Bundesrat

Bundesrat berät wichtige Vorhaben der Bundesregierung

Gebäude des Bundesrats (Foto: © Bundesrat)

Bundesratsminister Peter Friedrich stellte in Berlin die Tagesordnung der bevorstehenden 930. Sitzung des Bundesrates vor. Wichtige Themen sind unter anderem die Tarifeinheit, die Frauenquote und die Einführung einer Pkw-Maut.

Gesetzentwürfe der Bundesregierung

Auf der Tagesordnung der ersten Plenarsitzung des Jahres steht eine Reihe von wichtigen und vieldiskutierten Vorhaben der Regierungskoalition. Dazu zählt der Entwurf eines Gesetzes zur Tarifeinheit (TOP 10). Ziel des Gesetzentwurfes ist es, Tarifkollisionen zu vermeiden. Dazu schreibt der Gesetzentwurf fest, dass im Streitfall nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern gilt. In den Ausschüssen wurden auch verfassungsrechtliche Bedenken erörtert, entsprechende Anträge haben jedoch keine Mehrheit gefunden. Die Empfehlung für das Plenum lautet daher „keine Einwendungen“. Die Meinungsbildung zu diesem Votum ist noch nicht abgeschlossen. 

Der nächste Tagesordnungspunkt ist ebenso von besonderer politischer Bedeutung – der Entwurf eines Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (TOP 11).

Mit dem Gesetzentwurf soll die sogenannte Frauenquote eingeführt werden. Sie soll im Wesentlichen in drei Bereichen Anwendung finden: Für die Aufsichtsräte von börsennotierten und voll mitbestimmungspflichtigen Unternehmen ist ab dem 1. Januar 2016 eine feste Quote in Höhe von 30 Prozent vorgesehen. Die mittelgroßen Unternehmen, die mitbestimmungspflichtig oder börsennotiert sind, sollen sich selbst Zielvorgaben für den Anteil von Frauen in Vorstand, Aufsichtsrat und den obersten zwei Managementebenen setzen (sogenannte Flexiquote). Die gesetzlichen Regelungen für den öffentlichen Dienst des Bundes (Bundesgremienbesetzungsgesetz und Bundesgleichstellungsgesetz) sollen ebenfalls novelliert werden und die Vorgaben zur Geschlechterquote und zur Festlegung von Zielgrößen in der Privatwirtschaft im Wesentlichen widerspiegeln. Die Länderkammer muss nun darüber entscheiden, ob sie der Empfehlung „keine Einwendungen“ zu erheben folgt oder die Forderungen der Ausschüsse unterstützt, die weitergehende Regelungen bei der Einführung der Frauenquote zum Inhalt haben. So wird u.a. gefordert, die Quote auf 40 Prozent zu erhöhen – wie es bereits im Rahmen einer Bundesratsinitiative in der letzten Legislaturperiode verlangt worden war. Baden-Württemberg unterstützt die Stellungnahme. 

Ein weiteres Thema, das bereits umfangreiche Debatten ausgelöst hat, ist der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen in Verbindung mit dem Entwurf eines Zweiten Verkehrssteueränderungsgesetzes (TOP 14 a und b). Beides sind Einspruchsgesetze, der Bundesrat hat Gelegenheit hierzu Stellung zu nehmen. Im Kern geht es um die Einführung einer Infrastrukturabgabe (Maut) ab 1.1.2016 und die Kompensation der Infrastrukturabgabe für inländische Fahrzeughalter über die Kraftfahrzeugsteuer. Der federführende Verkehrsausschuss empfiehlt die „Ablehnung des Gesetzentwurfes“. Begründet wird die Ablehnung vor allem damit, dass nach wie vor Zweifel hinsichtlich der EU-Rechtskonformität bestehen und das Verhältnis von Aufwand und Ertrag die vorgeschlagenen Regelungen nicht rechtfertigen. Im Finanzausschuss wurde dagegen „keine Einwendungen“ empfohlen. Zum Verkehrssteueränderungsgesetz empfehlen alle Ausschüsse eine kritische Stellungnahme. Darin werden u.a. Zweifel dargelegt, ob die gleichzeitige Einführung einer Infrastrukturabgabe (Maut) und eines Freibetrags bei der Kfz-Steuer mit europäischem Recht vereinbar ist. Zudem lasse der Saldo keine nennenswerten Mehreinnahmen erwarten. Baden-Württemberg schließt sich den kritischen Stellungnahmen an. 

Aus dem Gesundheitsbereich liegen ebenfalls zwei bedeutende Gesetzentwürfe vor, zu denen der Bundesrat voraussichtlich umfangreiche Stellungnahmen abgeben wird. Zum einen geht es um den Entwurf eines Präventionsgesetzes (TOP 15). Ziel des Gesetzentwurfes ist es, die Gesundheitsförderung und Prävention insbesondere in den Lebenswelten der Bürgerinnen und Bürger zu stärken, die Leistungen der Krankenkassen zur Früherkennung von Krankheiten weiterzuentwickeln und das Zusammenwirken von betrieblicher Gesundheitsförderung und Arbeitsschutz zu verbessern. Zu diesem Zweck sollen zukünftig 490 Millionen Euro von den Krankenkassen (neu: 7 Euro je Versicherter, statt bislang: 3,09 Euro) und 21 Millionen Euro von den Pflegekassen für die Prävention investiert werden. Baden-Württemberg unterstützt im Wesentlichen die von den Ausschüssen empfohlene Stellungnahme, die aber überwiegend als fachlich einzustufen ist.

