Die Beratungen über ein europäisches Kaufrecht dürfen nach Ansicht von Justizminister Rainer Stickelberger nicht über die Köpfe der Praxis hinweg geführt werden. „Es kann nicht sein, dass ein so bedeutsames Vorhaben wie die Schaffung eines fakultativen europäischen Kaufrechts realisiert wird, ohne dass die Menschen, die später damit arbeiten müssen, sachgerecht am Diskussionsprozess beteiligt werden“, sagte der Minister in Ellwangen, wo das Landgericht Ellwangen und die Industrie- und Handelskammer Ostwürttemberg gemeinsam zur Veranstaltung „Europäisches Vertragsrecht - Bedeutung für Unternehmen und Verbraucher“ eingeladen hatten.
Der Minister zeigte sich prinzipiell offen für die Einführung eines optional anwendbaren, gemeinsamen Kaufrechts. Im Oktober hatte die Europäische Kommission einen entsprechenden Vorschlag für grenzüberschreitende Geschäfte vorgelegt. „Wenn ein einheitliches europäisches Kaufrecht gut gemacht ist, könnte es nicht nur Handelsbarrieren abbauen und zur Rechtssicherheit beitragen“, stellte Stickelberger fest: „Es würde auch ein Stück weit der gesellschaftlichen Realität des Jahres 2011 in Europa Rechnung tragen.“
Entscheidend sei allerdings die Akzeptanz des gemeinsamen Rechts, so der Minister. Dazu würde zum einen eine verständliche, ausgewogene und gerechte Ausgestaltung beitragen. Zum anderen müssten Qualität und Praxisfreundlichkeit gewährleistet sein. Nicht zuletzt müsse dem Verbraucherbraucherschutz Rechnung getragen werden. „Auf die Verbraucherinteressen werde ich ein besonderes Augenmerk legen“, sagte der Minister. Er plädiere deshalb dafür, dass Verbraucherschutzorganisationen wie auch Richter, Anwälte, Notare, Unternehmensjuristen und Wirtschaftsverbände verstärkt in die Diskussion einbezogen werden. „Nur wenn man die Menschen mitnimmt, kann man auch erreichen, dass sie das neue Recht gerne wählen und anwenden“, erklärte Stickelberger.
Europäisches Kaufrecht
Am 11. Oktober 2011 hat die Europäische Kommission einen Verordnungsentwurf für ein gemeinsames europäisches Kaufrecht vorgelegt. Damit soll bei grenzüberschreitenden Geschäften innerhalb der Europäischen Union künftig die Möglichkeit bestehen, dass sich beide Vertragspartner für ein gemeinsames Kaufrecht entscheiden. Das europäische Kaufrecht soll für Geschäfte sowohl zwischen Unternehmern und Verbrauchern als auch zwischen Unternehmern gelten.
Bislang unterliegen grenzüberschreitende Geschäfte in der EU den Vertragsrechtssystemen der jeweiligen Mitgliedsstaaten.
Quelle:
Justizministerium Baden-Württemberg