Die Landesregierung will die Leitlinien für die Entwicklungspolitik fortschreiben. Daran sollen die Bürger im Rahmen der Initiative „Welt:Bürger gefragt“ beteiligt werden. Interview mit Minister Peter Friedrich.
Staatsanzeiger: Warum müssen die Leitlinien für Entwicklungspolitik fortgeschrieben werden?
Peter Friedrich: Wir haben eine Reihe von Entwicklungen, sei es auf der EU-Ebene, Reformen beim Bund oder auch unsere Kooperationsformen in der Entwicklungszusammenarbeit noch nicht in den Leitlinien abgebildet. Wir haben auch die Entwicklungszusammenarbeit im Land neu organisiert. Dadurch, dass wir sie aus dem Bereich der Außenwirtschaftsförderung herausgelöst und im Staatsministerium angesiedelt haben, haben wir sie zu einem Querschnittsthema der Landespolitik gemacht.
Staatsanzeiger: Was bedeutet das für die Entwicklungszusammenarbeit?
Friedrich: Wir verstehen Entwicklungszusammenarbeit als eine Aufgabe, die in allen Bereichen der Landesregierung stattfindet. Ich nehme mal die Beschaffung als Beispiel. Das Land und die landesunmittelbaren Bereiche werden darauf schauen, dass das Thema Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungsziele mit in den Blick genommen wird, wenn es darum geht, öffentliche Güter zu beschaffen. Das Thema wird sich durch alle Bereiche hindurchziehen. Entwicklungspolitisches Bewusstsein soll bereits in der Schule verankert werden.
Staatsanzeiger: Wo wollen Sie künftig Schwerpunkte setzen?
Friedrich: Das Wichtigste ist für uns, das Engagement der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt zu rücken. Sie haben den wesentlichen Anteil an der Entwicklungszusammenarbeit. Das Land wird nie die finanziellen Mittel bereitstellen können, um selbst große Förderprojekte aufzulegen. Aber wir haben in Baden-Württemberg eine Zivilgesellschaft mit vielfältigen Strukturen. Deswegen wollen wir die Leitlinien auch mit der Bürgerschaft gemeinsam entwickeln und die Bürger möglichst zielführend bei ihrem Engagement unterstützen.
Staatsanzeiger: Was bedeutet das für die Fortschreibung der Leitlinien?
Friedrich: Es wird einerseits darum gehen, in welchen Bereichen wir unsere Prioritäten setzen und worauf wir unser Engagement konzentrieren, etwa in der Bildung, in der Gesundheit, in der wirtschaftlichen Kooperation oder in anderen Bereichen. Andererseits geht es auch darum, die Bedürfnisse der in der Entwicklungszusammenarbeit engagierten Bürger zu erfahren und festzustellen, wie wir sie von Landesseite optimal unterstützen können. Dazu können beispielsweise Fragen des Vereinsrechts, des Zuwendungswesens, der Sozialversicherung oder Haftungsfragen zählen.
Staatsanzeiger: Der Landtag hat den Ausbau der Partnerschaft mit Burundi beschlossen. Wird sich das Land an Projekten vor Ort beteiligen?
Friedrich: Gerade bei Burundi wird das Land auch bestimmte Projekte mit unterstützen. Doch im Kern wird es darum gehen, Mitarbeiter und Wissen in speziellen Bereichen einzubringen, sei es im Bereich Bildung, im Bereich Polizei oder im Bereich der Land- und Forstwirtschaft.
Staatsanzeiger: Die Vereinten Nationen wollen mit den Millenium-Entwicklungszielen die Armut bis zum Jahr 2015 halbieren. Kann Baden-Württemberg mit seiner Partnerschaft mit Burundi dazu maßgeblich beitragen?
Friedrich: Nicht im ganz unmittelbaren Sinn. Aber wir können zum Beispiel durch Partnerschaften mit Krankenhäusern zu einer besseren Gesundheitsversorgung beitragen. Auch kann das Land Impulsgeber für Kommunalpartnerschaften zum Aufbau der öffentlichen Verwaltung sein oder die Zusammenarbeit baden-württembergischer Schulen mit Schulen in Burundi voranbringen. Oder wir werden zum Beispiel mithelfen, Nähmaschinen für ein Ausbildungsprojekt zu besorgen. Denn Gesundheit, Bildung und Beschäftigung sind die besten Programme gegen Armut.
Das Interview führte Stefanie Schlüter
Quelle:
Staatsanzeiger