Die ersten Ergebnisse der zweiten Runde von PFC-Blutkontrolluntersuchungen von Einwohnern im Landkreis Rastatt liegen vor. Das Sozialministerium hatte die Untersuchungen angeordnet, nachdem vor Jahren erhöhte Werte an poly- und perfluorierten Chemikalien in Boden und Grundwasser festgestellt worden waren.
Im Landkreis Rastatt und dem Stadtkreis Baden-Baden wurden bis 2008 mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) verunreinigte Komposte auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht. Dies führte zu einer Verunreinigung der Böden, des Grund- und damit auch des Trinkwassers. Mit weitreichenden Maßnahmen, wie unter anderem der Außerbetriebnahme einzelner Brunnen, der Aufbereitung des Trinkwassers sowie der Erschließung neuer Brunnen, konnten die betroffenen Wasserversorgungsunternehmen die Verunreinigung des Trinkwassers deutlich senken. Die neuerlichen PFC-Blutkontrolluntersuchungen bei Einwohnern im Landkreis Rastatt, deren erste Ergebnisse nun vorliegen, bestätigen die positiven Auswirkungen der Maßnahmen. Die erste Untersuchungsrunde im Jahr 2018 hatte aufgezeigt, dass in Hinblick auf die PFC-Exposition der Bevölkerung das Trinkwasser besonders wichtig ist.
„Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass die Einwohnerinnen und Einwohner im Landkreis Rastatt nicht länger der PFC-Belastung ausgesetzt sind. Die Ergebnisse der Blutkontrollen bestätigen, dass die durchgeführten Maßnahmen der Wasserversorger Wirkung zeigen“, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha.
Blutkontrolluntersuchungen im Landkreis Rastatt
Im Auftrag des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg hatte das Landesgesundheitsamt gemeinsam mit dem Gesundheitsamt Rastatt nach einer ersten Untersuchungsrunde im Jahr 2018 nun zum zweiten Mal Blutkontrolluntersuchungen im Landkreis Rastatt durchgeführt. Untersucht wurden zufällig ausgewählte Personen aus drei Gebieten im Landkreis Rastatt auf PFC-Werte im Blut. Ziel der Untersuchung ist es, genauere Informationen über die Entwicklung von PFC-Blutkonzentrationen bei Einwohnerinnen und Einwohnern zu gewinnen und insbesondere die Konzentrationen von Perfluoroctansäure (PFOA) im Blutplasma zu bestimmen und auszuwerten.
Die zweite Runde der Blutkontrolluntersuchungen im Landkreis Rastatt wurde im Zeitraum von September bis November 2020 an 249 Personen durchgeführt. Zufällig ausgewählte Personen aus drei Gruppen wurden dazu eingeladen.
- Gruppe A: exponierte Personen aus Orten, die vor 2014 einer Exposition über Trinkwasser ausgesetzt waren.
- Gruppe B: exponierte Personen aus Orten mit Exposition über Verunreinigungen im Boden und Grundwasser, aber ohne Exposition über Trinkwasser aus der öffentlichen Wasserversorgung.
- Gruppe C: nichtexponierte Personen aus Orten ohne zusätzliche PFC-Verunreinigung im Landkreis Rastatt.
Vorläufige Ergebnisse der Datenauswertung zeigen, dass in der Gruppe A die PFOA-Konzentrationen im Blutplasma seit der ersten Untersuchungsreihe im Mittel um 2,8 Mikrogramm/Liter Blutplasma zurückgegangen sind. Das entspricht etwa 18 Prozent der medianen PFOA-Konzentration von 2018. In den beiden anderen Gruppen B und C lagen die PFOA-Werte im Blutplasma 2018 insgesamt niedriger und der mittlere Rückgang der PFOA-Werte seit 2018 betrug in beiden Gruppen 0,3 Mikrogramm/Liter. Das entspricht im Mittel einem Rückgang von zwölf Prozent der medianen PFOA-Konzentration von 2018 in der Gruppe B und 18 Prozent in der Gruppe C.
