„Der Erhalt der Artenvielfalt ist eine zentrale Aufgabe und Verantwortung der heutigen Generation. Wir müssen unser natürliches Erbe für unsere Kinder bewahren. Als Gesellschaft haben wir hierzu nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern auch ein wirtschaftliches Interesse. So werden die meisten Medikamente aus Pflanzen hergestellt. Die Lotusblume hat mit ihren besonderen Eigenschaften den Anstoß zur Entwicklung der Nanotechnologie gegeben. Im Reservoir der Arten liegen aber noch viel mehr Entwicklungsmöglichkeiten. Schließlich können wir von der Intelligenz der Natur lernen und ein tieferes Verständnis von Zusammenhängen entwickeln", sagte Naturschutzminister Alexander Bonde am Montag in Beuron (Landkreis Sigmaringen) zum bundesweiten Aktionstag zur Biologischen Vielfalt am 22. Mai. Am 21. Mai wurde zugleich das 20-jährige Bestehen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) gefeiert. Beide Daten sollen dazu beitragen, die Bedeutung des Erhalts der Artenvielfalt in den Blick zu rücken und zu Aktionen gegen den Rückgang der Biodiversität anregen. Baden-Württemberg liegt mit seinen FFH-Gebieten auf 11,6 Prozent der Landesfläche über dem bundesweiten Durchschnitt.
Rückzugs- und Vernetzungsräume für Arten schaffen
Der Verlust der Biologischen Vielfalt ist ein weltweites Problem. Die FFH-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie als derzeit umfassendste europäische Instrumente sollen den Schwund an Arten und Lebensräumen eindämmen. Europaweit werden so im grenzübergreifenden Netzwerk Natura 2000 Trittsteine für den Artenaustausch geschaffen. „Wie wichtig Rückzugsräume und Vernetzungsachsen sind, zeigt sich besonders entlang der Donau. Als Fließgewässer bildet sie eine natürliche Vernetzungsachse, die der Ausbereitung und dem Austausch von Arten dient“, so Bonde. Das enge Tal ist geprägt durch die Donau, die sich hier in die Jurakalke der Schwäbischen Alb tief eingeschnitten hat. Die Auen werden durch Wirtschaftswiesen geprägt, die Steilhänge durch Buchenwälder, die überwiegend als Lebensräume im Sinne der FFH-Richtlinie anerkannt sind. Auch die steilen Felsen mit ihrer speziellen Vegetation sind Inhalt des Schutzgebietsnetzes Natura 2000. Ein wichtiger Wirtschaftszweig des Tales ist der Tourismus. „Viele Wanderer, Kletterer und Kanufahrer haben dieses Naturparadies als Naherholungsraum für sich entdeckt. Institutionen wie das Haus der Natur in Beuron vermitteln mit Ausstellungen und Führungen anschauliche Informationen über die Abläufe in der Natur“, so Bonde. Hochwertige regionale Produkte aus dem Naturpark Obere Donau rundeten das Angebot ab.
Broschüre sensibilisiert für Naturschutz
Passend zum diesjährigen Motto der UN-Dekade für die Biologische Vielfalt 2011 – 2020 „Vielfalt genießen – Natur-Zeit als Freizeit“ haben das Regierungspräsidium Tübingen und NALDO, die Verkehrsverbund Neckar-Alb-Donau GmbH, eine Broschüre mit Wandervorschlägen im Natura 2000-Gebiet mit der Donautalbahn herausgegeben. „Die Broschüre zeigt Touristen, wie sie auf drei unterschiedlichen Natura-Touren die Biologische Vielfalt unserer Natur- und Kulturlandschaft erleben können, ohne auf ihr Auto angewiesen zu sein“, lobte der Minister. Die Natureindrücke und die Informationen über die einzelnen Arten und Lebensräume in den FFH-Gebieten sensibilisierten auch für den Natur- und Artenschutz. „Wer die Natur in ihrer ursprünglichen Schönheit erlebt, weiß wie wichtig es ist, diesen Schatz zu erhalten“, sagte der Minister.
Intaktes Magisches Dreieck an der Oberen Donau
„An der Oberen Donau erleben Touristinnen und Touristen intakte Naturlandschaften. Die Zugtour führt mitten durch die beeindruckende Flusslandschaft, die die Europäische Union ins Netz der Natura 2000-Schutzgebiete aufgenommen hat. An der Oberen Donau wird zugleich deutlich, wie Naturschutz, Landnutzung und Tourismus in einem Magischen Dreieck voneinander profitieren“, betonte der auch für den Tourismus zuständige Naturschutzminister bei der Zugtour „Natura 2000 erleben“ von Riedlingen nach Beuron.
Hintergrundinformationen:
1992 wurde die Richtlinie 92/43/EWG von den damaligen EU-Mitgliedsstaaten einstimmig beschlossen. Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) ist das derzeit umfassendste Naturschutzinstrument der Europäischen Union und – zusammen mit den Europäischen Vogelschutzgebieten – eines der größten Naturschutznetzwerke der Erde. Ziel der FFH-Richtlinie ist die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von europäischer Bedeutung. Sie dient damit den von der EU und den Mitgliedstaaten 1992 in Rio eingegangenen Verpflichtungen zum Schutz der Biologischen Vielfalt (Biodiversitätskonvention, CBD). Ein wesentlicher Pfeiler der FFH-Richtlinie ist die Einrichtung des europäischen Netzes von Natura 2000-Schutzgebieten. Die Natura 2000-Fläche (FFH- und Vogelschutzgebiete) Baden-Württembergs umfasst etwa 17,3 Prozent der Landesfläche. Die FFH-Gebietsmeldung umfasst aktuell insgesamt 260 Gebiete mit einer Fläche von rund 414.247 Hektar, das entspricht circa 11,6 Prozent der Landesfläche. Baden-Württemberg liegt damit über dem bundesdeutschen Durchschnitt.
Die Gesamtkulisse der Vogelschutzgebiete in Baden-Württemberg umfasst 90 Gebiete mit 10,9 Prozent der Landesfläche (circa 390.000 Hektar, zuzüglich circa 5.900 Hektar des Bodensees). Davon sind 48,2 Prozent bzw. 191.000 Hektar auch als FFH-Gebiet gemeldet.
Natura-2000-Gebiete entlang der Bahnstrecke Riedlingen Beuron:
- FFH-Gebiet 7920-342: Oberes Donautal zwischen Beuron und Sigmaringen
- FFH-Gebiet 7922-342: Donau zwischen Riedlingen und Sigmaringen
- Vogelschutzgebiet 7820-441: Südwestalb und Oberes Donautal
Schwerpunkt der FFH-Lebensräume ist auf der gesamten Zugstrecke die Donau selbst mit ihrer flutenden Wasservegetation. Im Oberen Donautal zwischen Sigmaringen und Beuron sind zusätzlich vor allem die zwei großen Buchenwald-Lebensraumtypen (Waldmeister-Buchenwald / Orchideen-Buchenwald) sowie die imposanten Felsformationen mit ihren Höhlen und Schutthalden an den Steilhängen des Tales sowie Magerrasen und Magere Flachland-Mähwiesen in den Auen der Donau Schutzgüter der FFH-Richtlinie. Bei den Arten sind Besenmoos, verschiedene Fledermausarten (Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr), Biber, Alpenbock, Grauspecht, Mittelspecht, Hohltaube, Rauhfußkauz, Schwarz- und Rotmilan, Schwarzspecht, Uhu, Wanderfalke und Zwergtaucher von besonderer Bedeutung.
Quelle:
Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg