Verkehr

Verkehrssicherheit muss Vorrang haben

Berechne Lesezeit
  • Teilen
Autos fahren über eine Kreuzung in Reutlingen. (Bild: picture alliance/Sebastian Gollnow/dpa)

Aus Sicht von Verkehrsminister Winfried Hermann muss die Verkehrssicherheit bei der Debatte über die Novelle der Straßenverkehrsordnung Vorrang haben. Die vom Bund vorgeschlagenen Lockerungen für Raser seien der falsche Weg.

In der Debatte über die Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) muss nach den Worten von Verkehrsminister Winfried Hermann die Verkehrssicherheit Vorrang haben. „Die vom Bundesverkehrsministerium vorgeschlagenen Lockerungen für Raser sind der falsche Weg. Vielmehr sollten rasch die vom Bundesministerium verursachten rechtlichen Mängel in der Novelle behoben werden und die vom Bundesrat im April mit großer Mehrheit verabschiedete Novelle in Kraft gesetzt werden“, sagte Verkehrsminister Hermann nach einer Bund-Länder-Telefonkonferenz der Verkehrs- und Innenministerien.

Noch keine Einigung nach juristischem Formfehler

Ein juristischer Formfehler des Bundesverkehrsministeriums bei der jüngsten Novelle der Straßenverkehrsordnung und des Bußgeldkatalogs hatte dazu geführt, dass die vom Bundesverkehrsministerium mit Zustimmung des Bundesrats im Frühjahr erlassenen verschärften Regelungen für Fahrverbote bei Verstößen im Straßenverkehr nichtig und somit unwirksam sind. Dieser Fehler führt zu erheblichen Rechtsunsicherheiten für Autofahrerinnen und Autofahrer sowie zu erheblichen Belastungen der Behörden und Gerichte. „Diese Unsicherheiten müssen jetzt zügig beseitigt werden“, forderte Minister Hermann.

In der Telefonkonferenz haben sich die Ressorts ein weiteres Mal über die Frage ausgetauscht, wie der Formfehler behoben werden soll. Hierfür muss das Bundesverkehrsministerium den Bußgeldkatalog erneut erlassen, eine erneute Zustimmung des Bundesrats ist erforderlich. Eine Einigung konnte jedoch nicht erzielt werden. Das Bundesministerium und die unionsgeführten Länder beharren auf ihrer Position. Sie wollen den Formfehler nur korrigieren, wenn zeitgleich auch die Sanktionen für Raser abgemildert werden. Die grüngeführten Verkehrsressorts sprachen sich gegen eine solche Abmilderung aus. Nach einer schnellen Korrektur des Fehlers müsse über weitere inhaltliche Änderungen im Straßenverkehrsrecht diskutieren werden, um die Sicherheit im Straßenverkehr weiter zu erhöhen. So sei insbesondere die Bußgeldkatalog-Verordnung zu überarbeiten, hier solle man sich beim Sanktionsniveau an den Nachbarländern Österreich, Niederlande und der Schweiz orientieren.

Hermann kritisiert Bundesverkehrsministerium

Die Verkehrsressorts der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg und Hessen haben für die kommende Sitzung des Bundesrats-Verkehrsausschuss einen Antrag erarbeitet, mit dem der Bundesrat seine erforderliche Zustimmung für die Korrektur bereits in seiner nächsten Sitzung am 18. September 2020 erteilen könnte. Es läge dann am Bundesverkehrsministerium, die Verordnung erneut zu erlassen.

Verkehrsminister Hermann betonte: „Die grünen Verkehrsressorts haben einen konstruktiven Vorschlag gemacht, wie der Formfehler schnellstmöglich beseitigt und Rechtssicherheit hergestellt werden kann, ohne die vom Bundesverkehrsministerium und vom Bundesrat beschlossenen Sanktionen für Raser zurückzunehmen. Nicht wir blockieren eine schnelle Lösung, sondern das Bundesverkehrsministerium und die unionsgeführten Verkehrsressorts der Länder.“

Fahrverbote bei erstmaligen groben Verstößen

Das Bundesverkehrsministerium ist inzwischen der Ansicht, dass die im Frühjahr noch von ihm selbst erlassenen und vom Bundesrat mit großer Mehrheit beschlossenen Regelungen insbesondere bei erstmaligen Verstößen unverhältnismäßig seien. Minister Hermann teilt diese Einschätzung nicht: „Das Straßenverkehrsrecht erlaubt Fahrverbote auch bei erstmaligen Verstößen, wenn es sich um grobe Verstöße handelt. Wer in einer Wohnstraße innerhalb einer Tempo-30-Zone mit 21 Kilometer pro Stunde (km/h) zu viel geblitzt wird, war aufgrund der Toleranzen bei der Messung mit mindestens 54 km/h und damit viel zu schnell unterwegs. Das ist ein grober Verstoß, der auch bei erstmaliger Begehung mit einem Fahrverbot angemessen sanktioniert ist. Werden Fußgängerinnen und Fußgänger mit Tempo 50 angefahren, endet das in sieben von zehn Fällen tödlich, während bei Tempo 30 neun von zehn betroffenen Fußgängern überleben.“

Das Bundesverkehrsministerium argumentiert mit Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts von 1969 und 1996. Seit dieser Zeit hat sich die Welt aber weiterentwickelt. Wurden Tote und Schwerverletzte im Verkehr damals als ‚Preis des Fortschritts‘ in Kauf genommen, ist man heute über das Ziel einig, dass möglichst gar keine Menschen im Straßenverkehr sterben.“

Schutz der Radfahrer im Mittelpunkt

Mit der fehlerhaften Novelle der Straßenverkehrsordnung sollten insbesondere Radfahrerinnen und Radfahrer besser geschützt werden. Durch den Formfehler des Bundesverkehrsministeriums sind auch die erhöhten Sanktionen für Verstöße gegen diese Schutzvorschriften unwirksam.

