„Wir wollen vermeiden, dass sich durch die Schiedsgerichte eine Privatisierung der Justiz durch die Hintertür ergibt“, sagte der Minister für Bundesrat, Europa und internationale Angelegen, Peter Friedrich, in Berlin.
Das Land Baden-Württemberg werde gemeinsam mit Bremen, der Freien und Hansestadt Hamburg, Niedersachsen sowie Rheinland-Pfalz am 11. Juli eine „Entschließung anlässlich des öffentliches Konsultationsverfahrens der Europäischen Kommission über die Modalitäten eines Investitionsschutzabkommens mit Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren im Rahmen der TTIP-Verhandlungen zwischen der EU und den USA“ (TOP 55) in den Bundesrat einbringen.
„Eine private Paralleljustiz in Form von Schiedsgerichten ist nicht notwendig, wenn sich zwei demokratische Industrienationen auf Augenhöhe begegnen“, stellte der Minister heraus. Der Bundesrat solle sich dafür einsetzen, dass bei Meinungsverschiedenheiten der reguläre - in demokratischen Staaten garantierte - Rechtsweg beschritten wird. Dadurch würden die Öffentlichkeit bei Schiedsstreitigkeiten und die Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter garantiert.
Aus Sicht Friedrichs hätten Klagen gegen Deutschland, wie die eines schwedischen Energieunternehmens wegen der Energiewende oder eines amerikanischen Unternehmens gegen Kanada wegen eines Moratoriums über die Ölförderung durch Fracking, die Frage aufgeworfen, ob nationale Gesetzgeber im Geltungsbereich derartiger Investitionsschutzabkommen überhaupt noch frei sind, im öffentlichen Gemeinwohlinteresse regelnd einzugreifen, ohne gleich verklagt zu werden. „Das Recht zur Gesetzgebung ist nicht verhandelbar“, betonte der Minister. Der Investitionsschutz müsse so gestaltet werden, dass auch in Zukunft weiter Gesetze zur Verbesserung bei Arbeitsschutz, Umweltschutz und Sozialstandards auf den Weg gebracht werden können. Um eine deutsche Zustimmung zu erreichen, müsse der Investitionsschutz unseren Rechtsstandards angepasst werden, stellte Friedrich heraus. Man dürfe die europäischen Standards nicht „als Verhandlungsmasse behandeln“.
„Es ist wichtig, während der Verhandlungen zu TTIP die politische Debatte anzustoßen“, stellte Friedrich fest. Die Bundesrats-Entschließung begrüße daher, dass die Europäische Kommission ein öffentliches Konsultationsverfahren über die Modalitäten eines Investitionsschutzabkommens mit Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren im Rahmen der Verhandlungen eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA durchgeführt hat. Dies sei ein wichtiger erster Schritt für die Beteiligung von Interessengruppen sowie einer breiteren Öffentlichkeit.
Gleichzeitig betonte Minister Friedrich, der zugleich Vorsitzender des EU-Ausschusses des Bundesrates ist, dass eine endgültige Entscheidung über die Aufnahme von Regelungen zum Investitionsschutz in ein Abkommen zwischen der EU und den USA erst nach Vorliegen der konkreten Verhandlungsergebnisse getroffen werden könne. Damit sei nicht vor Ende 2015 zu rechnen.
TTIP
Bei der Debatte um eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP) werden insbesondere die Vorschriften zum Schutz von Investitionen und zur Beilegung von Investor-Staat-
Streitigkeiten (Investor-to-State Dispute Settlement – ISDS) scharf kritisiert. Es werden negative Auswirkungen der Schiedsverfahren für demokratische Gesetzgebungsprozesse und staatliche Regulierung befürchtet. Die EU-Kommission
hat vor dem Hintergrund dieser Kritik im Januar 2014 die Verhandlungen zu diesem geplanten Teil des Abkommens ausgesetzt und Ende März 2014 ein öffentliches Konsultationsverfahren gestartet. Bis Anfang Juli 2014 können EU-weit interessierte Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Organisationen ihre Position zum Investorenschutz und der Investor-Staat-Streitbeilegung direkt bei der EU-Kommission einbringen.
Quelle:
Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund