Auf der Schwäbischen Waldbahn zuckeln historische Dampf- und Dieselzüge von Schorndorf hinauf nach Welzheim. Allein die Fahrt ist ein Erlebnis und an der Strecke liegen zudem interessante Ausflugs- und Wanderziele.
Ruß mischt sich in den Duft der Tannennadeln. Qualm steigt auf und ballt sich zu einer Wolke. Nach einem schrillen Pfiff setzt sich der Zug in Bewegung. Verlässt den Bahnhof, zuckelt entlang an Gärten, in denen so mancher beim Mittagessen sitzt und winkt, vorbei an Wiesen, Bächen und an Wegen, auf denen Radfahrer in die Pedale treten. Auf der Schwäbischen Waldbahn zwischen Schorndorf und Welzheim hat man genug Zeit für die Details am Wegesrand. Nur wenige hält es auf den Sitzen: Fast alle Gäste stehen am Fenster und erleben, wie der Zug das weite Tal verlässt, die dicht bewaldeten Hänge immer näher ans Fenster rücken, bis man die Äste fast mit den Händen greifen kann. Immer langsamer kämpft sich der Zug den steilen Berg hinauf.
Einst eine Sensation
Die Lok qualmt und schnauft mächtig. Der kleine Junge in Uniform, der die Fahrgäste zählt, hat Mühe, sich durch den Gang voller Menschen zu zwängen. Er und seine Familie sind Mitglieder im Verein „DBK Historische Bahn”, der die Waldbahn zwischen Schorndorf und Welzheim betreibt. Ebenso wie Günter Pfau, der hier regelmäßig als Schaffner Fahrscheine kontrolliert und Geschichten von der Waldbahn erzählt. Stolz nennt er die Strecke „unseren schwäbischen Semmering” und spielt damit auf die österreichische Gebirgsbahn an, die bei ihrer Eröffnung als Meisterleistung der Technik gefeiert wurde und heute zum Unesco-Weltkulturerbe zählt.
Auch die Schwäbische Waldbahn hat es in sich: Rund 22 Kilometer lang ist die Strecke von Schorndorf nach Welzheim, die vor allem im letzten Abschnitt beeindruckende Schleifen bergauf zieht und dabei über mehrere Viadukte führt. Auch sie war einst eine Sensation: Im Jahr 1911 eingeweiht, überwindet die Bergstrecke knapp 250 Höhenmeter.
Lohnenswerte Stationen
Im Laufe der Jahrzehnte blieben die Fahrgäste allerdings aus, in den 1980er-Jahren stellte die Bahn den Betrieb ein. Still wurde es an den Gleisen. Bis sich der Förderverein „Welzheimer Bahn” gründete und die anliegenden Gemeinden den touristischen Wert der Strecke erkannten. Nach unzähligen Arbeitsstunden freiwilliger Helfer fuhren im Jahr 2010 die ersten historischen Dampfzüge wieder bis nach Welzheim hinauf. Die Lokomotive an der Spitze ist ein Koloss, der zeigt, welche Kraft dafür notwendig ist, um die anspruchsvolle Strecke zu bewältigen. Im Innern steht der Heizer zwischen unzähligen Klappen, Hebeln und Rädern und schippt die Kohlen schwungvoll in die Glut.
Eine Stunde dauert die Fahrt – mit Unterbrechungen. Denn zwischen Schorndorf und Welzheim liegen viele Haltestationen, die sich für Wanderungen – unter anderem auf dem Planeten-, Mühlen- oder Limesweg – anbieten oder für Touren mit dem Rad. An einem Tag fährt der Zug dreimal hin und her, ideal um auszusteigen, sich umzuschauen und mit dem nächsten Zug weiterzufahren. Manche Fahrgäste legen auch eine Etappe zu Fuß zurück, zum Beispiel zwischen der Haltestelle Laufenmühle und Breitenfürst: Während oben auf der Kuppe die Lok vorbeizieht, klettern die Wanderer tief unten in der kühlen, feuchten Edenbachschlucht auf einem schmalen Pfad über Baumstämme und Holzstege.
An der Haltestelle Tannwald wurde für die Gäste der Waldbahn ein Biergarten samt Minigolf eingerichtet. Bereits vor der Abfahrt bietet es sich an in Schorndorf über den Marktplatz zu bummeln, Museen zu besuchen und zwischen Fachwerkhäusern dem Leben Gottlieb Daimlers nachzugehen. Sonntags gibt’s dazu Führungen, die sich mit der Waldbahn verbinden lassen.
Mit lautem Pfiff zurück nach Schorndorf
Das gilt auch für den Zielort Welzheim, wo der Arzt und Dichter Justinus Kerner Interessierte mit auf eine Schauspielführung durch die Stadt nimmt und das Ostkastell auf die Spuren der Römer führt. Programm für mehr als einen Tag. Doch um 17.35 Uhr ist Schluss, der letzte Zug startet in Welzheim. Wer kein Fahrrad für den Rückweg dabei hat, muss sich sputen. Und steht wieder im Waggon am Fenster, wenn sich die Bahn mit einem lauten Pfiff von Welzheim verabschiedet und über die Viadukte in Richtung Schorndorf schnauft.
Mit Märkten und Festen, geführten Wanderungen und Radtouren: Einmal im Jahr im September feiern die Gemeinden und Ausflugsziele zwischen Welzheim und Mainhardt den „Tag des Schwäbischen Waldes”. Dann sind auch die vielen Mühlen geöffnet und Besucher erleben, wie darin Öl gepresst und Holz gesägt wurde. Unterwegs kann man sich mit Räubervesper stärken, auf den Bauernmärkten einkaufen und Wein verkosten. Dabei kutschieren Oldtimerbusse und die Schwäbische Waldbahn Besucher von einer Attraktion zur anderen. Der nächste Tag des Schwäbischen Waldes wird am 15. September 2013 gefeiert. Informationen bei der Fremdenverkehrsgemeinschaft Schwäbischer Wald, Telefon: 07151- 5011376
Informationen
Die Schwäbische Waldbahn, fährt meistens an Sonn- und Feiertagen und transportiert auch Fahrräder. Die Homepage informiert über die Dampf- und Dieselfahrtage und die Ausflugsmöglichkeiten entlang der Strecke. Telefon: 07182-800815
Quelle:
Text im Original erschienen in „Baden-Württemberg erleben 2013” der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg. Autorin ist Claudia List.