Der Bundespräsident zu Besuch in der Länderkammer. Initiativen Baden-Württembergs zum Fluglärm, zum Erfordernis einer Regionalisierungskomponente für die Ausschreibung bei Wind an Land und zur Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge.
Der baden-württembergische Bundesratsminister Peter Friedrich stellte am Donnerstag in Berlin die Tagesordnung der bevorstehenden Sitzung des Bundesrates vor.
Ansprache des Bundespräsidenten
Anlässlich des Jubiläums "25 Jahre 16 Länder im Bundesrat" erwartet die Länderkammer hohen Besuch: Bundespräsident Joachim Gauck. Zum ersten Mal in der Geschichte des Bundesrates wird ein Bundespräsident im Plenum eine Rede halten.
Gesetzesbeschlüsse
Nachdem der Bundestag am 6. November entschieden hat, dass organisierte Sterbehilfe in Deutschland nicht erlaubt sein soll, wird sich nun der Bundesrat mit dem Gesetz befassen (TOP 9). Nach diesem Gesetz wird die auf Wiederholung angelegte Hilfe bei der Selbsttötung unter Strafe gestellt. Einzelfallentscheidungen von Ärzten, die Hilfe zum Suizid leisten, sollten aber straffrei bleiben. Alle beteiligten Bundesratsausschüsse empfehlen keine Anrufung des Vermittlungsausschusses. Es liegt jedoch ein Entschließungsantrag von Niedersachsen, Hamburg und Thüringen vor, wonach klargestellt werden soll, dass man die Intention des Gesetzes so verstehe, dass Ärzte nicht krimi-nalisiert werden sollten – auch wenn die ärztliche Tätigkeit als eine geschäftsmäßige eingestuft würde. Baden-Württemberg unterstützt diese Entschließung.
Auf der Tagesordnung der 939. Bundesratssitzung stehen zudem zwei Gesetze aus dem Gesundheitsbereich: das Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (TOP 4) und das Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland (TOP 5). Wesentliche Inhalte des Krankenhausstrukturgesetzes sind zum einen mehr Geld für die Pflege im Krankenhaus sowie Qualität als Maßstab für die Krankenhausplanung und -finanzierung. So sollen von 2016 bis 2018 Fördermittel von bis zu 660 Millionen Euro für die Pflege bereitgestellt werden. Ab 2019 stehen dauerhaft bis zu 330 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Über finanzielle Zuschläge bzw. Abschläge sollen Anreize für mehr Qualität gesetzt werden. Baden-Württemberg hatte sich im Bundesrat am 10. Juli 2015 insbesondere für den Erhalt des Versorgungszuschlages eingesetzt. Ab 2017 wird dieser nun durch einen Pflegezuschlag in gleicher Höhe ersetzt. Die 500 Millionen Euro sollen künftig verstärkt den Einrichtungen zu Gute kommen, die kein Personal abgebaut haben und dieses anständig bezahlen - und nicht mehr mittels Gießkannenprinzip über Häuser hinweg verteilt werden.
Das Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung sieht vor, die Palliativversorgung als ausdrücklichen Bestandteil der Regelversorgung in die gesetzliche Krankenversicherungsleistung aufzunehmen. Die Sterbebegleitung wird expliziter Versorgungsauftrag der sozialen Pflegeversicherung. Darüber hinaus soll die Palliativversorgung im Rahmen der häuslichen Krankenpflege gestärkt werden, indem Pflegedienste mehr Leistungen abrechnen können. Es ist davon auszugehen, dass beide Gesetze mehrheitlich gebilligt werden. Baden-Württemberg wird der Empfehlung „keine Anrufung des Vermittlungsausschusses“ bei beiden Gesetzen folgen.
