Ausfall einer Not- und Nachkühlkette durch fehlgestellte Armatur im Kernkraftwerk Neckarwestheim (Block II) am 6. Oktober 2013. Ganzheitliche Ereignisanalyse führt zur Nachbewertung in Stufe 1 laut INES Skala (Störung).
Während der Jahresrevision im Oktober 2013 wurde vom Betreiber der Anlage GKN II in Neckarwestheim festgestellt, dass eine Armatur im Not- und Nachkühlsystem fehlgestellt war. Die Fehlstellung hatte keine sicherheitstechnisch relevanten Auswirkungen, da weitere Systeme zur Wärmeabfuhr zur Verfügung standen. Die für die Notkühlung bei sehr seltenen Ereignissen (Flugzeugabsturz zum Beispiel) notwendigen Abläufe wären jedoch abweichend von den Festlegungen im Betriebshandbuch durchzuführen gewesen.
Das Umweltministerium hatte seinerzeit eine vertiefte Analyse beim Betreiber veranlasst. Ziel war es zu ermitteln, wie es zu der Fehlstellung der Armatur kommen konnte und weshalb diese bei den folgenden Arbeits- und Kontrollschritten nicht erkannt worden war.
Der Bericht der EnBW Kernkraft GmbH (EnKK) liegt jetzt vor.
Die EnKK stuft das Ereignis auf der Basis der aus der Analyse gewonnenen Erkenntnisse im personell organisatorischen Bereich auf Stufe 1 der INES-Skala (Störung) hoch. Die technische Bewertung ändert sich durch die Ergebnisse der Analyse jedoch nicht.
Nach einer ersten Bewertung des Umweltministeriums ist die geänderte Einstufung angemessen. Das Ministerium wird den Analysebericht nunmehr intensiv prüfen und abschließend bewerten.
Weitere Informationen
Umweltministerium: Pressemitteilung vom 24. August 2013 zum Ereignis
Ergänzende Informationen für die Redaktionen
Die für die kerntechnische Sicherheit bedeutsamen Ereignisse sind den atomrechtlichen Aufsichtsbehörden der Länder nach den bundeseinheitlichen Kriterien der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung – AtSMV zu melden. Ziel des Meldeverfahrens ist, den Sicherheitsstand der Kernkraftwerke zu überwachen, dem Auftreten ähnlicher Fehler in anderen Kernkraftwerken vorzubeugen und die gewonnenen Erkenntnisse in sicherheitstechnische Verbesserungen einfließen zu lassen.
Die meldepflichtigen Ereignisse sind unterschiedlichen Kategorien zugeordnet (Erläuterungen zu den Meldekriterien für meldepflichtige Ereignisse):
Kategorie S (Unverzügliche Meldung).
Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde unverzüglich gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kürzester Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Vorkommnisse, die akute sicherheitstechnische Mängel aufzeigen.
Kategorie E (Meldung innerhalb von 24 Stunden).
Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde binnen 24 Stunden gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kurzer Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Ereignisse, deren Ursache aus Sicherheitsgründen in kurzer Frist geklärt und gegebenenfalls in angemessener Zeit behoben werden muss. In der Regel handelt es sich dabei um sicherheitstechnisch potentiell - aber nicht unmittelbar - signifikante Ereignisse.
Kategorie N (Meldung bis zum fünften Werktag).
Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde innerhalb von 5 Werktagen gemeldet werden müssen, um eventuelle sicherheitstechnische Schwachstellen frühzeitig erkennen zu können. Dies sind in der Regel Ereignisse von geringer sicherheitstechnischer Bedeutung, die über routinemäßige betriebstechnische Einzelereignisse bei vorschriftsmäßigem Anlagenzustand und -betrieb hinausgehen. Unverfügbarkeiten von Komponenten/Systemen, die durch im Betriebshandbuch spezifizierte Prozeduren temporär beabsichtigt herbeigeführt werden, sind nicht meldepflichtig, wenn dies auch in der Sicherheitsspezifikation des Betriebshandbuches entsprechend berücksichtigt ist.
Internationale Bewertungsskala INES: Aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Betreibern der Kernkraftwerke und dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit werden meldepflichtige Ereignisse in Kernkraftwerken auch nach der Bewertungsskala INES (International Nuclear and Radiological Event Scale) der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und der Nuklearenergie-Agentur (NEA) der OECD bewertet. Sie hat eine rasche und für die Öffentlichkeit verständliche Bewertung eines Ereignisses zum Ziel.
Die Skala umfasst sieben Stufen:
1 - Störung
2 - Störfall
3 - ernster Störfall
4 - Unfall mit örtlich begrenzten Auswirkungen
5 - Unfall mit weitergehenden Auswirkungen
6 - schwerer Unfall
7 - katastrophaler Unfall
Meldepflichtige Ereignisse, die nach dem INES-Handbuch nicht in die Skala (1-7) einzuordnen sind, werden unabhängig von der sicherheitstechnischen Bedeutung nach nationaler Beurteilung der „Stufe 0” zugeordnet.