Die grün-rote Landesregierung ist vor einem Jahr mit klaren Zielen in der Bildungspolitik angetreten: Das baden-württembergische Bildungssystem, das lange Zeit sehr gute Ergebnisse gebracht hat, aber auf zukünftige Herausforderungen schlecht eingestellt ist, soll weiterentwickelt und der jahrzehntelange Reformstau in der Schulpolitik beendet werden. Wir wollen mehr soziale Gerechtigkeit, damit Bildungserfolge nicht mehr von der Herkunft abhängen. Insgesamt soll die Leistungsfähigkeit des Bildungssystems verbessert werden, um auch international mit der Spitze mithalten zu können.
Dazu geht die Landesregierung die Schwachpunkte im Bildungssystem des Landes an: Menschen mit Migrationshintergrund haben noch immer deutlich schlechtere Bildungschancen. Zudem ist das System nicht ausreichend vorbereitet auf den demografischen Wandel und der Anteil der Hochqualifizierten ist derzeit vergleichsweise gering.
Mit dem Bildungsaufbruch der grün-roten Landesregierung wird das Bildungssystem in Richtung Zukunftsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und internationale Wettbewerbsfähigkeit weiterentwickelt.
Die Zwischenbilanz nach dem ersten Jahr ist eindrücklich. Hier einige besonders wichtige Punkte:
- Bildung und Betreuung im frühkindlichen Bereich wurden durch einen Pakt mit den Kommunen entscheidend vorangebracht. Das Land fördert künftig die Betriebsausgaben für die Kleinkindbetreuung in wesentlich größerem Umfang als bisher. Wir haben den Kommunen zusätzliche Mittel zugesagt: 315 Millionen Euro für das Jahr 2012 und 325 Millionen Euro für das Jahr 2013. Der Ausbau der Angebote für unter Dreijährige wird damit beschleunigt.
- Eine neue praxisintegrierte Erzieherausbildung, die im kommenden Schuljahr als Schulversuch starten wird, steigert die Attraktivität des Erzieherberufs und trägt dazu bei, mehr Fachkräfte für die Kitas zu gewinnen.
- Durch die Abschaffung der Verbindlichkeit bei der Grundschulempfehlung wurden die Elternrechte gestärkt. Die Eltern können nun selbst entscheiden, auf welche weiterführende Schule ihr Kind gehen soll. Die intensive Beratung durch die Lehrkräfte hilft ihnen dabei, die richtige Entscheidung zu treffen.
- Die Haupt-/Werkrealschule wurde neu aufgestellt. Alle Hauptschulen können nun zu Werkrealschulen werden und ein 10. Schuljahr anbieten, sofern eine Mindestschülerzahl erreicht wird. So können mehr Schülerinnen und Schüler einen mittleren Bildungsabschluss erlangen. Zudem wurde die Berufsorientierung an der Werkrealschule weiter ausgebaut.
- Bei den Realschulen beginnt der Einstieg in die verstärkte individuelle Förderung. Die Realschulen erhalten außerdem 118 Lehrerdeputate für die Einführung der Kompetenzanalyse. Ein wichtiger Schritt zur intensiven individuellen Förderung bei der Berufsorientierung.
- Mit dem Schulversucht G9 erproben wir an den Gymnasien eine um ein Jahr gedehnte Alternative zum achtjährigen Bildungsgang. An allen Gymnasien schaffen wir zudem durch eine weitere Poolstunde mehr Raum für individuelle Förderung.
- An den Beruflichen Gymnasien werden 50 weitere Eingangsklassen eingerichtet. Neu ist das Profil „Gesundheit und Pflege“. Zum Schuljahr 2012/13 nehmen auch 15 weitere sechsjährige Berufliche Gymnasien den Betrieb auf. Neben „Wirtschaft“ werden hier nun auch die Profilfächer „Technik“ sowie „Ernährung, Soziales und Gesundheit“ angeboten.
- Ein ganz wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit: Die gesetzliche Verankerung der Gemeinschaftsschule. Mit dieser neuen Schulart kommt endlich Bewegung ins baden-württembergische Schulsystem. Die Gemeinschaftsschule ist eine leistungsfähige und sozial gerechte Schule, in der die Kinder und Jugendlichen länger gemeinsam voneinander und miteinander lernen. Mit der Gemeinschaftsschule wird die pädagogisch nicht zu rechtfertigende frühe Aufteilung der Kinder anhand angeblicher Begabungsmuster auf verschiedene Schularten überwunden.
- Die Sicherung einer guten Unterrichtsversorgung ist für das Kultusministerium eine Daueraufgabe mit höchster Priorität. Die festinstallierte Krankheitsreserve wird zum kommenden Schuljahr um 200 Lehrerstellen auf 1466 erhöht. Zudem wurden als Sofortmaßnahme im laufenden Jahr zusätzlich 2,5 Millionen Euro für Krankheitsvertretungen bereitgestellt. Bereits im vergangenen Sommer wurde die von der Vorgängerregierung beschlossen Streichung von 711 Lehrerstellen wieder zurückgenommen.
Weitere Projekte werden folgen: zum Beispiel die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte behinderter Kinder und der weitere Ausbau der Ganztagsangebote an allen Schularten. Die Ganztagsangebote sind entscheidend für mehr Bildungserfolge und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das sind alles große Vorhaben, die in Zeiten enger finanzieller Spielräume große Kraftanstrengungen bedeuten werden.
Doch bereits nach knapp einem Jahr können wir sagen: Wir sind auf einem guten Weg, das Bildungssystem in Baden-Württemberg moderner, zukunftsfähiger, leistungsfähiger und sozial gerechter zu machen.