Unter Leitung des Integrationsministeriums hat eine Arbeitsgruppe aus Verwaltungsfachleuten, Vertretern der kommunalen Landesverbände, des Flüchtlingsrats und der Liga der freien Wohlfahrtspflege aus fachlicher Sicht Eckpunkte für das künftige Flüchtlingsaufnahmegesetz konzipiert. Ziel war es, unter Einbindung aller im Bereich der Flüchtlingsaufnahme und -sozialarbeit tätigen Akteure einen Grundkonsens für die Novellierung des künftigen Flüchtlingsaufnahmegesetzes herzustellen. Im Koalitionsvertrag der grün-roten Landesregierung ist als Ziel verankert, die Lebenssituation von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu verbessern.
Die Vorschläge der Arbeitsgruppe, die insgesamt unter Finanzierungsvorbehalt stehen, sehen zusammengefasst Folgendes vor:
- In der Landesaufnahmeeinrichtung in Karlsruhe soll die Sozial- und Verfahrensberatung bzw. Unterstützung neu eintreffender Flüchtlinge verbessert werden.
- Die vorläufige Unterbringung in den Stadt- und Landkreisen, insbesondere in Gemeinschaftsunterkünften, soll auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt werden, möglichst ergänzt durch ein zeitliches Limit.
- Die Aufnahmebehörden sollen die Möglichkeit erhalten, neben Gemeinschaftsunterkünften auch andere geeignete Wohnformen, insbesondere abgeschlossene Wohnungen vorzusehen. Dezentrale Unterbringungskonzepte sowie die Schaffung kleinerer Unterbringungseinheiten sollen ermöglicht werden. Damit soll auch den Belangen besonders schutzbedürftiger Personen Rechnung getragen werden.
- Die gesetzliche Festlegung von 4,5 Quadratmetern als Wohn- und Schlaffläche je Person soll durch Vorgaben ersetzt werden, die eine spürbar geringere Belegungsdichte sicherstellen. Die Kreise als Betreiber der Unterkünfte erhalten hierfür Übergangsfristen. Weitere qualitative Mindeststandards sollen geprüft werden.
- Es soll klargestellt werden, dass für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge die Unterbringungsregelungen des Flüchtlingsaufnahmegesetzes nicht gelten und allein die jugendhilferechtlichen Bestimmungen des SGB VIII (Kindeswohl) maßgebend sind. Es soll gewährleistet werden, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge dort untergebracht werden können, wo geeignete Angebote bestehen.
- Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sollen - abgesehen von der weiterhin als Sachleistung zu gewährenden Unterbringung - als Geldleistungen erbracht werden, soweit dies bundesrechtlich zulässig ist. Die Aufnahmebehörden sollen zur Umstellung von bisherigen Formen der Leistungsgewährung eine Übergangsfrist erhalten
- Mindeststandards für die Sozialarbeit mit Flüchtlingen und die Unterstützungsleistungen sollen eindeutiger definiert werden. Beratungs- und Unterstützungsangebote geeigneter Dritter, z.B. örtlich tätiger Sozialverbände, sollen berücksichtigt werden.
- Im Interesse eines kreisübergreifenden Lastenausgleichs werden auch unerlaubt eingereiste Ausländer, die keinen Asylantrag stellen, auf die Flüchtlingsaufnahmequote des Stadt- oder Landkreises angerechnet, in dem sie sich aufhalten. Eine generelle Einbeziehung dieses Personenkreises in den Anwendungsbereich des Flüchtlingsaufnahmegesetzes wird geprüft.
- Die Fallpauschale des Landes an die Stadt- und Landkreise soll entsprechend den kostenrelevanten Änderungen im Flüchtlingsaufnahmerecht angepasst und nach gewisser Zeit insgesamt überprüft werden.
Das Integrationsministerium beabsichtigt, auf dieser Grundlage noch im Herbst einen ersten Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen und regierungsintern abzustimmen. Soweit einzelne Punkte zu Mehrkosten führen, steht ihre Realisierung unter dem Vorbehalt, dass zwischen Land und Kommunen ein angemessener Kostenausgleich gefunden wird und hierfür im Landeshaushalt die erforderlichen Mittel bereit gestellt werden können.
Quelle:
Ministerium für Integration Baden-Württemberg