Auch zum Entwurf des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes (TOP 16) wird der Bundesrat voraussichtlich eine sehr umfangreiche Stellungnahme abgeben. Der Gesetzentwurf soll die mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz vom 22.12.2011 begonnenen Maßnahmen für ein stabiles, zukunftsfähiges soziales Krankenversicherungssystem weiterentwickeln und neue Instrumente einführen. Unter anderem sollen regionale Erfordernisse und Gegebenheiten, z. B. durch weitere Anreize zur Niederlassung in unterversorgten und strukturschwachen Gebieten, stärker Berücksichtigung finden. Weitere Maßnahmen sehen einen bedarfsgerechteren Zugang zur Versorgung – u.a. zur Verkürzung der Wartezeiten auf Facharzttermine – vor. Auch die wiederholt kritisierten Regressforderungen der Kranken- und Pflegekassen gegenüber freiberuflich tätigen Hebammen sollen beschränkt werden und vieles mehr. Bis auf die Punkte in der Stellungnahme, die sich auf Fragen der Hochschulambulanzen und deren Honorierung sowie die angemessene Berücksichtigung von Forschung und Lehre beziehen, sind die Empfehlungen zum Gesetzentwurf als ausschließlich fachlich einzustufen. 

Außerdem liegt dem Bundesrat der Entwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung (TOP 17) zur Beratung vor. Es handelt sich um ein Einspruchsgesetz. Das Gesetz zielt – entsprechend der Begründung – einerseits darauf ab, die Rechtsstellung derjenigen zu stärken, die auch ohne einen rechtmäßigen Aufenthalt anerkennenswerte Integrationsleistungen erbracht haben oder die schutzbedürftig sind. Ihnen soll der Daueraufenthalt ermöglicht werden. Andererseits ist der Entwurf darauf gerichtet, verstärkt den Aufenthalt von Personen, denen unter keinem Gesichtspunkt ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland zusteht, wieder zu beenden und deren vollziehbare Ausreisepflicht, gegebenenfalls auch zwangsweise, durchzusetzen. Die beteiligten Bundesratsausschüsse empfehlen überwiegend zahlreiche Detailänderungen. Dazu gehören u.a. Themen wie der Anspruch auf Integrationskurse, der Wegfall des Sprachnachweises für nachreisende Ehepartner und Verbesserungen hinsichtlich der Regelungen für von Menschenhandel Betroffene. Baden-Württemberg unterstützt diese Empfehlungen weitestgehend, zu einzelnen Punkten läuft die landesinterne Abstimmung jedoch noch. Zudem wird Baden-Württemberg gemeinsam mit Rheinland-Pfalz und voraussichtlich weiteren Ländern einen Plenarantrag einbringen, der die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für jugendliche oder heranwachsende geduldete Ausländerinnen und Ausländer gewährt, die sich in Ausbildung befinden oder über die Zusage einer Ausbildung verfügen. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wäre dies ein wichtiger Schritt, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und zugleich die Integration der Betroffenen durch eine qualifizierte Beraufsausbildung in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft zu fördern. 

Die Länderkammer wird zudem den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes beraten (TOP 20). Die Gesetzesvorlage sieht für das Jahr 2015 Zuweisungen an die Länder für den ÖPNV in Höhe von insgesamt 7,408 Mrd. Euro vor. Der Regierungsentwurf weicht damit erheblich von den in einem Gesetzesentwurf des Bundesrates zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes beschriebenen Forderungen der Länder ab - nicht zuletzt in der Höhe des vom Bund zu leistenden Ausgangsbetrages sowie der Höhe der jährlichen Dynamisierung dieses Betrages. Verkehrs- und Finanzausschuss fordern daher, den Regierungsentwurf durch den Entwurf des Bundesrates zu ersetzen. Es ist davon auszugehen, dass die Mehrheit im Plenum dieser Empfehlung für eine Stellungnahme folgen wird. 

Gesetzesbeschlüsse des Bundestages

Bereits vom Bundestag beschlossen und daher zur abschließenden Behandlung im Bundesrat stehen u.a. Gesetze zur Bundesdatenschutzaufsicht (TOP 2), zur Änderung des Fahrpersonalgesetzes, welches die Ahndung von Verstößen gegen die vorgeschriebenen Pausen für Lkw- und Busfahrer zum Gegenstand hat (TOP 4) oder die Änderung des Klimaschutz-Protokolls von Kyoto (TOP 6) an. Der Bundesrat wird die Beschlüsse voraussichtlich billigen.  

EU-Vorlagen

Hervorzuheben ist die Mitteilung der Kommission zur Investitionsoffensive für Europa (TOP 34). Beabsichtigt ist die Gründung eines mit öffentlichen Mitteln garantierten neuen Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI). Grundlage bilden eine Garantie in Höhe von 16 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt und weitere 5 Mrd. Euro, die von der EIB bereit-gestellt werden. Der Fonds soll in den kommenden drei Jahren (2015 – 2017) zusätzliche Investitionen in Höhe von mindestens 315 Mrd. Euro mobilisieren. Damit die Investitionen dorthin fließen, wo sie am dringendsten benötigt werden, wird eine Projekt-Pipeline in Verbindung mit einem Hilfsprogramm geschaffen. Die Kommission erwartet eine intensive Beteiligung verschiedener Akteure (Mitgliedstaaten, nationale Förderbanken und private Investoren). 

Die Ausschüsse empfehlen hierzu eine Stellungnahme, in der zum einen das bisherige Verfahren kritisiert und auf eine rechtzeitige und umfassende Beteiligung der Länder hingewiesen wird. Zudem wird dargelegt, dass die Verwendung von Horizont 2020-Mittel i.H.v. 2,7 Mrd. Euro zur anteiligen Finanzierung des EFSI abgelehnt wird und Investitionen in forschungsbasierte Projekte Schwerpunkt der EFSI-Finanzierung bilden müssen. Der zugehörige Vorschlag für eine Verordnung über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen wurde vertagt.

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