er zunächst Research Associate an der University of Washington, USA, gefolgt von seiner Postdoc Zeit am Smithsonian Tropical Research Institute in Panama. Danach folgten mehrjährige Aufenthalte als Assistant Professor an der University of Illinois sowie an der Princeton University, beide USA, bis Wikelski 2008 Professor in Konstanz wurde und gleichzeitig auch Direktor des Max-Planck-Institutes für Verhaltensbiologie in Radolfzell. Seit 2016 ist er Honorarprofessor der Uni Konstanz.
Neben reger Publikations- und Öffentlichkeitsarbeit ist Wikelski in zahlreichen Verbänden engagiert. So ist er unter anderem seit 2006 Gründer und Vorsitzender von „Movebank“, seit 2011 Vorsitzender der Migration Ecology Task Force on Wildlife Disease, Weltgesundheitsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen und war zwischenzeitlich auch Vizepräsident der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft (2015-2019). Wikelski hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten – etwa 2016 den Max-Planck-Forschungspreis der Max-Planck-Gesellschaft und Alexander von Humboldt-Stiftung. Seit 2014 ist er Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und seit 2017 Fellow der National Geography Society, USA.
Wikelski ist Gründer (2013) und Vorsitzender des Executive Board für die „Internationale Kooperation zur Beobachtung von Tieren aus dem Weltraum“ oder „International Cooperation for Animal Research Using Space“, kurz ICARUS. In ihr arbeiten Wissenschaftler mit dem Ziel zusammen, ein satellitengestütztes System zur Beobachtung kleiner Tiere wie zum Beispiel Vögel, Fledermäuse oder Wasserschildkröten zu entwickeln. Diese Erkenntnisse dienen der Verhaltensforschung, dem Artenschutz und der Erforschung der Ausbreitungswege von Infektionskrankheiten bis hin zur Vorhersage von ökologischen Veränderungen und Naturkatastrophen.
Um die Wanderungen dieser Tiere auf der Erde verfolgen zu können, werden diese mit Minisendern ausgerüstet und die Messdaten unter anderem an die Internationale Raumstation ISS übertragen. ICARUS ist seit 2020 im wissenschaftlichen Betrieb, wobei zunächst der Fokus auf dem Zugverhalten von gut 2000 Amseln liegt. Beteiligt sind neben dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos, das Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell und die Universität Konstanz.
Der Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg – bis Juni 2009 die „Verdienstmedaille“ – wird vom Ministerpräsidenten für herausragende Verdienste um das Land Baden-Württemberg verliehen, insbesondere im politischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Bereich. Die Verleihung des Verdienstordens erfolgt in der Regel einmal jährlich im Rahmen eines Festakts. Die Zahl der Ordensträgerinnen und -träger ist auf insgesamt 1.000 lebende Personen begrenzt.
Alle Gruppen der Bevölkerung und alle Gebiete des Landes sollen möglichst gleichmäßig berücksichtigt werden. Der Verdienstorden hat die Form eines stilisierten Kreuzes mit einem Medaillon in seiner Mitte, auf dem das große Landeswappen mit dem Schriftzug Baden-Württemberg abgebildet ist. Er wird an einem gefalteten Band in den Landesfarben getragen. Anstelle des Ordens kann eine schwarz-gelbe Rosette oder eine Miniatur getragen werden. Neben den Ordensinsignien erhalten die Ordensträgerinnen und -träger eine von Ministerpräsident Winfried Kretschmann unterzeichnete Verleihungsurkunde.