Die Vereinbarkeit mit Umwelt- und Klimaschutz, Stärkung der biologischen Vielfalt, Wunsch nach sauberem Wasser und Einhaltung von Tierwohlkriterien sind Anforderungen, die zunehmend in der breiten Gesellschaft an Bedeutung gewinnen und an die landwirtschaftliche Produktion gestellt werden. Gleichzeitig sind die landwirtschaftlichen Betriebe sowie der Lebensmittelhandel dem globalen Marktgeschehen unterworfen und von der globalen Marktpreisgestaltung abhängig. Im Koalitionsvertrag hat die Landesregierung deshalb einen Strategiedialog zur Zukunft der Landwirtschaft vereinbart.
Die Hauptziele sind hierbei neben einer angemessenen und fairen Bezahlung für landwirtschaftliche Erzeugnisse, die Stärkung der Biodiversität, die Erhöhung des Bio-Anteils, die Förderung regionaler Produkte sowie die Schärfung des Verbraucherbewusstseins. In den Prozess werden alle handelnden Akteure aus Erzeugung, Verarbeitung, Handel, Konsum, Naturschutz, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft mit einbezogen.
Baden-Württemberg setzt sich auf der Grundlage der Naturschutzstrategie weiterhin für die Erhaltung der Artenvielfalt ein. Diese umfasst rund 400 Maßnahmen in 35 Schwerpunktbereichen, die von Großschutzgebieten wie den beiden Biosphärengebieten Schwäbische Alb und Schwarzwald und dem Nationalpark Schwarzwald über Moor-Renaturierungen und extensivere Landbaumethoden bis hin zu einem landesweiten Biotopverbund reichen. Und schließlich bilden unsere fast 1.050 Naturschutzgebiete das Rückgrat bei der Erhaltung unserer Artenvielfalt. Wir werden unsere „Naturperlen“ weiter stärken, neue Gebiete ausweisen und bestehende ausweiten.
Das bundesweit einmalige Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt leistet hier einen wichtigen Beitrag. Für das Gemeinschaftsprojekt von Umwelt-, Landwirtschafts- und Verkehrsministerium standen von 2018 bis 2021 60 Millionen Euro zur Verfügung, um vielfältige Maßnahmen in den Bereichen des Naturschutzes, der Land- und Forstwirtschaft sowie im Bereich von Verkehrsflächen umzusetzen.
Auch nach 2021 führen wir das Sonderprogramm fort. Pro Jahr stehen den drei Ministerien hierfür zusammen rund 16,5 Millionen Euro zur Verfügung. Während erfolgreiche Maßnahmen weiterlaufen, nehmen wir auch neue, innovative Projekte auf. Zudem prüfen wir die Einrichtung von „Biodiversitätsmodelllandschaften“.
Zwischen 2018 und 2021 flossen zusätzliche zwölf Millionen Euro in begleitende Monitoringmaßnahmen. So startete mit dem Programm ein umfangreiches Bestandsmonitoring. Dieses ermittelt verlässliche Zahlen dazu, wie es beispielsweise um die heimische Insektenvielfalt bestellt ist und wie die Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Wirkung zu beurteilen sind. Wichtig ist uns dabei auch, die gesammelten Insektenproben langfristig zu sichern. So können wir fortlaufend Rückschlüsse auf die Vergangenheit ziehen undunsere Schutzmaßnahmen evaluieren, um notfalls gegensteuern zu können. Das Monitoring wird seit 2022 unabhängig vom Sonderprogramm weitergeführt.
Insbesondere im Bereich des landesweiten Biotopverbunds haben wir die Anstrengungen intensiviert. Dieser Biotopverbund vernetzt naturschutzwichtige Flächen im Land. Zur Förderung der Biodiversität bauen wir den bestehenden Biotopverbund weiter aus und sichern ihn planungsrechtlich. Der Biotopverbund kann auf der Grundlage des Fachplans Landesweiter Biotopverbund über vielfältige Maßnahmen des Naturschutzes sowie der land- und forstwirtschaftlichen Förderung umgesetzt werden.
Um die besonders schützenswerten Artenvorkommen der Moorlebensräume in Baden-Württemberg zu erhalten, verstärken wir die Wiedervernässung und Aufwertung von Mooren sowie die Anlage von Pufferzonen. Dies dient auch dem Klimaschutz durch Reduktion der CO2-Emissionen aus bewirtschafteten oder nicht ausreichend vernässten Mooren. Zur Erreichung dieses Ziels erarbeiten wir ergänzend eine Moornutzungskonzeption.
Eine besondere Bedeutung für den Naturschutz in Baden-Württemberg haben die Großschutzgebiete Nationalpark Schwarzwald sowie die Biosphärengebiete im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb.
Der Nationalpark Schwarzwald ging am 1. Januar 2014 an den Start und ist der erste Nationalpark im Land. Auf rund 10.000 Hektar kann sich nun eine einzigartige Naturlandschaft entwickeln. Die Natur wird wieder wilder. Damit tragen wir zum Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen bei und schaffen einen Schutzraum für seltene Pflanzen und Tiere. Der Nationalpark ist nicht nur eine Chance für den Naturschutz im Land, er stärkt auch Wirtschaft und Tourismus in der Region. Sein Motto „Natur Natur sein lassen“ hat sich seit seiner Gründung gut entwickelt und ist mit seinem neuen Nationalparkzentrum und einem umfangreichen Jahresprogramm bei Gästen sehr beliebt.
Denn Wildnis und ungestörte Naturdynamik faszinieren viele Menschen. Um der natürlichen Entwicklung weiter Raum zu geben, setzt sich das Land dafür ein, den Nationalpark Schwarzwald auf Basis fachlicher Kriterien in einem transparenten Beteiligungsprozess weiterzuentwickeln.
Einzigartige Kulturlandschaften
Zum Erhalt der einzigartigen Kulturlandschaften in Baden-Württemberg ist eine naturverträgliche Nutzung durch den Menschen unverzichtbar. Die beiden Biosphärengebiete Schwäbische Alb und Schwarzwald sind von der UNESCO als Modellregionen für nachhaltige Entwicklung anerkannt. Hier wird nah an der Praxis erprobt, wie sich der Schutz der Natur und die menschliche Nutzung vereinbaren lassen.
Als nachhaltige touristische Destinationen bilden beide einen Schwerpunkt für Baden-Württemberg. In den beiden Biosphärengebieten konnten inzwischen viele innovative und nachhaltige Projekte auf den Weg gebracht werden. Die erfolgreiche Arbeit führt dazu, dass das Interesse an einer Erweiterung des Biosphärengebiets Schwäbische Alb groß ist. Zusammen mit der Region arbeiten wir derzeit an dessen Weiterentwicklung.
Mit dem Ziel, auf großer Fläche eine weitere großräumige Kulturlandschaft zu bewahren und als nachhaltige und innovative Modellregion auszubauen, strebt das Land die Initiierung eines dritten Biosphärengebiets an. In Oberschwaben unterstützen wir daher aufgrund der herausragenden naturräumlichen Ausstattung mit zahlreichen Mooren gemeinsam den Prozess der Region zur möglichen Ausweisung eines weiteren Biosphärengebietes. Ziel ist es, das Klima und die biologische Vielfalt zu schützen und nachhaltige, regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken.
Auch die landesweit sieben Naturparks tragen in diesem Sinne zum Erhalt der vielfältigen Kulturlandschaften in Baden-Württemberg bei. Deren naturschutzfachliche Arbeit soll zusammen mit dem Nationalpark und den Biosphärengebieten weiterentwickelt und gestärkt werden.