Der Ministerrat hat in seiner letzten Sitzung die neuen Richtlinien des Umweltministeriums über die Förderung von Maßnahmen zur Behandlung altlastverdächtiger Flächen und Altlasten gebilligt. Die bisherigen Förderrichtlinien aus dem Jahr 2004 waren zum 1. Januar 2014 außer Kraft getreten.
Umweltminister Franz Untersteller: "Ohne die finanzielle Unterstützung des Landes könnten die Städte und Gemeinden viele Industrie- und Gewerbebrachen in attraktiver Innenstadtlage nicht neu nutzen. Mit den überarbeiteten Leitlinien fördern wir daher verstärkt gerade solche Maßnahmen, die der Innenentwicklung dienen. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Begrenzung des Flächenverbrauchs im Land." So sollen künftig auch sogenannte orientierende Untersuchungen auf privaten Flächen, die im Zusammenhang mit der Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans sowie Gebieten des unbeplanten Innenbereichs stehen, zu 100 Prozent gefördert werden. Bisher wurden solche privaten Flächen nur zu 50 Prozent bezuschusst.
Mit einem einheitlichen Fördersatz von 60 Prozent für alle Sanierungsmaßnahmen sollen die Förderverfahren zudem vereinfacht und beschleunigt werden. "In Abhängigkeit ihrer Leistungsfähigkeit könnten jedoch auch finanzschwächere Kommunen in drei vereinfachten Förderstufen 70, 80 oder 90 Prozent ihrer Kosten erstattet bekommen", betonte Minister Untersteller.
Altlastenbearbeitung in Baden-Württemberg
Basis der Altlastenbearbeitung in Baden-Württemberg ist die 1988 vom Land beschlossene "Konzeption zur Behandlung altlastverdächtiger Flächen und Altlasten in Baden-Württemberg". Der damals gegründete Altlastenfonds unterstützt die Kommunen bei Maßnahmen zur Erkundung, Sanierung und Überwachung von kommunalen altlastverdächtigen Flächen und Altlasten.
Seit 1988 hat das Land den Kommunen insgesamt rund 730 Millionen Euro an Fördermitteln für ihre Altlastenbearbeitung zur Verfügung gestellt. Damit konnten direkte Investitionen von circa 1 Milliarde Euro angestoßen werden.
Aufgrund der Vielzahl an Verdachtsflächen und der hohen Kosten von Sanierungen ist bei der Altlastenbearbeitung ein schrittweises Vorgehen erforderlich. Über ein standardisiertes Bewertungssystem werden altlastverdächtige Flächen eingestuft. Die Priorisierung dient sowohl als Maß für die Dringlichkeit der Bearbeitung als auch für die finanzielle Förderung der Altlastenfälle.
Die Bearbeitung ist in drei Stufen unterteilt: Beginnend mit der Erfassung von Verdachtsflächen schließen sich im Rahmen der Gefährdungsabschätzung technische Untersuchungsschritte und bei Vorliegen einer Altlast die Durchführung von Sanierungs- oder Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen an. Erst wenn Untersuchungen den Verdacht einer Umweltschädigung bestätigt haben, werden altlastverdächtige Flächen zu "Altlasten".
Bis Ende 2013 haben die unteren Bodenschutz- und Altlastenbehörden in Baden-Württemberg insgesamt rund 99.200 Flächen im Bodenschutz- und Altlastenkataster erfasst. Davon konnten bisher 41.400 Fälle ohne Altlastverdacht aus der Bearbeitung ausgeschieden werden. Solche Flächen können ohne größere Bedenken weiter genutzt oder einer zügigen Neubebauung zugeführt werden. 14.100 Flächen sind als altlastverdächtig eingestuft. Diese Flächen müssen weiter untersucht werden. 2.400 Flächen stehen als Altlasten fest. Hier gilt es, die Gefahrenlage genau zu beurteilen und den weiteren Handlungsbedarf wie zum Beispiel eine Sanierung zu ermitteln. 40.700 Flächen sind dokumentiert, um insbesondere bei einer Neubebauung der Fläche Informationen über geringe, aber nicht vernachlässigbare oder entsorgungsrelevante Bodenbelastungen abrufen zu können. Seit Beginn der systematischen Altlastenbearbeitung 1988 sind 17.500 Standorte abschließend auf ihr Gefährdungspotential untersucht und 3.000 davon unter teilweise hohem Kostenaufwand saniert worden.
Die bisher am häufigsten erfassten Schadstoffe sind Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) und aromatische Kohlenwasserstoffe (BTXE). Es folgen die Schwermetalle, leichtflüchtige Chlorkohlenwasserstoffe (LCKW) und polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK).
Zu Beginn der systematischen Altlastenbearbeitung standen vor allem die ehemaligen Müllkippen im Vordergrund, doch viel häufiger sind es stillgelegte Industrie- und Gewerbeanlagen, von denen vergleichsweise größere Schäden verursacht wurden. Betrachtet man die ehemalige Nutzung dieser Flächen, zeigt sich, dass folgende Branchen dominieren: metallverarbeitende Betriebe, Tankstellen, Kfz-Werkstätten, Betriebshöfe und chemische Reinigungen. Mehr als 50 Prozent der altlastverdächtigen Altstandorte können diesen Betriebszweigen zugeordnet werden.
Zuständigkeiten in der Altlastenbearbeitung in Baden-Württemberg
Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft ist die oberste Bodenschutz- und Altlastenbehörde (unter anderem zuständig für rechtliche Konzeptionen, Förderprogramme und den "Verteilungsausschuss Altlasten"). Die höhere Bodenschutzbehörde ist bei den vier Regierungspräsidien angesiedelt (dort erfolgt insbesondere die Bewilligung von Fördermitteln und die fachliche Koordination). Die unteren Bodenschutz- und Altlastenbehörden bei den Stadt- und Landkreisen führen das Bodenschutz- und Altlastenkataster und sind für Überwachung und Vollzug zuständig. Die fachlichen Grundlagen der Altlastenbearbeitung, die Information und Beratung der zuständigen Behörden obliegt der LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg, (unter anderem Erstellung von Arbeitshilfen und Leitfäden für Verwaltung und Öffentlichkeit, Anerkennung von Sachverständigen und Untersuchungsstellen nach § 18 BBodSchG). Eine wichtige Aufgabe nimmt die LUBW landesweit in den Altlastenbewertungskommissionen bei den Stadt- und Landkreisen wahr. Diese Gremien bewerten die Ergebnisse der Untersuchungen, erteilen Empfehlungen für die Sanierung und beraten die untere Bodenschutz- und Altlastenbehörde bei Sanierungsentscheidungen.