Auf Einladung der grünen Landtagsabgeordneten für den Wahlkreis Baden-Baden/Bühl, Beate Böhlen, hat Umweltminister Franz Untersteller gestern Abend auf einer öffentlichen Veranstaltung in Rastatt zur laufenden Aufarbeitung der PFC-Problematik in Mittelbaden informiert und Fragen beantwortet.
Im Raum Rastatt und Baden-Baden waren Ende 2013 örtliche PFC-Belastungen in Grund- und Trinkwasser festgestellt worden. Ursache für die Belastungen waren Kompostausbringungen. Aktuell gibt es 430 Hektar Verdachtsfläche in der Region, Belastungen konnten bislang auf rund 140 Hektar nachgewiesen werden.
Zuständig für die Aufarbeitung der PFC-Problematik sind vor Ort das Landratsamt Rastatt und die Stadt Baden-Baden. Sie werden hierbei von den Fachministerien der Landesregierung und vom Regierungspräsidium Karlsruhe als koordinierende Mittelbehörde unterstützt. Dessen Präsidentin, Nicolette Kressl, sowie der Rastatter Landrat Jürgen Bäuerle und Baden-Badens Oberbürgermeisterin Margret Mergen standen den Bürgerinnen und Bürgern bei der Informationsveranstaltung ebenfalls Rede und Antwort. Außerdem nahm der Landesvorsitzende des Naturschutzbundes Baden-Württemberg, André Baumann, an der Veranstaltung teil.
„Wir haben zum Glück keine unmittelbare Gefahr für die Menschen durch die PFC-Funde“, sagte Untersteller, „aber das heißt nicht, dass wir abwarten, bis sich das Problem vielleicht von selbst löst oder vergessen wird. Seit jetzt eineinhalb Jahren arbeiten wir intensiv an der Ursachenforschung, und wir haben Vorkehrungen getroffen, dass sich das Problem weder vergrößert noch wiederholt. Und selbstverständlich kontrollieren wir nach wie vor Lebensmittel und Wasser der Gebiete, in denen es zu PFC-Belastungen gekommen ist. Die Gesundheit der Menschen hier steht im Vordergrund.“
Untersteller warb auch um Verständnis dafür, dass sich das Problem nicht von heute auf morgen lösen lasse. „Nach allem, was wir wissen, ist ausgebrachter Kompost ursächlich für die PFC-Belastungen. Und vieles deutet darauf hin, dass es Kompost war, dem Papierschlämme beigemischt wurden. Wir kennen aber derzeit das Gesamtausmaß der Schäden noch nicht genau und für eine zielgerichtete Sanierung müssen wir noch mehr über die Ausbreitungswege von PFC im Boden und Grundwasser in Erfahrung bringen. Wir benötigen mehr Wissen, bevor wir an die Sanierung der belasteten Flächen gehen können.“
Der Umweltminister machte deutlich, dass der Schadensverursacher verpflichtet sei, die weitere Erkundung und Sanierung in Auftrag zu geben und zu bezahlen. Gleichwohl könne aber das Landratsamt Rastatt von sich aus alles Notwendige veranlassen, wenn der Verursacher, aus welchen Gründen auch immer, nicht aktiv werde. Das habe der Landrat in der Hand, so Untersteller.
Untersteller sicherte aber zu, dass er jederzeit bereit sei, das Thema der Finanzierung nötiger Maßnahmen, wenn nötig, in der eigens eingerichteten Kontaktgruppe zur PFC-Problematik zu erörtern. In dieser Kontaktgruppe sind zuständige Ministerien, das Regierungspräsidium Karlsruhe, der Landkreis und die betroffenen Städte vertreten.
Franz Untersteller: „Die Kontaktgruppe ist der Ort, um Probleme anzusprechen und Lösungen zu finden. Wir werden aber selbstverständlich nicht erst alle juristischen Auseinandersetzungen abwarten, ehe wir aktiv werden. Wir schaffen jetzt die Voraussetzungen für eine Sanierung und wir haben vor, damit so rasch wie möglich anzufangen. Klar ist aber auch: Die Sanierung von PFC-Schäden ist kein Routinegeschäft, es wird Geld kosten und es braucht Zeit.“
PFC
PFC ist die Abkürzung für per- und polyfluorierte Chemikalien. PFC sind künstlich hergestellte Stoffe. Chemisch gesehen bestehen PFC aus Kohlenstoffketten verschiedener Längen, bei denen die Wasserstoffatome vollständig (perfluoriert) oder teilweise (polyfluoriert) durch Fluoratome ersetzt sind. Es wird zwischen sogenannten kurzkettigen PFC (mit einer Kettenlänge von sechs oder weniger Kohlenstoffatomen) und langkettigen PFC unterschieden. Insgesamt umfasst die Stoffgruppe mehr als 800 Stoffe.
PFC werden seit den 60er Jahren wegen ihrer wasser-, schmutz- und fettabweisenden Eigenschaften in vielen Verbraucherprodukten verwendet: In der Textilindustrie beispielsweise werden PFC in Outdoor- und Arbeitskleidung eingesetzt. PFC-haltige Imprägniermittel sorgen dafür, dass auch nach mehrmaligem Waschen die wasser-, schmutz- und fettabweisenden Eigenschaften bestehen bleiben. Im Heimtextilbereich werden PFC gerne für schmutzabweisende Teppiche und Polstermöbel verwendet. In der Lebensmittelverpackungsindustrie werden PFC zum Beispiel für Pappbecher und Pappkartons eingesetzt. PFC werden außerdem als Hilfsmittel bei der Herstellung von Polytetrafluorethylen (PTFE), auch als Teflon bekannt, verwendet, das beispielsweise in antihaftbeschichtetem Kochgeschirr zum Einsatz kommt. Weitere Produkte, in denen PFC verwendet werden, sind Feuerlöschschäume, Wachse, Schmiermittel, Pestizide, Baustoffe, wie zum Beispiel Wetterschutzfarben und -lacke sowie Imprägniersprays.
Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft: Fragen und Antworten zu PFC