Jedes Jahr sterben tausende gefährdete Amphibien bei der Laichplatzwanderung auf der Straße. Ihre Fortpflanzung und damit ihr Überleben in Baden-Württemberg werden oft nur durch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer ermöglicht. Von den 19 in Baden-Württemberg vorkommenden Lurcharten ist fast die Hälfte stark gefährdet.
Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur (MVI) und der NABU haben deswegen ein Projekt gestartet, das der Wiedervernetzung von Lebensräumen der heimischen Lurcharten dient. „Die Verbesserung der ‚grünen Infrastruktur‘ dient der Erhaltung der Artenvielfalt und intakter Lebensräume und ist eine landespolitisch wichtige Aufgaben“, erklärt Gisela Splett, Staatssekretärin im MVI. „Mit diesem Projekt möchten wir den im Koalitionsvertrag vereinbarten Ausbau der ‚grünen Infrastruktur‘ voran bringen, denn der Schutz heimischer Amphibien ist ein gesetzlicher Auftrag.“
Die Verluste an Straßen zählen zu den größten Bedrohungen der heimischen Lurche. Bei der letzten landesweiten Erhebung vor 20 Jahren wurden rund 1.000 Konfliktstellen an Amphibienwanderstrecken bekannt. Eine Aktualisierung ist daher dringend geboten: „Wir begrüßen es sehr, dass sich das Verkehrsministerium auch für Frosch und Co einsetzt“, sagt Dr. Andre Baumann, Landeschef des NABU. Ziel des Projektes ist, Konfliktstellen der Amphibienwanderung zu identifizieren und für die gravierendsten dauerhafte Vorschläge für deren Entschärfung zu unterbreiten. So könnten an vielen Stellen Krötentunnel mit Leiteinrichtungen gebaut werden.
„Dieses Projekt ist keine Ad-hoc-Aktion, es bedarf der gründlichen Prüfung und wir werden nicht sofort alle Brennpunkte beheben können“, erklärt Andre Baumann. „Es geht nicht darum, mit Feuerwehrmaßnahmen einzugreifen, sondern Brandschutz zu betreiben!“ Dafür habe man am Ende des Projekts einen bestmöglichen Überblick über Konfliktstellen im Land. Das Amphibienprojekt ist eingebettet in die Erarbeitung einer landesweiten Konzeption zur Wiedervernetzung von Lebensräumen an Straßen, innerhalb derer das MVI die ersten Arbeitsschritte eingeleitet hat. Denn nicht nur Lurche sind vom Straßenverkehr bedroht, sondern auch die Lebensräume und Wanderwege größerer Säugetiere wie Luchs oder Wildkatze werden von Verkehrswegen zerschnitten.
Damit die Brennpunkte ermittelt werden können, setzt der NABU auf die Hilfe der Bevölkerung. Der Verband wird seine rund 250 Gruppen und alle Mitglieder aufrufen, Stellen zu melden, an denen viele Amphibien sterben. Parallel organisiert derzeit das MVI eine Abfrage der nachgeordneten Behörden. Mit der Auswertung der Daten und Zahlen haben NABU und MVI den Amphibienspezialisten Hubert Laufer vom Büro für Landschaftsökologie gewinnen können. Er ist ebenso Ansprechpartner für Interessierte, die sich an der Aktion beteiligen möchten und erreichbar unter Hubert.Laufer@NABU-BW.de.
Die Zerschneidung von Wanderstrecken und einhergehender Lebensraumverlust sind einer der Hauptgefährdungsursachen für heimische mobile Tierarten.
Die letzte landesweite Erhebung zu Konfliktpunkten zwischen dem Straßennetz und Amphibienwanderstellen fand 1994 statt, ergänzende Informationen sind in das Grundlagenwerk „Die Amphibien und Reptilien Baden-Württembergs“ (Mitautor Hubert Laufer) von 2007 eingeflossen.
Der NABU übernimmt speziell in Bezug auf die Amphibien die Aufgabe – ergänzend zur behördeninternen Abfrage des MVI – eine Excel-Tabelle an seine Mitglieder und Interessierten zu verschicken, in die beobachtete Konfliktstellen eingetragen werden können. Diese Tabelle kann bei Hubert Laufer angefordert werden. Auf der Grundlage der aktuellen Datenlage und der Verkehrszahlen an den Konfliktstellen erarbeitet der NABU gemeinsam mit dem Büro für Landschaftsökologie und dem MVI dann Vorschläge für Schutzmaßnahmen.
Zudem strebt das MVI die umfassende Wiedervernetzung von Lebensräumen für alle gefährdeten Tierarten an. Dazu wird eine eigenständige Abfrage durchgeführt und dann unter anderem der Generalwildwegeplan des Landes und der Fachplan „Landesweiter Biotopverbund Baden-Württemberg" ausgewertet. Herauskommen soll am Schluss eine Priorisierungsliste, die als Grundlage für den Bau zum Beispiel von Grünbrücken über Autobahnen dienen wird.
Quelle:
Ministerium für Verkehr und Infrastruktur / NABU