Flüchtlinge

Land nimmt im Jahr 2015 rund 100.000 Asylsuchende auf

Flüchtlinge (Foto: dpa)

Die Jahresbilanz des Flüchtlingszugangs in Baden-Württemberg macht deutlich, welche Herausforderungen die Aufnahmebehörden des Landes mit dem Integrationsministerium an der Spitze, aber auch die kommunalen Behörden und die zahlreichen Ehrenamtlichen im Jahr 2015 zu bewältigen hatten.

„Die hohen Flüchtlingszahlen haben bei den Bürgern auch ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis zur Folge. Wir haben schon lange vor den Silvestervorfällen darauf reagiert, indem wir für unsere Erstaufnahmeeinrichtungen Sicherheitskonzepte erstellt, Sicherheitsbeauftragte eingesetzt und die Zahl der Sozialarbeiter massiv aufgestockt haben. Außerdem wurde eine Ombudsstelle eingesetzt, an die sich sowohl Flüchtlinge als auch einheimische Bürger wenden können. Den neu eintreffenden Flüchtlingen werden grundlegende Regeln des Zusammenlebens erklärt, zum Beispiel anhand von Piktogrammen. Gleichwohl muss man ehrlicherweise sagen, dass es nicht innerhalb kurzer Zeit gelingen wird, über Jahrhunderte gewachsene Traditionen und Rollenbilder aufzubrechen. Integration ist ein langwieriger Prozess. Dennoch werden wir uns dieser Aufgabe stellen“, so Integrationsministerin Bilkay Öney.

Dank an die beteiligten Behörden und die zahllosen Ehrenamtlichen

Unter nahezu allen Gesichtspunkten übertreffen die letztjährigen Flüchtlingszahlen die der Vorjahre um ein Mehrfaches. Dennoch ist es auch 2015 gelungen, alle ankommenden Flüchtlinge aufzunehmen und angemessen zu vorsorgen. Ministerin Öney: „Mein Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der an der Bewältigung dieser schwierigen Aufgabe beteiligten Behörden, aber auch den zahllosen Ehrenamtlichen, ohne deren Hilfe wir nicht erfolgreich gewesen wären.“ Öney wies zugleich darauf hin, dass mit der sprachlichen, schulischen und beruflichen Integration der bleibeberechtigten Flüchtlinge die größten Herausforderungen erst noch bevorstünden. Dabei warnte sie: „Wenn der Zugang von Flüchtlingen im Tempo des vergangenen Jahres auch 2016 anhalten sollte, dann stoßen wir an Grenzen der Aufnahmefähigkeit und -bereitschaft unserer Gesellschaft. Auch darauf haben wir völlig unabhängig von den Silvestervorfällen hingewiesen.“

Zugangszahlen

Im Jahr 2015 hat Baden-Württemberg insgesamt 101.041 Asylsuchende aufgenommen. 97.822 Flüchtlinge haben zum ersten Mal in Baden-Württemberg um Asyl nachgesucht (Erstantragsteller). Gegenüber dem Vorjahr (25.673 Erstantragsteller) bedeutet dies fast eine Verdreifachung (Erhöhung um circa 72.000 Personen oder 281 Prozent).

Damit ist der Flüchtlingszugang im achten Jahr in Folge gestiegen. Auch der bisherige Rekordzugang aus dem Jahr 1992 (51.609 Erstantragsteller) wurde damit weit übertroffen.

Die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes waren zeitweise mit mehr Zugängen konfrontiert als die Landesstatistik widerspiegelt. Es sind im Laufe des Jahres 2015 insgesamt rund 185.000 Personen als Flüchtlinge in Erstaufnahmeeinrichtungen angekommen, die zunächst auch untergebracht werden mussten. Etliche von ihnen haben die Einrichtung aber nach kurzer Zeit wieder verlassen, teilweise aufgrund einer Weiterverteilung in andere Einrichtungen, Bundesländer oder EU-Länder, teilweise aber auch auf eigene Faust.

Erweiterung der Erstaufnahmekapazitäten

Das Land hat auf den Anstieg der Asylbewerberzahlen bereits in den Vorjahren reagiert, als zunächst die Kapazitäten der LEA Karlsruhe massiv erweitert und ab 2014 Erstaufnahmeeinrichtungen in allen Regierungsbezirken aufgebaut wurden. Der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Meßstetten, die im Oktober 2014 eröffnet wurde, folgte die LEA Ellwangen, die seit April 2015 Flüchtlinge aufnimmt. Weitere Erstaufnahmeeinrichtungen (v.a. Mannheim, Sigmaringen, Donaueschingen und Wertheim) wurden aus- bzw. aufgebaut, weitere Einrichtungen befinden sich noch in der Ausbau- bzw. Planungsphase.

Aufgrund der hohen Zugangszahlen im zweiten Halbjahr 2015 mussten vor allem im Herbst zusätzliche Kapazitäten für die Unterbringung von Flüchtlingen aufgebaut werden. Wie die Abbildung zeigt, konnten die Kapazitäten innerhalb von rund drei Monaten von etwa 10.000 auf mittlerweile über 40.000 Plätze erhöht werden.

