Kunst

Baden-Württemberg restituiert Kunstwerk aus Sammlung des Verlegers Rudolf Mosse

Karl Blechen, Blick auf das Kloster Sta. Scolastica bei Subiaco, 1832, Öl/Lw, 63,4 x 61,5 cm, © Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Franz von Lenbach, Porträt Rudolf Mosse, 1898, Öl auf Leinwand, 108 x 82 cm, © Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von George L. Mosse, Foto: Jens Ziehe

Das Land Baden-Württemberg hat kürzlich den Erben von Erna Felicia Lachmann-Mosse das Gemälde „Blick auf das Kloster Sta. Scolastica bei Subiaco” von Karl Blechen (1832, Öl/Leinwand, 63,4 x 51,5 cm) übergeben. Das Werk gehörte zur umfangreichen Kunstsammlung, die ihr Vater, der Berliner Verleger Rudolf Mosse (1843-1920), seit den 1880er Jahren aufgebaut hatte.

Kurz nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde es Erna Felicia und Hans Lachmann-Mosse im Rahmen einer Zwangsauktion widerrechtlich entzogen. Ohne Kenntnis dieser Vorprovenienz kaufte das Land Baden-Württemberg die Arbeit im Jahr 1969 in gutem Glauben bei der Galerie Neumeister für die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe an.

Das restituierte Kunstwerk, ein herausragendes Beispiel der deutschen Italienbegeisterung im 19. Jahrhundert, darf vorerst leihweise in der Sammlung der Kunsthalle bleiben. In der Hoffnung auf die Möglichkeit eines späteren Rückkaufs wird derzeit versucht, die entsprechenden Gelder über den Förderkreis der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe e.V. zusammenzubringen. Um auf diese besondere Situation öffentlich aufmerksam zu machen, wurde in der Kunsthalle unter dem Titel „Großzügige Leihgabe“ von März bis Juni 2015 eine Sonderpräsentation rund um das Werk und seine Geschichte sowie zur Ehrung Rudolf Mosses gezeigt. Kuratiert wurde die Ausstellung von der Provenienzforscherin des Hauses, Dr. Tessa Rosebrock, die auch die für die Rückgabe erforderlichen Recherchen zu dem Fall durchgeführt hat.

Jürgen Walter, Kunststaatssekretär in Baden-Württemberg: „Es ist uns wichtig, unsere Verantwortung gegenüber dem historischen Unrecht wahrzunehmen. Die intensive Förderung der Provenienzforschung in unserem Land hat sich als notwendig und richtig erwiesen“.

J. Eric Bartko, Leiter des Mosse Art Restitution Project: „Im Namen der Mosse Foundation und der Erben Rudolf Mosses danke ich dem Land Baden-Württemberg für seinen Willen zur Wiedergutmachung“.

Weitere Informationen

Rudolf Mosse (1843-1920) besaß eines der einflussreichsten Verlagshäuser des deutschen Kaiserreichs. Der liberal-konservative Geschäftsmann veröffentlichte neben über hundert Fachzeitschriften ab 1871 unter anderem auch das legendäre „Berliner Tageblatt“, das bis 1933 zur größten liberalen Tageszeitung Deutschlands avancierte und zu den meistgelesenen deutschen Blättern im Ausland zählte. Sein umfangreiches Privatvermögen setzte Mosse auch als Förderer, Stifter und Mäzen, etwa für Ferienkolonien, Arbeiterlandheime oder ein Erziehungsheim für Waisenkinder ein. Das Mosse-Palais am Leipziger Platz 15, der Wohnsitz der Familie, beherbergte die große Kunstsammlung, darunter Werke von Adolph Menzel und Max Liebermann. Die private Sammlung war zu zahlreichen Gelegenheiten öffentlich zugänglich.

