Die Grundbuchamts- und Notariatsreform ist die größte Strukturreform in der Geschichte der baden-württembergischen Justiz. Besonders betroffen hiervon sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unterstützungsbereich der Notariate. Um die damit einhergehenden Veränderungen für die rund 1.900 Beschäftigten in diesem Bereich sozialverträglich zu gestalten, hat die Landesregierung ein umfassendes Maßnahmenpaket beschlossen. Es setzt den bereits im vergangenen Jahr eingeleiteten Weg einer konsequenten Berücksichtigung der Mitarbeiterbelange fort.
Justizminister Rainer Stickelberger wies auf die große Dimension des Reformvorhabens hin. Bis zum Stichtag 1. Januar 2018 werden die über 650 kommunalen und staatlichen Grundbuchämter in 13 grundbuchführende Amtsgerichte eingegliedert. Die knapp 300 staatlichen Notariate werden aufgelöst, die Beurkundungsaufgaben werden künftig selbständig tätige Notare übernehmen. Damit werden die Strukturen in Baden-Württemberg an die Rechtslage im übrigen Bundesgebiet angeglichen.
„Eine solche Mammutreform können wir nur gemeinsam mit unseren Beschäftigten stemmen, die tagtäglich ihre verantwortungsvollen Aufgaben mit großem Engagement und hohem fachlichen Können erfüllen. Gerade die Umstellungsphase bringt für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vielfach offene Fragen und Unsicherheiten mit sich. Deshalb ist es mir ein ganz wichtiges Anliegen, dass wir ihre Belange fest im Blick behalten“, sagte Justizminister Stickelberger.
Das nun beschlossene Maßnahmenpaket der Landesregierung sieht unter anderem vor, dass die Tarifbeschäftigten für die Dauer von fünf Jahren Sonderurlaub in Anspruch nehmen können, um die Tätigkeit bei einem selbständigen Notar testen zu können. Beamtinnen und Beamte des mittleren Justizdienstes können unter Fortbestand des Beamtenverhältnisses vorübergehend einem freiberuflichen Notariat zugewiesen werden. „In dieser Zeit können sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den Anforderungen in den Notariaten vertraut machen und sich auf dieser Grundlage für oder gegen einen endgültigen Wechsel in ein selbständiges Notariat entscheiden“, erläuterte der Minister. Tarifbeschäftigte, die sich für ein Ausscheiden aus dem Landesdienst entscheiden, sollen eine Prämie erhalten. Ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können unter bestimmten Voraussetzungen vorzeitig und abschlagsfrei in den Ruhestand treten, wenn sie dies wünschen. Beamtinnen und Beamte des mittleren Dienstes können hierzu auf ihren Antrag in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Rentenminderungen, die Tarifbeschäftigten durch die vorzeitige Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters entstehen, können durch Zahlung von Beiträgen an den Rentenversicherungsträger ausgeglichen werden.
„Wo immer möglich werden wir bei der Personalplanung die Verwendungswünsche der Beschäftigten und ihre persönlichen Planungen berücksichtigen. Zu diesem Zweck führen wir ein Interessenbekundungsverfahren durch, bei dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseren Personalstellen alle relevanten Belange mitteilen können“, so Minister Stickelberger. Daneben plane das Ministerium gemeinsam mit den beiden Oberlandesgerichten flächendeckende Informationsveranstaltungen, bei denen alle auftretenden Fragen umfassend beantwortet werden sollen. Stickelberger sicherte zu, dass auch die Umsetzung der nun beschlossenen Maßnahmen in enger Abstimmung mit den betroffenen Verbänden, Gewerkschaften und Personalvertretungen erfolgen wird.
Im Einzelnen sieht der Beschluss der Landesregierung folgende Maßnahmen zur sozialverträglichen Umsetzung der Reform im Unterstützungsbereich der Notariate vor:
1. Wechsel zu einer freien Nurnotarin oder einem Nurnotar unter vorübergehendem Fortbestand des Beschäftigungs- bzw. Beamtenverhältnisses mit dem Land:
- Tarifbeschäftigten kann für fünf Jahre Sonderurlaub unter Verzicht auf die Fortzahlung des Entgelts gemäß § 28 TV-L gewährt werden.
- Beamtinnen und Beamte des mittleren Justizdienstes können unter Fortbestand des Beamtenverhältnisses vorübergehend gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 BeamtStG einem freiberuflichen Notariat zugewiesen werden.
2. Vorruhestandsregelungen:
- Rentenminderungen, die Tarifbeschäftigten durch die vorzeitige Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters entstehen, können durch Zahlung von Beiträgen an den Rentenversicherungsträger gemäß § 187a SGB VI ausgeglichen werden.
- Beamtinnen und Beamte des mittleren Dienstes können nach § 31 BeamtStG auf ihren Antrag in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden.
3. Abfindungsregelung:
- Tarifbeschäftigten, die ihr Arbeitsverhältnis zum Land durch Abschluss eines Auflösungsvertrags freiwillig beenden, kann eine Wechselprämie gewährt werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den gewährten Sonderurlaub vorzeitig abbrechen und aus dem Landesdienst ausscheiden, können ebenfalls eine (reduzierte) Wechselprämie erhalten.
Bereits im Jahr 2014 hat die Landesregierung beschlossen, dass im Rahmen der Grundbuchamts- und Notariatsreform die gleichen Standards wie bei der Verwaltungs- und der Polizeistrukturreform gelten sollen. Auf Grundlage dieses Beschlusses ist insbesondere die Gewährung einer finanziellen Rechtsstandswahrung im Falle einer nicht eingruppierungsgerechten Versetzung möglich.