Justizminister Rainer Stickelberger äußerte sich zur Mitteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe über den Abschluss der Ermittlungen im Fall des im August des vergangenen Jahres in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal verstorbenen Gefangenen.
„Die Staatsanwaltschaft hat hervorgehoben, dass sich der Anstaltsleiter auf die medizinische Einschätzung der Anstaltsärztin zum Gesundheitszustand des Gefangenen verlassen konnte, dessen Tod daher für ihn nicht vorhersehbar war. Aus diesem Grund hat sie bei ihm keine strafrechtlich relevanten Versäumnisse festgestellt und das Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt. Ich habe stets davor gewarnt, mit Vorverurteilungen und vorschnellen Schuldzuweisungen den unabhängigen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen vorzugreifen. Die nun getroffene Entscheidung der Staatsanwaltschaft bestätigt diese Einschätzung. Auch soweit die Staatsanwaltschaft gegen die Anstaltsärztin Anklage erhoben hat, rate ich mit Blick auf die Unschuldsvermutung dringend dazu, zunächst die Ergebnisse des weiteren gerichtlichen Verfahrens abzuwarten.
Mir ist wichtig zu betonen, dass auch das Justizministerium auf die korrekte Einschätzung der Lage vor Ort und die schnelle und zuverlässige Weiterleitung wichtiger Informationen angewiesen ist. Bei rund 17.000 Gefangenen jährlich kann das Justizministerium seine übergeordnete Aufsichtsfunktion nur wirksam ausüben, wenn das Personal vor Ort aus dem tagtäglichen Umgang mit den Gefangenen den individuellen Gesundheitszustand fachkundig beurteilt und diese Informationen rasch und vollständig an die Anstaltsleitung weitergibt.
Selbstverständlich unternehmen wir alle Anstrengungen, damit unsere Beschäftigten ihre höchst verantwortungsvollen Aufgaben sicher und zuverlässig erfüllen können. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsergebnisse und die Erkenntnisse aus dem nun anstehenden gerichtlichen Verfahren gegen die damalige Anstaltsärztin werden wir auch genau darauf prüfen, ob wir unserem Personal hier noch bessere Hilfestellungen geben können. Ich möchte darauf hinweisen, dass ich schon im vergangenen Jahr anlässlich des tragischen Todesfalles in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal veranlasst habe, dass die über Jahrzehnte unbeanstandet gewachsenen Strukturen im Justizvollzug umfassend überprüft werden. Ich habe die Aufsicht über die Anstalten verstärkt, insbesondere indem landeseinheitliche Standards für die Anordnung, Überwachung und Durchführung der Einzelhaft gesetzt wurden. Und ich habe eine unabhängige Expertenkommission eingesetzt, die noch im Spätsommer ihren Abschlussbericht zur Verbesserung der Betreuung und Versorgung von psychisch auffälligen Gefangenen vorstellen wird. Auf der Grundlage dieser Empfehlungen werden wir ein Gesamtkonzept erarbeiten, das den Justizvollzug in Baden-Württemberg auch für die absehbar noch größer werdenden Herausforderungen gut aufstellt.“
Zu den Auswirkungen der staatsanwaltschaftlichen Entscheidung auf die beim Justizministerium laufenden Disziplinarverfahren verwies Minister Stickelberger darauf, dass man die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsergebnisse nun detailliert prüfen und dann eine Entscheidung zum weiteren Vorgehen treffen werde.