„Für den Ländlichen Raum und die Landwirtschaft in Baden-Württemberg wird es künftig weniger Geld aus Brüssel geben. Das steht jetzt schon fest - obwohl das Tauziehen zwischen den europäischen Institutionen in Brüssel über die Details von Finanzierung und Ausgestaltung der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik noch immer andauert“, sagte der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Alexander Bonde, bei der Mitgliederversammlung des Landesbauernverbandes in Fellbach.
„Der Verteilungskampf innerhalb Deutschlands hat dessen ungeachtet schon längst begonnen. So zeichnen sich für die anstehende Förderperiode bittere Kürzungen in der Zweiten Säule ab. Den Ländern werden also weniger Mittel für Agrarumweltmaßnahmen, für benachteiligte Gebiete und für die Agrarinvestitionsförderung zur Verfügung stehen als bisher“, so der Minister weiter. Bonde zeigte sich insbesondere enttäuscht darüber, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel bei den Verhandlungen der Staats- und Regierungschefs im Ringen um die Mittelverteilung nicht für den hiesigen Ländlichen Raum gekämpft habe. „Während in den Verhandlungen über den EU-Haushalt insgesamt 16 Mitgliedstaaten Boni für die Zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik aushandeln konnten, geht Deutschland komplett leer aus“, kritisierte der Minister.
Klare Vorstellungen von gerechten Flächenzahlungen
Bonde äußerte sich auch zur Zukunft der Flächenprämie, also in der Ersten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik geregelten Direktzahlungen für die Landwirte: „Historische Unterschiede bei der Prämienhöhe zwischen verschiedenen Bundesländern sind überholt. Deshalb fordert die Landesregierung eine bundeseinheitliche Flächenzahlung für ganz Deutschland.“ Durch eine solche Angleichung der regionalen zu einer bundeseinheitlichen Prämie würde Baden-Württemberg profitieren“, so der Minister. Da sich die das Land prägenden kleinen und mittleren bäuerlichen Familienbetriebe für die Pflege und den Erhalt unserer Natur- und Kulturlandschaften einsetzten und damit überdurchschnittlich zu den gesellschaftlichen Leistungen im Ländlichen Raum beitrügen, begrüßte Bonde ausdrücklich die in Brüssel geplante Option eines Aufschlages für die ersten Hektare.
Das Greening muss positiv gestalten werden
Der Minister ging auch auf die Brüsseler Entscheidung ein, den Bezug von Direktzahlungen entsprechend dem Grundsatz „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ künftig verpflichtend an Umweltschutzmaßnahmen der Landwirte zu binden. „Unsere Strategie - die von allen deutschen Agrarministern im Kern mitgetragen wurde - nämlich das Greening positiv zu gestalten - hat sich damit voraussichtlich als erfolgreich erwiesen“, sagte Bonde. In der Diskussion darüber, welche konkreten Maßnahmen zur Ökologisierung der Landwirtschaft als Greening zählen, habe Brüssel sowohl Elemente aus den Agrarumweltprogrammen der Zweiten Säule als auch die Idee der Anrechenbarkeit des Eiweißpflanzenanbaus aufgegriffen, zeigte sich der Minister zufrieden.
Nutztierhaltung darf nicht im Widerspruch zum Tierwohl stehen
Bonde wies in Fellbach auch darauf hin, dass eine ökonomische Nutztierhaltung nicht im Widerspruch zum Tierwohl stehen stehen dürfe. Beide Ziele könnten nur parallel miteinander realisiert werden. „Wir wollen unsere bäuerliche Tierhaltung mit ihren Vorteilen für die Verbraucherinnen und Verbraucher erkennbar machen“, betonte der Minister. „Den erneuten Billig-Fleisch-Preiskampf der Discounter lehnen wir entschieden ab und setzen uns dafür ein, dass sich für die landwirtschaftlichen Betriebe der Mehraufwand für eine besonders tiergerechte Haltung auch ökonomisch lohnt.“
Flächendeckende Beratung als klares Bekenntnis zur Landwirtschaft
Nach den Vorstellungen des Ministers soll die landwirtschaftliche Beratung im Land weiter optimiert werden. So starte im Herbst an der Fachschule für Landwirtschaft in Emmendingen-Hochburg die erste Landesfachschulklasse „Ökolandbau“, berichtete Bonde. „Ein Ja zu einer guten, soliden landwirtschaftlichen Ausbildung ist ein klares Bekenntnis zur Landwirtschaft“, so der Minister abschließend.
Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)
Am 12. Oktober 2011 legte die Europäische Kommission, welche das Initiativrecht besitzt, ihre insgesamt sieben Legislativvorschläge zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2013 vor. Mit der Neuausrichtung der derzeitigen GAP soll eine neue belastbare Legitimationsgrundlage für europäische Agrargelder geschaffen werden. Die Mittel im Agrarbereich sollen stärker als bisher nach dem Grundsatz „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ eingesetzt werden. Die Produktion von Lebensmitteln und Agrarrohstoffen soll zwar weiterhin eine Aufgabe des Sektors sein, aber keineswegs deren ausschließliche. Die Gesamtumweltleistung der GAP soll durch eine Ökologisierung der Flächenzahlung erhöht werden. Um dies zu erreichen, wird bei der Flächenzahlung nochmals in zwei Komponenten unterschieden: in eine Basisprämie und eine Ökologisierungsprämie, für die weitere Auflagen zu erbringen sind. Nach derzeitiger Planung erhofft man sich in Brüssel für die letzte Juniwoche eine politische Einigung bei der GAP-Reform. Die dabei beteiligten Akteure sind die Europäische Kommission, die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament im so genannten Trilog.