„Hoch ansteckende Tierseuchen wie die Maul- und Klauenseuche oder die Geflügelpest sind in der Europäischen Union ausgerottet. In anderen Teilen der Welt treten sie jedoch nach wie vor auf. Wir müssen daher alles daran setzen, die Einschleppung derartiger Tierseuchen nach Baden-Württemberg zu verhindern. Sollten sie dennoch hier im Land auftreten, müssen sie schnell und konsequent bekämpft werden“, sagte der Amtschef im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Ministerialdirektor Wolfgang Reimer, am Flughafen Stuttgart anlässlich der landesweiten Tierseuchenübung.
Gerade weil Baden-Württemberg in den letzten Jahren vom Ausbruch hochansteckender Tierseuchen verschont geblieben sei, sei es wichtig, Bekämpfungsmaßnahmen regelmäßig zu üben. „Um für den Tierseuchenkrisenfall einsatzbereite Teams vorhalten zu können, finden regelmäßig landesweite Tierseuchenübungen mit wechselnden Schwerpunkten statt“, so Reimer. Zur Vorbereitung der Tierseuchenübung habe die „Task Force Tierseuchenbekämpfung Baden-Württemberg“ beim Regierungspräsidium Tübingen in den letzten Wochen und Monaten etwa 1.000 Personen speziell geschult.
Lebensmittelimporte durch Reisende sind Hauptrisiko
„Das Hauptrisiko für die Einschleppung hochansteckender Tierseuchen liegt bei der Einfuhr von infizierten Tieren und Lebensmitteln durch Reisende“, so Reimer. Dabei stellten illegale Importe eine besondere Gefahr dar. Ministerialdirektor Reimer appellierte daher an die Bevölkerung, keine tierischen Lebensmittel wie frisches Fleisch, Rohwürste oder Milcherzeugnisse von Nicht-EU-Staaten nach Deutschland einzuführen. „Schon Brot mit Salami kann über Butter und Rohwurst Tierseuchen einschleppen. Das Mitbringen solcher Lebensmittel ist daher verboten. Es ist wichtig, dass sich alle Reisenden bewusst machen, dass tierische Lebensmittel Tierseuchen übertragen können und darauf achten, keine tierischen Lebensmittel einzuführen.“
Landesweite Tierseuchenübung bereitet auf Ernstfall vor
„Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und das Innenministerium leiten vom 25. bis 27. April 2013 die landesweite Tierseuchenübung. Ziel ist es, das Zusammenspiel der zuständigen Behörden in einem realistischen Szenario zu üben, um im Ernstfall eine reibungslose Zusammenarbeit zu gewährleisten“, so Reimer. An der Übung seien Behörden auf allen Ebenen, also Ministerien, Regierungspräsidien sowie Stadt- und Landkreise vor Ort mit ihren jeweiligen Krisenstäben beteiligt.
Eingebunden seien unter anderem der Katastrophenschutz, die Bundeswehr und die Veterinärverwaltung. „Bei der aktuellen Tierseuchenübung wird ein Ausbruch der Maul- und Klauenseuche im Land simuliert. Die Maul- und Klauenseuche und andere hochansteckende Tierseuchen haben schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen für die betroffenen Tierhalter und die Volkswirtschaft. Mit der Übung schaffen wir die Grundlage für die zuständigen Behörden, um für den möglichen Ausbruch einer derartigen Tierseuche gerüstet zu sein“, sagte Ministerialdirektor Reimer .
Ablauf und Inhalt der Tierseuchenübung
Die landesweite Tierseuchenübung 2013 gliedert sich in zwei Teile. Am 25. und 26. April 2013 wurde die Vorgehensweise der Krisenstäbe beim Ausbruch am Beispiel der hochgefährlichen Maul- und Klauenseuche computergestützt geübt. Veterinärbehörden mussten hierbei Sperrbezirke und Beobachtungsgebiete festlegen, die Seuchenübertragungswege und betroffenen Betriebe ermitteln sowie die erforderlichen Bekämpfungsmaßnahmen in enger Abstimmung mit dem Katastrophenschutz und der Bundeswehr anordnen.
Bei der praktischen Übung am 27. April 2013 finden durch die Veterinärverwaltung in Zusammenarbeit mit den örtlichen Katastrophenschutzbehörden, Feuerwehren, den drei Veterinärzügen aus Ravensburg, Freiburg und Schwäbisch Hall sowie dem Technischen Hilfswerk mehrere praktische Übungseinheiten statt. So werden unter anderem die Einrichtung und der Betrieb von Dekontaminationsschleusen für Personen und Fahrzeuge, die Reinigung und Desinfektion von Stallgebäuden praktisch geübt. Praktische Übungen werden auch in den Landkreisen Emmendingen, Enzkreis, Esslingen, Heidenheim, Tübingen, Tuttlingen und Zollernalbkreis sowie in den Stadtkreisen Karlsruhe und Stuttgart durchgeführt.
