Intelligente Stromnetze und Großverbraucher, die den Strom dann beziehen, wenn er reichlich im Netz verfügbar ist. Die Energiewende verlangt, die Nachfrage nach Strom stärker am Angebot zu orientieren. Ein Pilotprojekt der Deutschen Energieagentur und des Umweltministeriums identifizierte Unternehmen, die bereit waren, sich intensiv mit Fragen zur Lastverlagerung zu beschäftigen und möglicherweise diese flexiblen Lasten auch zu vermarkten.
„Die Steuerung beziehungsweise die flexible Anpassung des Stromverbrauchs, das so genannte Demand-Side-Management, DSM, kann helfen, die erneuerbaren Energien ins Versorgungsystem zu integrieren und damit die Versorgung zu stabilisieren. Ich halte es deshalb für lohnend, auf diesem Gebiet Pionierarbeit zu leisten“, erklärte Umwelt- und Energieminister Franz Untersteller bei der Vorstellung der Projektergebnisse „Demand Side Management BW“.
Die Idee hinter DSM ist folgende: Mit dem gewollten Ausbau der erneuerbaren Energien und dem sich reduzierenden Anteil der konventionellen Stromerzeugung steigt der Bedarf, die Stromnachfrage hinsichtlich des Zeitpunkts und der Menge an die Erzeugungssituation der Erneuerbaren anzupassen, ohne das Konsumverhalten oder den Produktionsbetrieb zu stören. Dazu können Unternehmen in großem Maße beitragen. Sie fragen verstärkt Strom nach, wenn gerade viel grüner Strom im Netz ist und reduzieren die Stromnachfrage, wenn nur wenig Sonne scheint oder Wind weht. Über Speicher- und IT-Lösungen ist dennoch sichergestellt, dass die Produktion stets im geplanten Umfang läuft.
Dieses Flexibilitätspotential können Unternehmen unter anderem den Netzbetreibern auf Auktionen am Regelenergiemarkt zur Nutzung anbieten. Der Zugriff auf die sogenannte flexible Last erfolgt anschließend über digitale Schnittstellen, vergütet wird im Regelenergiemarkt dann sowohl der Abruf einer Last zu einem vereinbarten Zeitpunkt als auch deren gezielte Vorhaltung.
Im Rahmen des Projekts, das die Deutsche Energie Agentur, dena, in Kooperation mit dem Umweltministerium durchgeführt hat, wurden zunächst insgesamt 100 Unternehmen in Baden-Württemberg ausgewählt, die grundsätzlich geeignet sind, ihren Stromverbrauch für einen kurzen Zeitraum flexibel zu gestalten. In einer vertieften Analyse des tatsächlichen Potenzials blieben schließlich insgesamt 27 Unternehmen verschiedener Branchen übrig, die bereit waren, sich intensiv mit Fragen zur Lastverlagerung zu beschäftigen und möglicherweise diese flexiblen Lasten auch zu vermarkten.
Umweltminister Franz Untersteller: „DSM ist in Deutschland noch relativ unerprobt. Wir wollen mit unserem Projekt herausfinden, in welchen Branchen es ein lohnendes Potenzial für Lastverschiebungen gibt, wir wollen analysieren, ob und wie dieses Potenzial wirtschaftlich nutzbar gemacht werden kann und wir wollen prüfen, ob die regulatorischen Rahmenbedingungen in Deutschland für ein Demand-Side-Management zur Energiewende ausreichen.“
Immerhin fünf untersuchte Unternehmen hätten am Ende des Projekts konkretes Interesse an der Vermarktung ihrer flexiblen Nachfragekapazitäten, bilanzierte Untersteller, darunter der Flughafen Stuttgart, der als erstes Unternehmen auch schon mit der Vermarktung begonnen hat, und Dürr Systems GmbH.
Die Bereitschaft für DSM auf der Nachfragerseite sei das eine, führte Untersteller weiter aus, es bestehe aber ein nicht unerheblicher Organisations- und Regelungsbedarf, um Demand Side Management praktizieren zu können. So müssten Unternehmen zunächst investieren und Investitionen müssten sich rechnen. „Der Strompreis alleine wird als Anreiz nicht ausreichen, um in die nötige DSM-Technologie zeitnah und ausreichend zu investieren. Das heißt wir brauchen einen Mechanismus, der wirtschaftlich attraktiver ist: zum Beispiel einen Kapazitätsmarkt mit Ausschreibungen flexibler Lasten.“
Untersteller forderte die Bundesregierung auf, in einem ersten Schritt die im Pilotprojekt deutlich gewordenen Hemmnisse kurzfristig auszuräumen aber auch in Richtung Ausschreibung zu denken. Ein solches Modell wäre bei richtiger Ausgestaltung wettbewerblich und effizient: „Demand Side Management kann und sollte ein Geschäftsmodell für Unternehmen werden. Das Produkt ist die flexible Last, den Preis bestimmt der Wettbewerb und den Nutzen haben alle: eine sichere Stromversorgung.“