Stuttgart/Heilbronn - Fußballfrust statt Fußballlust: Zigtausende Fans haben am Donnerstagabend vor unzähligen Großbildleinwänden im Südwesten beim EM-Halbfinale gegen Italien mit der deutschen Elf gezittert - und verloren. Nach dem Aus war vielerorts Wundenlecken angesagt, schwarz-rot-goldene Autokorsos blieben aus. Die Hupkonzerte und Freudengesänge kamen diesmal von den Italienern, die am Sonntag im Finale gegen Spanien spielen dürfen. Ärger gab es dennoch nicht: In Stuttgart, Karlsruhe und Heilbronn etwa blieben laut Polizei Verlierer wie Sieger friedlich.
Das große Fandorf in Heilbronn, in dem laut Veranstalter 11.500 Fans mitfieberten, war keine fünf Minuten nach Spielschluss quasi leergefegt. Rundherum um die niedergeschlagenen Deutschen jubelten die Italiener. Reibereien habe es nicht gegeben, sagte Veranstalter Stefan Hamann. Schockstarre in Ulm: Vor dem Münster ließen laut Veranstalter rund 8.000 Fans die Köpfe hängen. Während die Deutschen ihre Fahnen einrollten, waren Grün, Weiß und Rot die bestimmenden Farben auf den Straßen, bei zahlreichen Autokorsos der Italiener. Die Squadra Azzurra hat in Baden-Württemberg auf eine große potenzielle Unterstützergruppe: 160.000 Italiener leben im Südwesten.
Auch vor der Großbildleinwand der italienischen Eisdiele Soravia in Reutlingen war es ein harter Fußball-Abend für die deutschen Fans. Beim Schlusspfiff schwenkten nur die Italiener ihre Fahnen und feierten den Finaleinzug. «Das ist das Größte! Ich liebe alle Deutschen, aber heute mussten wir Euch einfach schlagen», jubelte einer. Nach ein paar Minuten fuhr der erste Autokorso hupend durch die Stadt. Am Ende konnten einige Deutsche sogar schon wieder mit den Italienern feiern.
Frustradeln in Tübingen: Im Biergarten des Gasthauses Neckarmüller sorgten insgesamt rund 60 Freiwillige strampelnd auf acht Fahrrädern dafür, den Strom für einen großen Bildschirm zu erzeugen. Am Ende seien die auf den Fahrrädern deutlich glücklicher gewesen, als die 500 Fans vor dem Bildschirm, sagte Veranstalter Holger Schäfer. Schließlich hätten sie wenigstens was für sich getan.
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dpa/lsw