Justizminister Rainer Stickelberger hat bei der Jahresversammlung des Landesverbands Baden-Württemberg des Deutschen Gerichtsvollzieher Bundes den über 500 Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern im Land für ihre Arbeit gedankt. „Sie erfüllen tagtäglich hochverantwortungsvolle Aufgaben und leisten Ihre ungemein wichtige Arbeit mit großer Sachkunde, enormem Einsatz und – wie ich immer wieder aus Gesprächen höre – auch mit einer echten Begeisterung für Ihren spannenden Beruf. Dafür möchte ich mich herzlich bei Ihnen bedanken“, sagte der Minister.
Stickelberger nutzte die Gelegenheit, um die Pläne zur Umstellung der Gerichtsvollzieherausbildung auf ein Fachhochschulstudium vorzustellen. Bundesweit bislang einzigartig werden die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher in Baden-Württemberg ab September 2016 in einem Bachelorstudium ausgebildet. „Wir bekennen uns damit zu der hoheitlich organisierten Zwangsvollstreckung und reagieren zugleich mit einer echten Qualitätsoffensive auf die Herausforderungen immer komplexerer Vollstreckungsbedingungen“, sagte der Minister und dankte dem Landesverband mit seinem Vorsitzenden Rüdiger Majewski für die große Unterstützung bei der Entwicklung des neuen Studiengangs. „Wir haben immer an einem Strang gezogen und damit die Umsetzung der Umstellung erst möglich gemacht“, so Stickelberger.
In dem dreijährigen Studium an der staatlichen Hochschule in Schwetzingen sollen nicht nur die elementaren rechtlichen Grundlagen etwa aus dem Zwangsvollstreckungsrecht, Zivil- und Wirtschaftsrecht sowie Kostenrecht vermittelt werden. „Unsere Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher werden hier auch das notwendige betriebswirtschaftliche Know-How erlernen, um ihr eigenes Büro mit qualifiziertem Personal und entsprechender Betriebsausstattung erfolgreich managen zu können“, erläuterte der Minister. Den Studierenden sollen zudem Grundzüge psychologischer Schlüsselkompetenzen im Bereich Kommunikation, Rhetorik und Gesprächsführung vermittelt werden. Ferner werden sie für den adäquaten Umgang mit Konflikten und Extremsituationen grundlegende Kenntnisse der Eigensicherung (z. B. in einem Selbstverteidigungskurs) erwerben. Um eine enge Verzahnung zwischen Theorie und Praxis zu sichern und die Studierenden optimal auf ihre berufliche Tätigkeit vorzubereiten, ist außerdem eine einjährige, auf die theoretischen Inhalte präzise abgestimmte Praxisphase vorgesehen. Dort haben die angehenden Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher die Gelegenheit, aus erster Hand den praktischen Arbeitsalltag in einem Gerichtsvollzieherbüro und in einem Gericht kennenzulernen.
Minister Stickelberger hob außerdem das baden-württembergische Vergütungsmodell im Gerichtsvollzieherwesen hervor, das er als „Erfolgskonzept“ bezeichnete. Gerichtsvollzieher erhalten neben der Beamtenbesoldung eine zusätzliche Vergütung zur Abgeltung der Sach- und Personalaufwendungen, deren Höhe sich an den erwirtschafteten Gebühren orientiert. „Unsere Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher sind am wirtschaftlichen Erfolg ihrer Büros beteiligt, durch überobligatorischen Einsatz können sie ihre Einkünfte steigern. Das ist gerechter Lohn für gute Arbeit“, sagte der Minister und wies darauf hin, dass mit dem Saarland, Hessen, Nordrhein-Westfalen und künftig Rheinland-Pfalz bundesweit bereits vier andere Länder dem baden-württembergischen Modell gefolgt seien. Ein etwaiger Anpassungsbedarf infolge der im Jahr 2013 bundesgesetzlich erfolgten Erhöhung der Vollstreckungsgebühren durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz werde aktuell durch eine Evaluation geprüft, die bis Mitte 2016 abgeschlossen sein soll.