In diesen Tagen erhalten alle allgemein bildenden und beruflichen Gymnasien in Baden-Württemberg den dritten Band des Deutsch-Französischen Geschichtsbuchs.
Mit dem besonderen Konzept dieses dreiteiligen Lehrbuches ist beabsichtigt, bei den Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrkräften einen Perspektivenwechsel im Blick auf die Geschichte zu fördern. Gleichzeitig soll dadurch eine neue Form übernationaler Geschichtsbetrachtung in den Schulunterricht eingeführt werden. Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer: "Das Deutsch-Französische Geschichtsbuch könnte Vorläufer für ein gemeinsam konzipiertes Europäisches Geschichtsbuch sein."
Die Idee, erstmals ein gemeinsames Geschichtsbuch herauszugeben, entstand 2003 anlässlich des 40. Jahrestags des Deutsch-Französischen Elysée-Vertrags. Ziel des gemeinsamen Projekts war es, Vorurteile zu reduzieren, die durch beiderseitige geschichtliche Unkenntnis verursacht werden. Dazu sollte allerdings kein Lehrbuch entwickelt werden, das die Geschichte der beiden Länder getrennt behandelt und diese einfach gemeinsam zwischen zwei Buchdeckeln fixiert.
Das gemeinsame Lehrbuch mit identischem Inhalt in deutscher und französischer Fassung wird in der Sekundarstufe II eingesetzt. Zum ersten Mal können sich deutsche Schüler der gymnasialen Oberstufe und französische Schüler der Lycées mit demselben Geschichtsbuch auf das Abitur und das Baccalauréat vorbereiten. Der erste Band mit dem Titel "Europa und die Welt seit 1945"erschien im Herbst 2006, der zweite Band "Europa und die Welt vom Wiener Kongress bis 1945" kam im Frühjahr 2008 heraus, der dritte, eben erschienene Band "Europa und die Welt von der Antike bis 1815" vervollständigt nun die Reihe.
Die Entwicklung des Lehrbuchs stellt die Autoren vor eine neue Herausforderung. Im Oktober 2004 stellte sich eine binationale Arbeitsgruppe der Aufgabe, die Bildungs-planvorgaben im Fach Geschichte in Frankreich und die Bildungsplanvorgaben von 16 bundes-deutschen Ländern für die Zeit von der Antike bis zur Gegenwart in nur drei Bänden unterzubringen. Außerdem mussten die Autoren die unterschiedlichen Traditionen in der didaktischen Aufbereitung berücksichtigen. In französischen Lehrbüchern liegt ein deutlicherer Akzent auf der Vermittlung von Faktenwissen, in Deutschland wird im Unterricht viel Wert auf das Quellenstudium gelegt.
Für diese Idee eines gemeinsamen Geschichtsbuches interessieren sich mittlerweile auch andere Länder. Beim Klett-Verlag, der die deutsche Fassung des Buchs herausgibt, gingen Anfragen zur Konzeption gemeinsamer Geschichtsbücher aus verschiedenen Ländern ein, z.B. aus Polen, Japan, Korea und Israel.
Quelle:
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg