Die baden-württembergische Ministerin für Integration, Bilkay Öney (SPD), hat heute in Stuttgart gegenüber der Landespresse ihre Vorstellungen für eine moderne und nachhaltige Integrationspolitik in Baden-Württemberg erläutert.
Mit 1,28 Millionen Ausländern und 2,7 Millionen Einwohnern mit Migrationshintergrund ist Baden-Württemberg in Deutschland das Bundesland mit dem höchsten Migrantenanteil. „Die Zahlen stellen uns vor eine Herausforderung“, so Ministerin Öney. Der Integrationspolitik komme deshalb ein hoher Stellenwert zu. Integration sei eine gesamtstaatliche Aufgabe, die in alle gesellschaftlichen Bereiche hineinwirke. „Das neue Ministerium für Integration will den Integrationsprozess in Baden-Württemberg mit eigenen Initiativen gestalten, aber auch Einfluss auf die Integrationspolitik des Bundes nehmen“, betonte die Ministerin. Dem Dialog mit den maßgeblichen Organisationen und Verbänden sowie öffentlichen Institutionen messe sie ganz besondere Bedeutung zu.
„Die Migranten haben Anspruch auf gesellschaftliche Solidarität. Ohne eigene Anstrengungen kann Integration aber nicht gelingen“, sagte die Ministerin. Von den Migranten erwarte sie insbesondere, dass sie die bestehenden Sprach- und Bildungsangebote annehmen. Sprache und Bildung seien der Schlüssel für Chancengerechtigkeit und beruflichen Aufstieg.
Ministerin Öney: „Wir dürfen nicht zulassen, dass Migranten den Anschluss an die Gesellschaft verlieren, weil sie nicht ausreichend Deutsch sprechen, eine ungenügende Schulausbildung haben und deshalb keine qualifizierte Arbeit finden.“ Der sich abzeichnende Mangel an Fachkräften in technischen und sozialen Berufen erfordere, in die Köpfe der Migranten zu investieren. Gut ausgebildete Migranten würden immer mehr zu einem Standort- und Wettbewerbsfaktor. „Jeder Euro, der in wirksame Integration investiert wird, ist gut angelegt“, so die Ministerin. Die Bertelsmann Stiftung habe die Kosten unzureichender Integration in einer Studie aus dem Jahr 2008 auf deutschlandweit jährlich bis zu 15,6 Milliarden Euro beziffert.
Ministerin will Landesanerkennungsgesetz auf den Weg bringen
Kritisch bewertete Ministerin Öney die nach wie vor bestehenden Hürden bei der Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen. Sie würden bei den betroffenen Menschen den Integrationsprozess erheblich beeinträchtigen. Sobald das Anerkennungsgesetz des Bundes verabschiedet sei, werde ihr Ministerium ein Landesanerkennungsgesetz für die in die Landeszuständigkeit fallenden Berufe, insbesondere Ingenieurs- und Erziehungsberufe sowie Lehrkräfte, auf den Weg bringen.
Ein besonderes Problem sieht Ministerin Öney in der offenen und verdeckten Diskriminierung von Migranten und anderen Minderheiten. Der Integrationsprozess müsse deshalb zwingend von Maßnahmen zur Antidiskriminierung begleitet werden. Sie selber beabsichtige, in ihrem Ministerium eine zentrale Anlaufstelle einzurichten, die Fälle von Diskriminierung aufspürt und erfasst.
Nach Angaben der Ministerin gibt es bislang keine verlässlichen Erkenntnisse zu der Frage, wie die Menschen in Baden-Württemberg die Migration bewerten. Ein Forschungsauftrag, den ihr Ministerium vergeben will, soll hier „Licht ins Dunkel“ bringen und eine Debatte über das Zusammenleben verschiedener Kulturen und Religionen anstoßen. Stärker als bisher sollen die Wünsche und Bedürfnisse der Mehrheitsgesellschaft berücksichtigt werden.
Einbürgerungskampagne geplant
„Integration muss zu einem Markenzeichen eines weltoffenen Baden-Württemberg werden“, sagte die Ministerin. Mit einem Bündel von Maßnahmen will ihr Ministerium den Migrantinnen und Migranten signalisieren, dass sie im Land willkommen sind. An erster Stelle stehen Initiativen für ein liberales Einbürgerungsrecht, ein unbürokratischeres Einbürgerungsverfahren sowie eine gemeinsame Einbürgerungskampagne des Ministeriums für Integration und der Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, Gisela Erler.
Zu einem weltoffenen Baden-Württemberg gehört auch, dass sich die kulturelle und sprachliche Vielfalt im öffentlichen Dienst widerspiegelt. Das Ministerium für Integration wird deshalb auf einen höheren Anteil von Migrantinnen und Migranten in der Verwaltung des Landes hinwirken und plant in einem ersten Schritt eine gemeinsame Kampagne mit dem Innenministerium. „Von dieser Kampagne können auch Impulse für kommunale Initiativen ausgehen“, so Öney.
Die Kommunen leisten einen wichtigen Beitrag zur Integration. Zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden wird das Ministerium für Integration ausloten, wie die Rahmenbedingungen für die kommunale Integrationsarbeit verbessert werden können. Vorstellbar sei, dass die Kommunen durch eine Änderung des Fördersystems mehr gestalterische Freiheit für ihre Integrationsarbeit bekommen. Davon könnten auch die kommunalen Partner wie Kirchen und Wohlfahrtsverbände profitieren.
Quelle:
Ministerium für Integration Baden-Württemberg