Der Bundestag hat am Donnerstagabend (31. Januar 2013) ein Gesetz beschlossen, mit dem der Schutz der Erbrechte nichtehelicher Kinder verbessert wird. Das Gesetz geht zurück auf eine Initiative Baden-Württembergs. „Es ermöglicht, vorhandene Informationen über nichteheliche Kinder für Nachlassverfahren zu sichern“, sagte Justizminister Rainer Stickelberger am Freitag (1. Februar 2013) in Stuttgart: „Für nichteheliche, erbberechtigte Kindern ist nun endlich gewährleistet, dass sie ihre Erbrechte auch geltend machen können.“
Das Gesetz sieht vor, dass bislang auf sogenannten weißen Karteikarten vorhandene Informationen über nichteheliche Kinder für Nachlassverfahren elektronisch erfasst und in das Zentrale Testamentsregister bei der Bundesnotarkammer aufgenommen werden. Damit ist sichergestellt, dass ein Nachlassgericht nach dem Tod der Eltern verlässlich über die Existenz der betroffenen nichtehelichen und erbberechtigten Kinder informiert wird. „Ob nun ehelich oder nichtehelich - Kindern steht ein gesetzliches Erbrecht zu“, stellte der Justizminister fest. „Dass ihr Erbrecht auch praktisch durchgesetzt wird, ist für mich eine Frage der Gerechtigkeit.“
Im Laufe der vergangenen Jahre und Jahrzehnte hat sich die erbrechtliche Position für die nichtehelichen Kinder nach und nach verbessert, auch die Regeln zur Dokumentation der Verwandtschaftsbeziehungen veränderten sich: Kinder, die seit dem 1. Januar 2009 zur Welt kommen, werden wie eheliche Kinder in das Geburtsregister beider Elternteile eingetragen. Darauf kann ein Nachlassgericht im Erbfall zugreifen. Für nichteheliche Kinder, die zwischen 1970 und 2008 geboren wurden, ist dies jedoch nicht gewährleistet. Denn ihre Daten wurden zwar auf weißen Karteikarten festgehalten, die in den Testamentskarteien beim Geburtsstandesamt der Eltern aufbewahrt werden. Die „Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden“, auf der das Führen der weißen Karteikarten und die Weitergabe der Angaben über nichteheliche Kinder an die Nachlassgerichte beruhte, ist jedoch seit März 2010 außer Kraft.
„Seither bestand die Gefahr, dass Daten verloren gehen“, erklärte Stickelberger: „Deshalb war die gesetzliche Regelung so wichtig - und das für bundesweit mindestens 2,6 Millionen erbberechtigte nichteheliche Kinder. Es geht darum, ob in über 5 Millionen Nachlassverfahren richtige oder falsche Erbscheine erteilt werden und ob nichteheliche Kinder am Verfahren beteiligt werden, was ihnen gesetzlich zusteht. Die Rechte nichtehelicher Kinder dürfen nicht nur auf dem Papier stehen. Das muss uns etwas wert sein.“
Außerdem werden rund 5.000 Standesämter von der Aufgabe der dauerhaften manuellen Weiterbearbeitung der Daten entlastet. Bezieht man die kommunalen Haushalte mit ein, vermeidet die öffentliche Hand durch eine einmalige Ausgabe von rund 760.000 Euro Mehrkosten von über 30 Millionen Euro. Die gesetzgeberische Umsetzung wurde erst möglich, nachdem die Justizministerinnen und Justizminister der Länder signalisiert hatten, dass sich die Länder an den Kosten des Vorhabens beteiligen könnten. Der Bundestag hat das Gesetz gestern Abend über alle Fraktionsgrenzen hinweg einstimmig angenommen.
Weitere Informationen:
Das Zentrale Testamentsregister ist am 1. Januar 2012 in Betrieb gegangen. Dort wird für das gesamte Bundesgebiet zentral erfasst, wenn Testamente oder Erbverträge bei Nachlassgerichten oder Notaren hinterlegt werden. Im Todesfall geht eine Benachrichtigung des jeweils zuständigen Standesamts an das Testamentsregister, und die Datenbank wird nach Testamenten oder Erbverträgen durchsucht. Existiert eine Urkunde, wird sowohl das Nachlassgericht informiert als auch das jeweilige Amtsgericht oder der Notar, bei dem die Urkunde verwahrt wurde. Dieses zeitgemäße elektronische Benachrichtigungsverfahren und die Einrichtung des Zentralen Testamentsregisters beruhen ebenfalls auf einer Initiative des Justizministeriums Baden-Württemberg.
Die Bundesnotarkammer ist bereit, die Daten nichtehelicher Kinder bei den Standesämtern abzuholen, zu digitalisieren und in das Zentrale Testamentsregister aufzunehmen. Die weißen Karteikarten können in einem Arbeitsgang mit den Verwahrungsnachrichten überführt werden, deren elektronische Erfassung bereits 2010 geregelt wurde und die demnächst beginnt. Nur dadurch wird es möglich, die elektronische Erfassung der Daten nichtehelicher Kinder kostengünstig und effizient zu realisieren. Das Vorhaben wird die Länder nach Schätzungen rund 515.000 Euro kosten. Eine gesetzliche Regelung zur dauerhaften Fortsetzung des Benachrichtigungsbetriebs durch die Standesämter hätte im Vergleich zur jetzt beschlossenen Lösung zu Mehrkosten von über 30 Millionen Euro geführt.