Die richterliche und staatsanwaltschaftliche Mitbestimmung in der Landesjustiz wird massiv gestärkt. Nachdem bereits im Jahr 2013 die Mitbestimmungsrechte in personellen Angelegenheiten deutlich ausgebaut wurden, schließt sich nun eine Ausweitung der Beteiligungsrechte in allgemeinen und sozialen Angelegenheiten an. Eine entsprechende Änderung des Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetzes hat das Kabinett beschlossen.
„Bei Personalentscheidungen sind die richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Mitwirkungsrechte in der baden-württembergischen Justiz schon heute bundesweit einzigartig stark ausgestaltet. Mit der heute im Kabinett beschlossenen Reform gehen wir diesen Weg der umfassenden Beteiligung in allen Belangen konsequent weiter. Wir treffen die für unsere Justiz bedeutsamen Entscheidungen nicht einsam „im stillen Kämmerlein“, sondern offen und transparent in einem fairen Austausch mit der Praxis“, sagte Justizminister Rainer Stickelberger.
Konkret sieht der Gesetzentwurf unter anderem vor, dass auf der Ebene der Obergerichte und Generalstaatsanwaltschaften spezielle Vertretungsgremien, die sog. Bezirksrichterräte, eingerichtet werden. Bislang fand eine Beteiligung der Richter und Staatsanwälte in allgemeinen und sozialen Angelegenheiten lediglich an der Basis, also bei den jeweiligen Gerichten und Staatsanwaltschaften vor Ort, statt. Künftig wird diese neue „Bezirksebene“ in wesentliche Entscheidungen mit überörtlicher Bedeutung einbezogen. Darüber hinaus werden die bei allen fünf Obergerichten und zwei Generalstaatsanwaltschaften installierten Gremien in Konfliktfällen herangezogen, in denen sich der örtliche Richter- oder Staatsanwaltsrat und die jeweilige Dienststelle nicht einigen können. Auf der Ebene des Justizministeriums wird ein weiteres zentrales Beteiligungsorgan eingesetzt, der „Landesrichter- und Staatsanwaltsrat“. Dadurch ist in Justizangelegenheiten von grundsätzlicher und landesweiter Bedeutung ein unmittelbarer Austausch zwischen der richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis und der Landesjustizverwaltung gewährleistet. „Als besonderes Beteiligungsinstrument haben wir zudem die justizweite Anhörung gesetzlich festgeschrieben. Damit ist erstmals neben der traditionellen gremiengestützten Mitwirkung die direkte Beteiligung der unmittelbar betroffenen Personen in institutionalisierter Art und Weise sichergestellt. Die baden-württembergische Justiz schlägt damit einen bundesweit einzigartigen Weg ein“, sagte der Minister.
„Die Bürgerinnen und Bürger vertrauen auf eine moderne, bürgernahe und leistungsfähige Justiz. Daher ist es unsere besondere Verantwortung, auch weiterhin die besten Nachwuchskräfte für die verantwortungsvollen Aufgaben bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften zu gewinnen. Neben vielen anderen Maßnahmen etwa auch zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie trägt die nun beschlossene Stärkung der Mitbestimmung dazu bei, dass die Justiz in Baden-Württemberg auch künftig ein attraktiver Arbeitgeber bleibt“, so Justizminister Stickelberger.
Der Gesetzentwurf soll noch vor der Sommerpause in den Landtag eingebracht werden. Die neuen Regelungen könnten dann noch in diesem Jahr in Kraft treten.