In zahlreichen Schwerpunktaktionen haben die Regierungspräsidien in Baden-Württemberg und die LUBW, Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz, im vergangenen Jahr insgesamt rund 1.500 Chemikalien und Produkte untersucht und geprüft, ob die europäischen Vorschriften und Normen in Bezug auf Kennzeichnung und Grenzwerte eingehalten wurden. Untersucht wurden zum Beispiel Lederwaren, Bauschäume, Farben, Reiniger, Lampenöle, Grillanzünder, Duftöle, Fleckenentferner, Pinselreiniger, Verdünner oder Feuerzeug- und Reinigungsbenzin. Verstärkt in den Focus kamen auch Prüfungen des Internetangebots von Herstellern und Händlern.
Die jetzt vorgelegten Ergebnisse der Prüfungen wertete Umweltminister Franz Untersteller als Beleg für die Notwenigkeit einer konsequenten Marktüberwachung zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher: „Immer wieder gibt es bei einzelnen Überprüfungen hohe Beanstandungsquoten, weil auf Gesundheitsgefahren bei Inhaltsstoffen von Produkten nicht hingewiesen wird oder weil Stoffe in einem Produkt enthalten sind, die nicht hinein gehören. Die gesundheitlichen Risiken, die sich daraus möglicherweise ergeben, tragen Käufer und Nutzer der Produkte. Die wollen wir mit der Marktüberwachung schützen.“
Seit dem 01.01.2014 ist die Abteilung 11 „Marktüberwachung“ des Regierungspräsidiums Tübingen zuständig für den Vollzug der Marktüberwachung in Baden-Württemberg. Sie ist damit auch verantwortlich für die Überwachung der wesentlichen Vorschriften im Bereich der Chemikaliensicherheit.
Konkret hat die Marktüberwachung im Bereich Chemikalienrecht im Jahr 2013 Überwachungsaktionen mit folgenden Ergebnissen durchgeführt:
a) In Baden-Württemberg wurde die gemeinsame europaweite Aktion von Marktüberwachung und Zoll fortgeführt, bei der die Chemikalienimporte aus Nicht-EU-Staaten nach Deutschland überprüft wurden. An der landesweiten Aktion waren verschiedene Zollämter in Baden-Württemberg beteiligt, die die Anmeldeinformationen aus den Zollverfahren zur Überprüfung an die zuständigen Marktüberwachungsbehörden leiteten. Insgesamt wurden 875 Zollanmeldungen mit einer Warenherkunft aus 23 verschiedenen Ländern überprüft. Erfreulicherweise wurde kein Verstoß gegen die Registrierungspflicht nach der REACH-Verordnung festgestellt. In den Fällen, wo ein Alleinvertreter involviert war, konnte der Registrierungsstatus jedoch nur rudimentär geprüft werden, da nur wenige Informationen vorlagen. Überprüfung wird fortgesetzt.
b) Bei der Überprüfung von 16 Bauschäumen im Handel, die Methylendiphenyldiisocyanat (MDI) enthalten (Verdacht auf krebserzeugende Wirkung), waren bei allen Produkten die vorgeschriebenen Schutzhandschuhe zwar beigefügt, aber bei vier Produkten fehlte die ebenfalls verlangte Informationsbroschüre oder die Information war nicht ausreichend. In drei Fällen war der erforderliche tastbare Warnhinweis (Warndreieck) nicht normgerecht ausgeführt. Eine ebenfalls durchgeführte Überprüfung von Angaben zu MDI-haltigen Bauschäumen im Internet ergab, dass bei keinem der 15 überprüften Angebote (6 Anbieter) eine korrekte Kennzeichnung erfolgte. Somit waren für die Verbraucher die mit dem Produkt verbundenen Gesundheitsrisiken nicht erkennbar. Die für die Anbieter örtlich zuständigen Behörden wurden entsprechend informiert.
c) Die vergangenen Jahresschwerpunktaktionen zu „besonders besorgniserregenden Stoffen“ (SVHC – Substances of Very High Concern) haben gezeigt, dass hinsichtlich der Informationspflichten gegenüber dem Abnehmer und gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern immer noch erhebliche Defizite vorliegen. Im Jahr 2013 wurden 84 handelsübliche Produkte, vom Gummischuh über die Plastikente bis zum Elektrokabel, im Labor auf als SVHC eingestufte Weichmacher (Phthalate) untersucht. Gleichzeitig wurde bei den Händlern nachgefragt, ob die Produkte SVHC in einer Konzentration von mehr als 0,1 Massenprozent enthalten.
In 22 Fällen (gut 25 Prozent) entsprachen die Aussagen der Händler nicht der Laboranalyse, die zum Teil einen deutlich höheren Weichmacheranteil über dem Schwellenwert von 0,1 Prozent in dem betreffenden Produkt nachwies. Die Überprüfung von Produkten auf SVHC wird fortgesetzt.
d) Für die Aktion Cadmium in Kunststoffen und Schmuck wurden landesweit in insgesamt 17 Unternehmen verschiedenster Branchen unterschiedliche Produkte ausgewählt und Vorort mit einem mobilen Röntgen-Fluoreszenzanalysator untersucht. Bei 75 von insgesamt 415 untersuchten Produkten und Verpackungen lag der Cadmiumgehalt über dem erlaubten Grenzwert von 0,01 Gewichtprozent, das entspricht einer Beanstandungsquote von 18 Prozent. Die meisten Verstöße betrafen Produkte mit einer Verpackung aus PVC. Der höchste gemessene Cadmiumgehalt lag in einem Produkt bei über 0,3 Gewichtprozent, was eine 30-fache Überschreitung des Grenzwertes bedeutet. Für die beanstandeten Produkte bzw. Verpackungen wurde das Inverkehrbringen untersagt.
