Hochschulen

Mehr Chancen für Talente beim Medizinstudium

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Studierende verfolgen eine Vorlesung im Hörsaal. (Bild: © dpa)

Das Medizinstudium soll reformiert werden. Künftig können bei der Vergabe von bis zu 70 Prozent aller Studienplätze in Auswahlverfahren der Hochschulen vergeben werden, in denen nicht nur die Abiturnote zählt. Außerdem neu ist die Einführung einer zusätzlichen Eignungsquote.

Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat sich über einen Entwurf für einen neuen Staatsvertrag zur Reform des Medizinstudiums geeinigt. Künftig können bei der Vergabe von bis zu 70 Prozent aller Studienplätze in Auswahlverfahren der Hochschulen vergeben werden, in denen nicht nur die Abiturnote zählt. Die Wartezeit wird als Zugangskriterium nach einer Übergangsphase von zwei Jahren abgeschafft. Außerdem neu ist die Einführung einer zusätzlichen Eignungsquote, die Talenten, unabhängig von der Abiturnote Chancen auf einen Studienplatz eröffnen. Baden-Württemberg hatte gemeinsam mit Sachsen die Verhandlungsführung inne.

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer: „Wie haben mit den neuen Zugangsvoraussetzungen eine gute Grundlage geschaffen, um den am besten geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern für den Arztberuf das Medizinstudium zu ermöglichen. Mit spezifischen Testverfahren, die das besondere Talent für das Berufsbild prüfen, haben wir in Baden-Württemberg bereits langjährige und sehr positive Erfahrungen gesammelt.“ Im Land sind insgesamt mehr als 2.100 Studienanfängerplätze jährlich von der Neuregelung betroffen.

Übergangsregelung für Altwartende

Dem Staatsvertrag ging eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) voraus, wonach die Studienplätze vorrangig nach Eignung eines Bewerbers zu vergeben sind. Die derzeitige Wartezeitquote, die Wartesemester für diejenigen anrechnet, die nicht unmittelbar einen Studienplatz erhalten haben, sei hingegen verfassungsrechtlich nicht geboten, da sie gerade keine berufliche Eignung berücksichtige.

Die Kultusministerkonferenz hat entschieden, das Kriterium „Wartezeit“ in den Jahren 2020 und 2021 übergangsweise im Rahmen der zusätzlichen Eignungsquote noch eingeschränkt weiter zu berücksichtigen. In Baden-Württemberg wird es sich während dieses Zeitraums um eine Kombination aus Wartezeit, Eignungstest und berufspraktischer Erfahrung handeln.

Ausgleich unterschiedlicher Abiturdurchschnitte

Das Gericht hat dem Gesetzgeber darüber hinaus aufgetragen, sicherzustellen, dass die Abiturnote im Auswahlverfahren der Hochschulen nicht als alleiniges Kriterium herangezogen werden darf, weil sie einerseits nur einen Teil der Eignungsanforderungen abbilde und das Abitur andererseits nicht länderübergreifend vergleichbar sei. Deshalb seien auch schulnotenunabhängige Kriterien zu berücksichtigen, etwa der Medizinertest, wie dies in Baden-Württemberg bereits heute schon der Fall ist.

Der KMK liegt nun ein Entwurf eines Staatsvertrages vor, der nicht nur die Monita des BVerfG ausräumt, sondern diesen auch weiterentwickelt. Hierzu wurden die Quoten für den Zugang zum Studium neu geordnet.

Künftig werden die Bewerber für das Medizinstudium wie folgt ausgewählt:

  • 30 Prozent nach Abiturbestenquote (Erhöhung um 10 Prozent).
  • 10 Prozent durch eine zusätzliche Eignungsquote (nach schulnotenunabhängigen Kriterien).
  • 60 Prozent durch Auswahlverfahren der Hochschulen (Die Auswahl beinhaltet einen von den Hochschulen festzulegenden Mix aus der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung und schulnotenunabhängigen Kriterien).
  • Durch Landesrecht kann die zusätzliche Eignungsquote im Rahmen des Auswahlverfahrens der Hochschulen erweitert werden. Diese Erweiterungsmöglichkeit bietet Spielräume für eine chancenoffene und chancengerechte Weiterentwicklung.

Für die Abiturnote wird darüber hinaus ein Ausgleichsmechanismus entwickelt, der eine annähernde Vergleichbarkeit unter den Ländern herstellt.

Spielräume nutzen, um die Allgemeinmedizin zu stärken

Baden-Württemberg wird die landesrechtlichen Spielräume nutzen. „Das neue Verfahren eröffnet geeigneten und motivierten Bewerberinnen und Bewerbern vielfältige Chancen auf einen Studienplatz. Es ermöglicht die Auswahl einer Studierendenschaft, die den unterschiedlichen Anforderungen und Fachrichtungen gerecht wird – in der Medizin etwa vom Praktischen Arzt bis zum Forscher. Und es belässt uns die notwendigen Spielräume, flexibel auf Weiterentwicklungen und Schwerpunktsetzungen zu reagieren. Ich denke hier insbesondere an die Allgemeinmedizin“, sagt die Wissenschaftsministerin.

Neue Auswahlverfahren mittels Interviewtechniken

Aktuell prüft das Land mit den Universitäten, für einen gewissen Teil der Studienplätze ein Interviewverfahren fortzuentwickeln, das psychosoziale Kompetenzen der Bewerberinnen und Bewerber misst. Die Wissenschaftsministerin sieht hierin eine große Chance, Studierende zu gewinnen, die Fähigkeiten und Interesse für eine spätere Tätigkeit als praktische Ärztin oder praktischer Arzt mitbringen. Sie sollen im Studium über die neu geschaffenen Angebote in der Allgemeinmedizin verstärkt den Weg in diese Fachrichtung finden.

„Ich halte dies für zielführender, als 17- bis 18-Jährige noch vor Studienbeginn durch eine Landarztquote zu verpflichten, in etwa 15 Jahren einer bestimmten Tätigkeit nachzugehen“, ist sich Bauer sicher. „Wir kümmern uns stattdessen besser darum, soziale und kommunikative Kompetenzen ausreichend zu berücksichtigen und im Auswahlverfahren auch Studienschwerpunkten wie eben der Allgemeinmedizin Rechnung zu tragen.“

Für die Chancengerechtigkeit sei es aber auch wichtig, dass die verwendeten Kriterien immer wieder in Studien evaluiert würden.

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