Wie hoch war 2020 die interne PFOA-Verunreinigung in den drei Gruppen?
Bei den im Jahr 2020 untersuchten Personen aus Orten mit einer früheren PFC-Verunreinigung im Trinkwasser (Gruppe A) lag die mediane Konzentration von PFOA im Blutplasma 2020 bei 12,7 Mikrogramm pro Liter. In der Gruppe B lag der Median 2020 bei 2,4 Mikrogramm pro Liter, in der Gruppe C bei 1,4 Mikrogramm pro Liter Blutplasma. Damit lagen die PFOA-Konzentrationen in der Gruppe A im Mittel etwa elf Mikrogramm pro Liter Blutplasma höher als bei Personen aus den Gruppen B und C. Personen aus Orten mit einer möglichen Exposition über Verunreinigungen im Boden und Grundwasser, aber ohne Exposition über Trinkwasser aus der öffentlichen Wasserversorgung (Gruppe B), hatten PFOA-Konzentrationen im Blut, die im Mittel um etwa ein Mikrogramm pro Liter höher lagen als in der (nicht exponierten) Gruppe C.
Die im Rahmen der PFC-Blutkontrolluntersuchung im Landkreis Rastatt gemessenen PFOA-Konzentrationen lagen insgesamt in einem Bereich, der vergleichbar mit Untersuchungsergebnissen bei anderen PFC-Schadensfällen ist. PFOA wird nur sehr langsam vom Körper ausgeschieden. Gemäß einer aktuellen Veröffentlichung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ist von einer Halbwertszeit, also der Zeit bis die Hälfte des PFOA im Blutserum ausgeschieden ist, von 2,7 bis 8,5 Jahren auszugehen. Der Konzentrationsrückgang von 2018 bis 2020 um 18 Prozent liegt somit in dem zu erwartenden Bereich und deutet darauf hin, dass keine weitere Anreicherung erfolgt.
Im Februar 2020 wurden HBM-II-Werte* (Human-Biomonitoring-II-Werte) für PFOA und PFOS (Perfluoroctansulfonsäure) veröffentlicht, deren Festlegung sich hauptsächlich auf Ergebnisse von Tierversuchen und epidemiologischen Beobachtungsstudien stützt. Überschreitungen des HBM-II-Wertes von zehn Mikrogramm PFOA pro Liter Blutplasma gab es bei den Untersuchungen im Jahr 2020 bei 66 Prozent der Blutproben in der Gruppe A. In den beiden anderen Gruppen lagen alle beobachteten PFOA-Werte unterhalb des HBM-II-Wertes.
Nächste Untersuchungen im Jahr 2023 vorgesehen
Die nächsten PFC-Blutkontrolluntersuchungen im Landkreis Rastatt sind für das Jahr 2023 vorgesehen.
Mit Abschluss der laufenden Auswertungen werden die Ergebnisse der Untersuchungen 2020 in einem zusammenfassenden Bericht des Landesgesundheitsamts veröffentlicht werden.
Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration: FAQ-Papier zum Thema PFC (PDF)
* HBM-II-Wert: Der HBM-II-Wert entspricht der Konzentration eines Stoffes in einem Körpermedium, bei deren Überschreitung eine für die Betroffenen als relevant anzusehende gesundheitliche Beeinträchtigung möglich ist.
„Die HBM-Kommission sieht derzeit keinen Anlass, bei Überschreitungen des HBM-II-Wertes ohne Vorliegen weiterer Risikofaktoren oder Vorerkrankungen die Bestimmung klinisch-chemischer Messgrößen zu empfehlen. Versuche, die Ausscheidung der Verbindungen PFOA oder PFOS zu beschleunigen, sollten aufgrund fehlender geeigneter Methoden und mangels medizinischer Begründung unterbleiben.“ (Quelle: HBM-Kommission, 2020).