„Die Gedenkveranstaltung erinnert an die Deportationen der Sinti und Roma aus Baden-Württemberg. Insgesamt wurden unter der Nationalsozialistischen Herrschaft rund 500.000 Sinti und Roma ermordet. Dieses unfassbare Verbrechen erinnert uns daran, was menschenverachtender Hass anrichtet“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann in Stuttgart anlässlich des Empfangs der Landesregierung in Zusammenarbeit mit dem Verband Deutscher Sinti und Roma – Landesverband Baden-Württemberg e.V. zum 70. Jahrestag der Deportation von Sinti und Roma aus Baden-Württemberg nach Auschwitz. „Wir dürfen dabei nicht so tun, als sprächen wir hier nur über Vergangenes. Ausgrenzung und Diskriminierung von Sinti und Roma aufgrund von Ressentiments und Vorurteilen sind auch heute europäische und leider auch deutsche Realität“, betonte Kretschmann.
Sinti und Roma seien seit Jahrhunderten Teil unserer deutschen und europäischen Geschichte und Teil unserer gemeinsamen Zukunft. Um jeglicher Diskriminierung von Angehörigen von Sinti und Roma entgegenzuwirken und um die Anerkennung und gemeinsame Zusammenarbeit weiter zu stärken, wird derzeit ein Staatsvertrag zwischen dem Land und dem Verband Deutscher Sinti und Roma Baden-Württemberg vorbereitet, so Kretschmann. „Wir wollen dem Vertrag mit dem Landesverband durch Landesregierung und Landtag Gesetzeskraft verleihen, mit der das gesellschaftliche Miteinander und die Beachtung der kulturellen Identität von Sinti und Roma in Baden-Württemberg gesichert und gestärkt wird“, kündigte der Ministerpräsident an.
Daniel Strauß, Vorsitzender des Verbands Deutscher Sinti und Roma – Landesverband Baden-Württemberg e.V., dankte dem Ministerpräsidenten: „Es hat 37 Jahre gedauert, bis der Völkermord an den Sinti und Roma im Jahre 1982 durch den damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt anerkannt wurde. Weitere dreißig Jahre vergingen, bis im Oktober letzten Jahres, das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas, durch die Bundeskanzlerin, der Öffentlichkeit übergeben wurde. Siebzig Jahre nach der Deportation der Sinti und Roma aus Baden-Württemberg nach Auschwitz, gibt es erstmals in dieser Form, eine würdige Gedenkveranstaltung. Im Jahre 2013, 605 Jahre nach der ersten urkundlichen Erwähnung, am 20. September 1407, soll ein Staatsvertrag erarbeitet werden, der die baden-württembergischen Sinti und Roma neben den nationalen Minderheiten, der Dänen, Friesen und Sorben gleichstellt. Mit dem geplanten Staatsvertrag soll erstmals nicht nur der Status Quo aufrecht erhalten, sondern für Deutschland beispielhaft und zukunftsgerichtet, die Minderheitenkultur gestärkt und gefördert werden. Dies kann auch ein politisches Signal in die europäische Gemeinschaft sein, die Minderheitensituation der Roma in ihren Heimatländern zu stärken und zu sichern.“
Weitere Informationen
Die Gedenkveranstaltung erinnert an die Deportationen der Sinti und Roma aus Baden-Württemberg: Am 15. März 1943 verließ ein erster Deportationszug mit 211 Sinti aus Württemberg und 22 Sinti aus Baden den Stuttgarter Nordbahnhof. Insgesamt wurden bei den März-Deportationen 456 Sinti aus 52 Orten in Baden-Württemberg und deutschlandweit 12.000 Sinti und Roma in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert.
Vor der Gedenkfeier fand ein ökumenischer Gottesdienst von der Landeskirchen in der Domkirche St. Eberhard in Stuttgart statt.