Die Ergebnisse dieser Jahresaktion – auch im Vergleich zu den Zahlen aus den Vorjahresaktionen – zeigen deutlich, dass noch immer große Mengen an cadmiumhaltigem Material, insbesondere in PVC-Verpackungen, auf dem Markt vorhanden sind. Deshalb wird die Überprüfung fortgesetzt.
e) Weitergeführt wurde eine Marktüberwachungsaktion, die sich auf den Handel mit cadmiumhaltigen Hartloten im Internet richtete. Anhand der Artikelbeschreibungen und der dort genannten Lotbezeichnungen konnten auf Internetplattformen 35 Angebote von cadmiumhaltigen Hartloten identifiziert und deren Löschung veranlasst werden. Außerdem wurden die für die Händler jeweils zuständigen Marktüberwachungsbehörden informiert, die ihrerseits aufklärten und eine fachgerechte Entsorgung der cadmiumhaltigen Hartlote veranlassten. Überprüfung wird fortgesetzt.
f) Dimethylfumarat (DMF) ist ein Stoff, der beim direkten Kontakt zu Gesundheitsschädigungen führen kann. Nach der REACH-Verordnung darf DMF daher nicht in Konzentrationen von über 0,1 mg/kg in Erzeugnissen oder Bestandteilen enthalten sein. Von 22 untersuchten Lederwaren wurde bei drei Lederschuhen eine Überschreitung des Grenzwertes festgestellt, in einem Fall um das 62-fache. Bei den Schuhen handelte es sich um Restposten, die aus dem Verkauf genommen wurden. Eine zunächst in einem Ledergürtel ermittelte Überschreitung konnte bei der Analyse der Gegenprobe nicht bestätigt werden. Überprüfung wird fortgesetzt.
g) Bereits die Aufnahme kleinster Mengen von Mineralölprodukten mit niedriger Viskosität kann bei Kindern zu irreversiblen und schlimmstenfalls tödlichen Lungenschäden führen. Aufgrund der Gefährlichkeit (Aspirationsgefahr) wurden 46 verschiedene Produkte wie Lampenöle, Grillanzünder und Duftöle auf die richtige Kennzeichnung und Verpackung (beispielsweise schwarze undurchsichtige Behälter) kontrolliert. 14 Produkte wiesen Mängel auf, so fehlten insbesondere Warnhinweise und Gefahrensymbole oder es wurde nicht die vorgeschriebene Verpackung verwendet. Die Marktüberwachungsaktion hat im Ergebnis gezeigt, dass mit rund 30 Prozent weiterhin eine hohe Mängelquote zu verzeichnen ist.
Bei zusätzlich überprüften neun Lampenölen, die über das Internet angeboten wurden, fehlten bei acht die vorgeschriebenen Gefahrenhinweise.
Aufgrund dieser Ergebnisse bleiben Überprüfungen bei aspirationsgefährlichen Haushaltschemikalien Schwerpunkt der Marktüberwachung.
h) Eine Jahresaktion diente der Überprüfung von Fugendichtmassen hinsichtlich des Gehaltes von Acrylamid. In 10 untersuchten Produkten aus dem Einzel- und dem Internethandel konnte keine Überschreitung des Grenzwertes von 0,1 Gewichtprozent festgestellt werden.
i) in einer weiteren landesweiten Aktion wurde die Verwendung von benzolhaltigen Lösungsmitteln überprüft. Dazu wurden 20 Produkte (Feuerzeug-, Wasch-, Haushaltsbenzin, Fleckenentferner, petroleumhaltige Öle, Verdünner, Pinselreiniger etc.), die Kohlenwasserstoffverbindungen aus Mineralöldestillaten enthalten, und die zugehörigen Sicherheitsdatenblätter aus dem Handel entnommen. Bei den analytischen Untersuchungen wurde für kein Produkt ein Benzolgehalt > 0,01 Massenprozent und somit auch keine fehlerhafte Einstufung und Kennzeichnung der Produkte auf Grund des Benzolgehalts festgestellt.
j) Im Rahmen der aktiven Marktüberwachung wurden im Jahr 2013 auch verschiedene Verbraucherchemikalien wie Aceton, Terpentin, Verdünnungen, Waschbenzin, Schwimmbadchemikalien, Reiniger, Farben sowie Duftöle hinsichtlich Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von gefährlichen Chemikalien nach den Vorgaben der CLP-Verordnung überprüft. Von 54 betrachteten Verbraucherchemikalien waren lediglich sechs Produkte mängelfrei, bei 48 Produkten wurden Mängel beim Sicherheitsdatenblatt, beim Kennzeichnungsetikett oder bei der Einstufung festgestellt. Auch der tastbare Gefahrenhinweis war nicht immer vorhanden oder normgerecht ausgeführt.
REACH (Registration, Evaluation, Authorisation of Chemicals)
Die REACH-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1907/2006) regelt die Herstellung, das Inverkehrbringen und den Umgang mit Chemikalien. Alle in Europa hergestellten oder nach Europa importierten Stoffe und Gemische müssen bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) registriert werden. Zudem können die Herstellung, die Verwendung oder das Inverkehrbringen bestimmter gefährlicher Stoffe entweder durch Beschränkungen oder Zulassungsverfahren reguliert werden.
CLP (Classification, Labelling and Packaging of substances and mixtures
Die CLP-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008) regelt die EU-weite Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen und soll ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sicherstellen. Gleichzeitig soll sie den freien Warenverkehr von chemischen Stoffen, Gemischen und bestimmten spezifischen Erzeugnissen innerhalb des gemeinsamen europäischen Binnenmarktes gewährleisten.
Jahresbilanz 2013 der Marktüberwachung im Bereich Chemikaliensicherheit (PDF)