Zentrales Registrierungszentrum Heidelberg

Mit dem zentralen Registrierungszentrum in Heidelberg spielt das Land eine Vorreiterrolle bei der zügigen Ersterfassung von Flüchtlingen einschließlich Asylantragstellung bei einer dort neu geschaffenen Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Das „Heidelberger Modell“ hat bundesweit Vorbildcharakter und soll auf andere Bundesländer übertragen werden.

Zusammensetzung der Asylsuchenden

Im Laufe des vergangenen Jahres hat sich die Zusammensetzung der Asylsuchenden mehrmals stark verändert. Während im Februar noch über die Hälfte der Erstantragsteller aus dem Kosovo stammte, kamen von April bis Juli vermehrt Asylsuchende aus Albanien nach Baden-Württemberg. Spätestens ab Mai begann sich auch die Zahl der Asylsuchenden aus Syrien zu erhöhen. Im September stellten Flüchtlinge aus Syrien die Mehrheit aller Erstantragsteller im Land. Seitdem hat sich die Zahl der syrischen Flüchtlinge zwar verringert, doch noch im Dezember stellen sie die größte Asylbewerbergruppe. In den Herbstmonaten zugenommen haben vor allem die Zahlen der Asylsuchenden aus Afghanistan und aus dem Irak.

Insgesamt kamen im Jahr 2015 (siehe Abbildung) mit 35.859 Personen die meisten Asylerstantragsteller aus Syrien, gefolgt von Afghanistan (11.676 Personen) und dem Irak (10.735). Die Westbalkanländer Albanien (5.759 Personen) und Kosovo (5.053) kommen an vierter bzw. fünfter Stelle. Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und dem Irak machten mit 58.270 Personen weit mehr als die Hälfte des Gesamtzugangs im Jahr 2015 aus. Aus „sicheren Herkunftsstaaten“ kommen seit Ende Oktober nur noch vereinzelt Personen (weniger als 3 Prozent der Erstantragsteller).

Auch im Vergleich zum Vorjahr (2014) hat sich die Herkunft von Asylsuchenden vom Balkan, dem Mittleren Osten und Afrika stärker in den Mittleren und Fernen Osten verschoben. Neben einigen Balkanländern fallen 2015 insbesondere Eritrea und Nigeria insgesamt betrachtet weit weniger ins Gewicht als noch 2014 (siehe Abbildung).

Die Zusammensetzung der Erstantragsteller nach Alter und Geschlecht (Abbildung) zeigt nicht nur, dass Asylsuchende mit durchschnittlich 23,4 Jahren vergleichsweise jung sind, sondern dass in fast allen Altersgruppen eine erhebliche überzahl von Männern gegenüber Frauen besteht. Dies ist insbesondere bei den 18- bis 34-Jährigen zu beobachten: In dieser Altersgruppe sind viermal so viele Männer wie Frauen in Baden-Württemberg aufgenommen worden.

Asylanträge

In den Außenstellen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Baden-Württemberg wurden 2015 61.671 Asylanträge gestellt, darunter 57.578 Erstanträge. Der im Vergleich zur Statistik des Landes bestehende Unterschied ergibt sich daraus, dass das BAMF einen erheblichen Rückstau bei der Antragsannahme verzeichnet. Es werden allerdings große Anstrengungen unternommen, durch mehr Personal und effizientere Verfahrensabläufe diesen Rückstau im Laufe des Jahres 2016 zu verringern. Bundesweit verzeichnete das Bundesamt im Jahr 2015 insgesamt 476.649 Asylanträge, darunter 441.899 Erstanträge. Das ist weit mehr als das Doppelte gegenüber dem Jahr 2014.

Verteilung Asylsuchender auf die Stadt- und Landkreise

Im Laufe des Jahres 2015 hat im Vergleich zu den Vorjahren auch eine Rekordzahl an Flüchtlingen die Erstaufnahme verlassen, um in Stadt- und Landkreisen unterzukommen. Insgesamt rund 83.000 Asylbewerber wurden 2015 in die Kreise verlegt, die meisten von ihnen allein im vierten Quartal (44.906).

Ministerin Öney: „Spätestens mit der Verteilung der Asylsuchenden in kleinere Gemeinschaftsunterkünfte und der Asylberechtigten in Kommunen wird die Integration zur zentralen Herausforderung. Deshalb setzen wir schon in der Erstaufnahme mit Aufklärung und Angeboten an, um die Integration in Bildung, Arbeitsmarkt und Gesellschaft zu fördern. Folglich ist die Integration der Flüchtlinge derzeit die zentrale Aufgabe einer nachhaltigen Integrationspolitik.“

Schaubilder zum Flüchtlingszugang 2015 (PDF)

Integrationsministerium: Flüchtlingspolitik - Zahlen und Daten

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