Das Justizministerium Baden-Württemberg veranstaltet am kommenden Donnerstag um 17.00 Uhr in den Räumlichkeiten des Ministeriums eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Patient – Arzt – Haftpflichtversicherung: Der Arzthaftungsprozess auf dem Prüfstand“.
Ziel der Veranstaltung mit namhaften Vertretern der Ärzteschaft, der Versicherungswirtschaft und der Rechtswissenschaften ist es, zum Wohle der Patienten nach neuen Wegen für eine rasche und angemessene Entschädigung bei ärztlichen Behandlungsfehlern zu suchen. Dabei sollen insbesondere auch Haftungsmodelle aus dem europäischen Ausland in den Blick genommen werden. Medienvertreterinnen und Medienvertreter sind herzlich zur Teilnahme eingeladen.
„Arzthaftungsprozesse dauern in Deutschland in vielen Fällen sehr lange und belasten deshalb alle Beteiligten – nicht zuletzt natürlich die mutmaßlich geschädigten Patienten. Sie müssen oft lange Zeit durchhalten, bevor geklärt ist, ob sie eine Entschädigung bekommen. Häufig ziehen sich die Prozesse über mehrere Instanzen. Meist sind nach unserem Recht außerdem schwierige Beweisaufnahmen erforderlich, bevor das Gericht im jeweiligen Fall eindeutig entscheiden kann, ob Arzt oder Krankenhaus haften. Durch die Podiumsdiskussion erhoffe ich mir neue Ansätze und Ideen, um diese Situation zum Wohle der Patienten zu verbessern“, sagte Justizminister Rainer Stickelberger.
Stickelberger wies auf Modelle im europäischen Ausland hin, die auch Vorbild für Deutschland sein könnten. „In Österreich etwa gibt es neben der klassischen Arzthaftung seit ein paar Jahren die Möglichkeit, dass Patienten Geld aus einem Entschädigungsfonds erhalten. Dieser Fonds leistet Entschädigung auch in solchen Fällen, in denen eine Haftung des Arztes oder Krankenhauses nicht eindeutig gegeben ist. Ein solches Modell könnte langwierige Beweisaufnahmen und Gerichtsverfahren auch in Deutschland überflüssig machen“, erläuterte Stickelberger. Außerdem habe Schweden eine Patientenversicherung eingeführt. Der Versicherungsfall trete dort schon dann ein, wenn der Patient einen Schaden erleide. Dass ein Arzt für diesen Schaden hafte, sei nicht vorausgesetzt. „Die Patientenversicherung in Schweden wird sehr gut in Anspruch genommen und hat den klassischen Haftpflichtprozess weitgehend verdrängt – obwohl die Leistungen aus der Versicherung deutlich niedriger sind als die Entschädigung in einem gewonnen Haftpflichtprozess. Viele Patienten nehmen dies offenbar in Kauf, um ein langes Gerichtsverfahren zu vermeiden“, so Stickelberger.
Erwartete Diskussionsteilnehmer
Prof. Dr. Erwin Bernat von der Karl-Franzens-Universität Graz kann aus erster Hand über das österreichische Modell des Entschädigungsfonds berichten.
Prof. Dr. Markus W. Büchler ist seit Oktober 2001 Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Unfallchirurgie der Universität Heidelberg, seit März 2003 Geschäftsführender Ärztlicher Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg und war 2012 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Die Süddeutsche Zeitung urteilte im August 2011: „Aber auch ganz sachlich betrachtet ist Büchler derzeit Deutschlands erster Chirurg.“
Prof. Dr. Gerhard Wagner, LL.M. von der Humboldt-Universität zu Berlin ist einer der renommiertesten deutschen Haftungsrechtler und eine echte Koryphäe auf dem Gebiet der Arzthaftung. Er ist Mitglied der Ständigen Deputation des Deutschen Juristentages.
Stefan Löchner ist Abteilungsdirektor bei der Allianz-Versicherung AG in München und befasst sich seit vielen Jahren mit haftpflichtversicherungsrechtlichen Fragen. Im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. ist er Mitglied der Arbeitsgruppe Arzthaftpflicht Schaden.
Michael Lotz ist Leiter der Abteilung II des Justizministeriums, die unter anderem für Fragen aus dem Privatversicherungsrecht und Haftungsrecht zuständig ist. Er ist Mitglied der Ständigen Deputation des Deutschen Juristentages.
Moderiert wird die Podiumsdiskussion von Petra Klein vom Südwestrundfunk Stuttgart.