Gegen Ende der Weimarer Republik verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage des Mosse-Verlags. Unter der Führung von Mosses Schwiegersohn Hans Lachmann Mosse stiegen die Schulden so stark, dass die Firma im September 1932 Konkurs anmelden musste. Ursachen waren die Weltwirtschaftskrise sowie die inhaltliche Ausrichtung des „Berliner Tageblatts“, das sich explizit gegen den antidemokratischen und antisemitischen Geist der deutschen Rechten wendete. Im „Völkischen Beobachter“ wurden die Mitglieder der Familie Mosse deshalb als „volksschädigende Pressejuden“ beschimpft. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten setzten Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Hans und seiner Frau Felicia ein. Ihre Privatwohnung wurde von SA-Horden überfallen, die sie unter Androhung von Gewalt dazu zwangen, ihr gesamtes Vermögen in eine Stiftung umzuwandeln. Diese sollte die Rudolf Mosse Handelsgesellschaft verwalten und die Forderungen der Gläubiger befriedigen. Tatsächlich muss der Vorgang als „Quasi-Arisierung“ verstanden werden, da Hans Lachmann-Mosse die Führung des Unternehmens am 15. April 1933 dem parteinahen Vorstand der Stiftung per Generalvollmacht übergab. Nach Unterzeichnung der Urkunde mussten die Eheleute Deutschland verlassen. Das Verlagshaus wurde gleichgeschaltet und zerschlagen; ihr weiterer Besitz wurde der Familie enteignet. Am 29. Mai 1934 wurde im Berliner Auktionshaus Rudolf Lepke die Kunstsammlung Mosse versteigert, ohne dass die Familie etwas vom Liquidationserlös erhielt.

Das Mosse Art Restitution Project wurde von Roger Strauch, einem der Präsidenten der Mosse Foundation, 2012 ins Leben gerufen. Es widmet sich der weltweiten Suche nach Kulturgut aus der Sammlung Rudolf Mosses, das dessen Erben von den Nationalsozialisten entzogen wurde. Das Projekt wird von J. Eric Bartko in enger Abstimmung mit Martin I. Zankel und John J. Bartko von der US-amerikanischen Kanzlei BartkoZankel koordiniert. In Deutschland wird es von Peter Raue, Jan Hegemann und Felix Stang (Anwaltssozietät Raue LLP) unterstützt. Das wesentliche Ziel der Mosse Foundation ist die Förderung der deutsch-amerikanischen und deutsch-jüdischen Beziehungen.

Anlage 1: Karl Blechen, Blick auf das Kloster Sta. Scolastica bei Subiaco, 1832,
Öl/Lw, 63,4 x 61,5 cm,© Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (JPG)

Anlage 2: Franz von Lenbach, Porträt Rudolf Mosse, 1898, Öl auf Leinwand,
108 x 82 cm,© Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von George L. Mosse, Foto: Jens Ziehe (TIF)

Quelle:

Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg / Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe / The Mosse Art Restitution Project / Raue LLP

Weitere Meldungen

Blick auf die Landesgartenschau Wangen mit einem bunten Blumenfeld im Vordergrund
  • Verkehr

Nachhaltige und innovative Mobilität auf der Landesgartenschau

Schloss Mannheim
  • Schlösser und Gärten

Neue digitale Angebote für Schlösser

Eröffnungsfeier Animated Week Stuttgart
  • Kunst und Kultur

Erste „Stuttgart Animated Week“ eröffnet

Schmeck den Süden
  • Ernährung

Hauk zeichnet Grandls Hofbräu Zelt aus

Deutscher Pavillon auf der Kunstbiennale Venedig 2024
  • Kunst und Kultur

Deutscher Pavillon auf der Biennale Venedig eröffnet

Symbolbild: Eine Studentin liegt bei schönem Wetter auf einer Wiese und liest ein Buch. (Bild: Mohssen Assanimoghaddam / dpa)
  • Kunst und Kultur

Verlagspreis Literatur für Edition CONVERSO

von links nach rechts: Staatssekretär Arne Braun; Johannes Graf-Hauber, Kaufmännischer Intendant des Badischen Staatstheaters Karlsruhe und Dr. Frank Mentrup, Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe und stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender des Badischen Staatstheaters Karlsruhe
  • Kultur

Neuer Kaufmännischer Inten­dant am Badischen Staatstheater

Eine Mitarbeiterin der Kunsthalle Mannheim steht im Atrium vor der digitalen Monitor-Wand „Collection Wall“ und betrachtet ein Kunstwerk. Auf dem Touchscreen können Besucher interaktiv einen Blick in die Sammlung und auch ins sonst verborgene Depot werfen (Bild: picture-alliance/Uwe Anspach/dpa).
  • Kunst und Kultur

Zwölf nichtstaatliche Museen gefördert

Ländlicher Raum
  • Ländlicher Raum

Abschluss von „CREATE FOR CULTURE“

Ein Steinmetz bearbeitet einen Schilfsandstein aus Baden-Württemberg bei der Sanierung eines historischen Gebäudes.
  • Denkmalförderung

Rund 5,1 Millionen Euro für 51 Kulturdenkmale

Besucher der Gamescom erleben mit VR-Brillen die virtuelle Realität.
  • Kreativwirtschaft

Land stockt Games-Förderung auf

Eine Besucherin der Ausstellung mit dem Titel: „Kunst & Textil“ sieht sich am 20. März 2014 in der Staatsgalerie in Stuttgart die Skulptur „Foud Farie“ aus dem Jahr 2011 von Yinka Shonibare an.
  • Kunst und Kultur

Acht Kunststipendien für die Cité internationale des arts

Portrait Lucas DeRungs
  • Kunst und Kultur

Jazz-Preis 2024 für Lukas DeRungs

Das beschauliche Dorf Hiltensweiler, ein Teilort von Tettnang, wird von der Abendsonne angestrahlt. Im Hintergrund sind der Bodensee und die Alpen zu sehen.
  • Ländlicher Raum

Studie zur Kultur- und Kreativwirtschaft

Stadtgarten in Gerabronn
  • Städtebau

Stadtmitte in Gerabronn erfolgreich erneuert

Menschliche Schatten bei einer Performance auf einer Bühne
  • Kunst und Kultur

Land fördert sechs Projekte an Privattheatern

Keltenmuseums in Hochdorf/Enz
  • Kultur

Keltenmuseum in Hochdorf/Enz wiedereröffnet

Hebel-Preisträger 2024: Pierre Kretz
  • Kunst und Kultur

Johann-Peter-Hebel-Preis für Pierre Kretz

Zisterzienserkloster Maulbronn
  • Welterbe

Land fördert Welterbestätten mit 1,4 Millionen Euro pro Jahr

Symbolbild: Eine Studentin liegt bei schönem Wetter auf einer Wiese und liest ein Buch. (Bild: Mohssen Assanimoghaddam / dpa)
  • Kulturerbe im Osten

Russlanddeutscher Kulturpreis 2024 ausgeschrieben

Das Kunstgebäude am Schloßplatz in Stuttgart (Quelle: dpa)
  • Kunst und Kultur

Wiedereröffnung des Kunstgebäudes Stuttgart

Wiedereröffnung des Hauses der Donauschwaben
  • Kulturerbe

Haus der Donauschwaben wiedereröffnet

Eine Besucherin der Ausstellung mit dem Titel: „Kunst & Textil“ sieht sich am 20. März 2014 in der Staatsgalerie in Stuttgart die Skulptur „Foud Farie“ aus dem Jahr 2011 von Yinka Shonibare an.
  • Kunst und Kultur

Land benennt Hans-Thoma-Preis um

  • Kunst und Kultur

Dialogprozess zur Popkultur geht in die dritte Runde

Kleinkunstpreis
  • Kunst und Kultur

Land schreibt Kleinkunstpreis 2024 aus