Auf die Kritik von Bundesverkehrsminister Scheuer, die grünen Verkehrsressorts würden den Schutz von Radfahrenden blockieren, erwiderte Herr Minister Hermann: „Ich freue mich, dass auch das CSU-geführte Bundesverkehrsministerium sein Herz für Radfahrerinnen und Radfahrer entdeckt hat. In früheren Jahren konzentrierte sich Radverkehrspolitik des Bundesverkehrsministeriums noch auf ein Vorgehen gegen sogenannte „Kampfradler.“ Nun wirft Bundesverkehrsminister Scheuer ausgerechnet den grüngeführten Verkehrsministerien vor, Regelungen zum Schutz von Radfahrenden zu blockieren. Dabei haben sich gerade die Grünen seit langer Zeit für mehr Schutz im Rad- und Fußverkehr eingesetzt. Die Vorwürfe von Bundesverkehrsminister Scheuer sind nicht glaubhaft.“

Minister Hermann weiter: „Es ist zynisch, wenn der Bundesverkehrsminister die schwächsten Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer als Faustpfand nimmt, um Erleichterungen für Raser durchzusetzen. Gerade Unfälle mit zu schnell fahrenden Autos führen für Radler und Fußgänger häufig zu schwersten bis hin zu tödlichen Verletzungen, wir brauchen dort wirksame Sanktionen.“

Bundesverkehrsministerium: Fragen und Antworten zur Novelle der Straßenverkehrsordnung

Weitere Meldungen

Die „Ulmer Madonna“ in der Pfarrkirche St. Peter und Paul in Laiz
Weihnachten

Weihnachtsgrüße des Ministerpräsidenten

Polizistin bei einem Auslandseinsatz
Polizei

Weihnachtsgrüße an Einsatzkräfte der Polizei in Auslandsmissionen

Rauch steigt aus einem Schornstein in einen wolkenlosen sonnigen Himmel auf. (Foto: © dpa)
Klimaschutz

Engmaschig überwachter Testbetrieb mit Solvay vereinbart

Hinter einem Hinweisschild „Kernkraftwerk“ erheben sich die Kühltürme des Kernkraftwerks Philippsburg. (Foto: © dpa)
Meldepflichtiges Ereignis

Meldepflichtiges Ereignis im Kernkraftwerk Philippsburg, Block 2

Abgelehnte Asylbewerber steigen in ein Flugzeug. (Foto: © dpa)
Bundesrat

Weitere Schritte zur „Migrationswende“

Baden-Württemberg, Seebach: Fichten und eine Buche stehen im Nationalpark Schwarzwald im Nebel.
Bundesrat

Hauk fordert Entlastung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe

Zahlreiche im Stau stehende Fahrzeuge sind durch den Außenspiegel eines Autos auf der A81 bei Sindelfingen zu sehen.
Bundesrat

Geplante Sanktionierung des Punktehandels im Straßenverkehr

Eine Drohne fliegt bei Sonnenuntergang über eine Wiese. (Bild: picture alliance/Felix Kästle/dpa)
Bundesrat

Land unterstützt Änderung des Luftsicherheitsgesetzes

Fischer fischen im Bodensee (Foto: dpa)
Artenschutz

Projekt zum Fischartenschutz und Kormoranmanagement startet

Ein Kinderarzt untersucht einen Jungen mit einem Stethoskop.
Gesundheit

Land stärkt kinder- und jugendärztliche Versorgung

Touristen sitzen im Aussenbereich von Restaurants.
Bundesrat

Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie im Bundesrat

Ministerin Thekla Walker (vierte von rechts, vordere Reihe) mit Vertreterinnen und Vertretern der Zuwendungsempfänger bei der Übergabe der Verträge für das Landesförderprogramm für Elektrolyseure (ELY)
Erneuerbare Energien

Land baut Produktion von grünem Wasserstoff aus

Eine Sozialarbeiterin misst die Blutdruckwerte eines Probanden und übermittelt diese drahtlos per Smartphone an einen Arzt.
Medizinwirtschaft

Meilenstein zur Verbesserung der Patientenversorgung

Ein frischer Radweg mit Bausstellenfahrzeugen, inmitten von landwirtschaftlicher Fläche.
Radverkehr

Neuer Rad- und Gehweg zwischen Tettnang-Büchel und Schwanden

Ein Mitarbeiter der Porsche AG montiert im Porsche-Stammwerk in Stuttgart-Zuffenhausen einen Porsche 718 Cayman. (Foto: dpa)
Automobilwirtschaft

Hoffmeister-Kraut kritisiert Automobilpaket der EU-Kommission