Einfuhrbestimmungen für tierische Lebensmittel
Vorbeugende Maßnahmen sind unerlässlich, um die Einschleppung der Maul- und Klauenseuche und anderer hochansteckender Tierseuchen aus Staaten außerhalb der EU zu verhindern. Die Übertragung der Tierseuchen kann über die Einfuhr von lebenden Tieren und Erzeugnissen tierischen Ursprungs in die Europäische Union erfolgen. Aus diesem Grund dürfen Einfuhren und die Verbringung von Tieren und tierischen Erzeugnissen innerhalb der Europäischen Union nur gemäß den geltenden Gemeinschaftsvorschriften unter behördlicher Überwachung durchgeführt werden.
Wegen der weltweiten Zunahme des Personen- und Handelsverkehrs sind die Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Einfuhr und das Verbringen von Tieren und tierischen Erzeugnissen strikt anzuwenden. Eine erhebliche Gefahr für die Einschleppung einer hochansteckenden Tierseuche stellt die illegale - häufig auch unbewusste - Einfuhr an Fleisch und Fleischerzeugnissen und sonstiger tierischer Erzeugnisse durch Reisende dar. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind daher zu konsequenten Kontrollen an den Außengrenzen der Europäischen Union mit unschädlicher Beseitigung der illegal eingeführten Waren verpflichtet.
Notwendige Maßnahmen im Tierseuchenkrisenfall
Bei einem Seuchenverdacht muss sofort gehandelt werden, damit unmittelbar nach amtlicher Feststellung des Ausbruchs wirksame Bekämpfungsmaßnahmen in Verbindung mit spezifischen Schutzmaßnahmen eingeleitet werden können. Zur Bekämpfung von Tierseuchen stehen mehrere Strategien zur Verfügung. Bei der Wahl der Bekämpfungsstrategie sind die Folgen der wirtschaftlichen Schäden in nichtlandwirtschaftlichen Wirtschaftssektoren zu berücksichtigen.
Gemeinschaftsmaßnahmen zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche sehen in erster Linie die Tötung und unschädliche Beseitigung infizierter Tierbestände vor. Infizierte Tiere empfänglicher Arten, wie beispielsweise Wiederkäuer und Schweine, sind unverzüglich zu töten und über eine Tierkörperbeseitigungsanstalt zu beseitigen. Zudem muss die Erregerausbreitung bei einem Maul- und Klauenseuche-Ausbruch verhindert werden. Sofern bestimmte Voraussetzungen vorliegen, kann hierzu eine Notimpfung bei empfänglichen Tieren durchgeführt werden. Die anschließende Reinigung und Desinfektion der betroffenen Betriebe - unter Beachtung des Umweltschutzes - ist ein fester Bestandteil der Tierseuchenbekämpfung.
Die Abgrenzung eines Sperrgebiets, in dem das Verbringen oder der Handel mit bestimmten Tieren oder tierischen Erzeugnissen zur Verhinderung der Seuchenausbreitung beschränkt wird, ist wichtig, damit sich die Seuche nicht weiter ausbreitet. Das EU-Recht sieht eine Regionalisierung vor, wenn das Seuchengeschehen räumlich eng begrenzt ist, damit nicht ganze Staaten von eventuellen Handelsbeschränkungen betroffen sind.
Bedeutende Tierseuchen
Zu den bedeutendsten Tierseuchen gehören:
- Maul- und Klauenseuche
- Europäische und Afrikanische Schweinepest
- Geflügelpest (umgangssprachlich „Vogelgrippe“)
Von den oben genannten Tierseuchen ist nur die Geflügelpest auf den Menschen übertragbar, alle genannten Tierseuchen können jedoch erhebliche wirtschaftliche Schäden verursachen.
Zwar liegt der letzte Ausbruch der Maul- und Klauenseuche, die bei der Übung geprobt wird, in Deutschland viele Jahre zurück. Die Krankheit ist jedoch in der Vergangenheit vereinzelt in anderen Ländern der Europäischen Union aufgetreten. Die drastischen Bilder des verheerenden Seuchenzugs in Großbritannien im Jahre 2001, der auch auf mehrere benachbarte Mitgliedstaaten der Europäischen Union übergegriffen hatte, sind vielen noch in Erinnerung geblieben.
In zahlreichen Ländern Asiens, Afrikas und Südamerikas ist die Maul- und Klauenseuche nach wie vor heimisch und kann beim heutigen Handels- und Personenverkehr von dort aus jederzeit auch nach Baden-Württemberg eingeschleppt werden. Um hierauf stets vorbereitet zu sein, sehen rechtliche Vorgaben der Europäischen Union vor, dass die Veterinärbehörden in den Mitgliedstaaten in regelmäßigen Abständen Echtzeitübungen zur Optimierung ihres Krisenmanagements durchführen und Krisenpläne erstellen.