Das Kultusministerium hat jetzt neue Richtlinien für die Abiturprüfungen im Fach Mathematik erlassen, die ab dem Abiturjahrgang 2017 gelten werden. Sie regeln den Einsatz von Taschenrechnern angesichts der fortschreitenden technischen Entwicklungen neu.
Damit sollen für alle Abiturientinnen und Abiturienten der allgemein bildenden sowie der beruflichen Gymnasien künftig wieder dieselben Ausgangsbedingungen geschaffen und zusätzlich eine größere Sicherheit zur Verhinderung von Täuschungsfällen gewährleistet werden. „Die hochmodernen Taschenrechner bieten immer umfangreichere technische Möglichkeiten, so dass wir bei den künftigen Mathe-Prüfungen die gleichen Bedingungen für alle Abiturienten gewährleisten und für mehr Sicherheit sorgen müssen“, unterstreicht Kultusminister Andreas Stoch. Nach den neuen Richtlinien soll in der Abiturprüfung der allgemein bildenden und beruflichen Gymnasien ab 2017 ein wissenschaftlicher Taschenrechner (WTR) eingesetzt werden. Im Unterricht werden neben diesem WTR nach wie vor die bisher genutzten digitalen Hilfsmittel wie etwa graphikfähige Taschenrechner (GTR) oder Computer-Algebra-Systeme (CAS) eingesetzt, die bis 2016 für die Prüfungen zugelassen sind.
Chancengleichheit und Sicherheit der Prüfung
Das Kultusministerium will mit der neuen Regelung die Grundvoraussetzungen einer landesweit zentral gestellten Prüfung gewährleisten. Dazu gehören in erster Linie Chancengleichheit und Sicherheit der Prüfung. „Die Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre haben gezeigt, dass Leistung und Rechengeschwindigkeit digitaler Hilfsmittel je nach Hersteller und durch ständige Weiterentwicklung in immer kürzeren Abständen variieren. Wir können angesichts dieser Entwicklungen mit den GTR oder den CAS-Rechnern in naher Zukunft nicht mehr garantieren, dass alle Schüler ein Mathe-Abitur unter denselben Bedingungen bestreiten“, erläutert Stoch. Die Sicherheit der Prüfungen sei in Frage gestellt, da GTR und CAS nicht nur vorgefertigte Lösungswege abspeichern könnten. Der technische Fortschritt eröffne zudem ständig neue Kommunikations- und damit auch Täuschungsmöglichkeiten. Hierzu biete gerade das Internet vielfältige Ansätze. „Es liegt auf der Hand, dass wir die technischen Voraussetzungen für die Abiturprüfungen so gestalten müssen, dass keine Täuschung möglich ist“, unterstreicht Stoch. Die neue Regelung werde inzwischen von Hochschulen sehr begrüßt, betont Stoch. Schließlich erwarteten sie von den Abiturienten vor allem mathematische Grundkenntnisse und Fertigkeiten und weniger den Umgang mit technischen Geräten.
Weiterentwicklungen von Prüfungsformaten
Der Bildungsplan 2004 des allgemein bildenden Gymnasiums bleibt trotz der neuen Regelung unverändert gültig. Bei den beruflichen Gymnasien wird es eine geringfügige inhaltliche Anpassung des Lehrplans im Fach Mathematik für die Umsetzung der Bildungsstandards geben. Hilfsmittel wie GTR und CAS können weiterhin im Unterricht eingesetzt werden. Daneben wird in der Oberstufe der WTR zum Einsatz kommen, um insbesondere auf Klausuren und Prüfung vorzubereiten. Das Ministerium verweist darauf, dass es im Fach Mathematik wie in jedem anderen Prüfungsfach selbstverständlich sei, nicht alle im Unterricht eingesetzten Hilfsmittel auch in der Prüfung verwenden zu dürfen. Die am allgemein bildenden Gymnasium seit 2004 entwickelte Prüfungskultur wird ebenfalls fortgeführt: Die in den vergangenen Jahren entwickelten Aufgabentypen in Pflicht- und Wahlteil bleiben bestehen, Format und Zuschnitt werden aber an die neuen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Hilfsmittel angepasst. Entsprechendes gilt auch für die beruflichen Gymnasien. Hier wird zudem die Prüfungsstruktur angepasst. Weiterentwicklungen von Prüfungsformaten gibt es in vielen Prüfungsfächern. Die Schulen, Lehrerinnen und Lehrer werden auch jetzt durch Handreichungen und Musteraufgaben auf diese neuen Prüfungsaufgaben vorbereitet. Das Kultusministerium wird Eltern, Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte über die genauen Planungs- und Umsetzungsschritte informieren.
Unterschiede an allgemein bildenden und beruflichen Gymnasien
Bisher haben die Abiturprüfungen im Fach Mathematik an den allgemein bildenden und beruflichen Gymnasien eine unterschiedliche Grundstruktur: An den allgemein bildenden Gymnasien ist der „Pflichtteil“ ohne Hilfsmittel zu bearbeiten, der „Wahlteil“ kann mit Hilfsmitteln bearbeitet werden. In letzterem können die Schülerinnen und Schüler neben einer Formelsammlung einen GTR oder an manchen Schulen ein CAS einsetzen. Die Aufgaben des Wahlteils gibt es als GTR- und CAS-Versionen. Bereits heute enthalten auch die Aufgaben im „Wahlteil“ eine Vielzahl an Aufgabenstellungen, bei denen zur Bearbeitung ein WTR ausreichend ist. An den beruflichen Gymnasien kann bisher für die gesamte Prüfung eine Formelsammlung und ein GTR verwendet werden. Schulen, die am Schulversuch CAS teilnehmen, verwenden statt des GTR einen solchen Rechner in der Prüfung. Für die beiden unterschiedlichen elektronischen Geräteklassen gibt es unterschiedliche Prüfungen. An den allgemein bildenden Gymnasien wurden GTR zu Beginn des Schuljahres 2001/2002 landesweit für die damalige Klassenstufe 11 eingeführt, an den beruflichen Schulen wurden GTR und CAS erstmalig im Schuljahr 1999/2000 eingesetzt.