Der Bundesrat befasst sich zudem mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Doping im Sport (TOP 33). Das Anti-Doping-Gesetz bündelt die bisher in verschiedenen Gesetzen enthaltenen Vorschriften und begründet neue Straftatbestände. Danach soll u.a. der Handel mit Dopingmitteln sowie Erwerb oder Besitz entsprechender Substanzen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden. Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren soll zum Beispiel bestraft werden, wer durch Doping die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet. Bereits im Jahr 2013 hatte sich der Bundesrat für einen Gesetzentwurf Baden-Württembergs ausgesprochen, der die Bestrafung von Spitzensportlern wegen Dopings ermöglichen soll. Der nun vorliegende Gesetzesbeschluss des Bundestages hat zentrale Elemente des baden-württembergischen Vorschlags für einen effektiven Kampf gegen das Eigendoping von Spitzensportlern aufgegriffen, insofern findet dieses Vorhaben die volle Unterstützung Baden-Württembergs.
Länderinitiativen
Baden-Württemberg bringt gemeinsam mit Hessen und Rheinland-Pfalz einen Gesetzentwurf zum besseren Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm ein. Gegenstand des Gesetzentwurfes ist die Änderung des § 29 b Absatz 2 Luftverkehrsgesetz mit dem Ziel, generell den Fluglärmschutz insbesondere bei der Erarbeitung und Festlegung von Flugverfahren im Rahmen der Abwägung angemessen zu berücksichtigen. Gleichzeitig sollen die von neuen oder geänderten Flugrouten betroffenen Anwohner früher informiert werden und sich auch in das Festlegungsverfahren einbringen können. Die Initiative soll am Freitag vorgestellt und dann zur Beratung an die Ausschüsse überwiesen werden.
Zudem bringt Baden-Württemberg eine Entschließung zur Einführung einer Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge, die zur Pflege von Streuobstwiesen und für andere landschaftspflegerische Maßnahmen eingesetzt werden (TOP 17), ein. Bislang sind nur bestimmte Fahrzeuge, die ausschließlich in land- und fortwirtschaftlichen Betrieben genutzt werden, von der Kfz-Steuer befreit. In Baden-Württemberg werden zum Beispiel über 50 Prozent der rund 116.000 Hektar Streuobstwiesen von privaten Stücklesbesitzern bewirtschaftet. Auch diese Personengruppe, die sehr viel für den Erhalt der Streuobstwiesen leistet, soll von der Steuerbefreiung für entsprechende Fahrzeuge profitieren können. Bei der Kraftfahrzeugsteuer handelt es sich seit dem 1. Juli 2009 um eine reine Bundessteuer, insofern bedarf es der Änderung der bundesgesetzlichen Regelung. Auch diese Initiative wird nach der Vorstellung im Plenum an die Ausschüsse zur weiteren Beratung überwiesen.
Bei der Entschließung zum Erfordernis einer Regionalisierungskomponente für die Ausschreibung bei Wind an Land sind die Ausschussberatungen dagegen abgeschlossen. Die Initiative fordert die Einführung einer Regionalisierungskomponente bei der geplanten Überführung der Förderung von Erneuerbaren Energien in ein Aus-schreibungsmodell. Um einerseits einen hohen Wettbewerb sicherzustellen und andererseits den Ausbau von Wind an Land auch im Süden bzw. an Binnenstandorten zu ermöglichen, bedarf es einer Mindestquote, da sonst in einer Auktion die windhöffigeren Standorte bevorzugt und Binnenstandorte benachteiligt werden. Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, eine solche Regionalisierungskomponente einzuführen, die in Einklang mit dem geplanten Netzausbau steht und einen deutschlandweiten Ausbau der Windenergie ermöglicht. Im Rahmen der Ausschussberatungen wurde eine Kompromisslinie erarbeitet, wonach die Entschließung auch die Anliegen der norddeutschen Länder berücksichtigt. Baden-Württemberg spricht sich dafür aus, die Entschließung mit der Maßgabe dieser Änderung zu fassen.
Quelle:
Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund