Coronavirus

Betrieb der Justiz wird schrittweise wiederaufgenommen

Berechne Lesezeit
  • Teilen
Auf einem Tisch im Landgericht Karlsruhe liegt ein Richterhammer aus Holz, darunter liegt eine Richterrobe.

Die baden-württembergische Justiz nimmt den Betrieb schrittweise wieder auf.

Genau sechs Wochen nach der drastischen, aber erforderlichen Reduzierung des öffentlichen Dienstbetriebs in der baden-württembergischen Justiz nimmt die dritte Gewalt am kommenden Montag, 27. April 2020, diesen schrittweise und unter strenger Beachtung von Abstands- und Hygieneregeln wieder auf. In der Zwischenzeit wurden zahlreiche Vorkehrungen getroffen, um Ansteckungsgefahren im öffentlichen Dienstbetrieb zu reduzieren. Darauf wies Justizminister Guido Wolf hin.

Wolf sagte: „Es liegen schwierige Wochen hinter, aber auch noch vor uns. In allen Gesellschafts- und Lebensbereichen haben wir darum gerungen, die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, und tun dies noch immer. Die Herausforderungen waren und sind immens. Das gilt auch für die Justiz unseres Landes. Die Justiz hat den öffentlichen Dienstbetrieb in den vergangenen sechs Wochen auf das zwingend erforderliche Maß reduziert und ihren Beitrag zur Verlangsamung der Virus-Ausbreitung geleistet. Nun gilt es, Sorge dafür zu tragen, dass die Justiz als zentrale Säule unserer Gesellschaft und unseres Rechtsstaats Schritt für Schritt zu ihrer vollen Handlungsfähigkeit zurückkehrt. Der Gesundheitsschutz hat dabei nach wie vor höchste Priorität.“

Soziale Kontakte auf ein Minimum beschränkt

Das Justizministerium hatte zur effektiven Verlangsamung der Ausbreitung des Coronavirus am Montag, 13. März, der Justizpraxis im Land empfohlen, alle nicht notwendigen sozialen Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren und vorläufig nur einen deutlich eingeschränkten öffentlichen Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten. Zwar wurden Verfahren auch in der Krise weiterbearbeitet, insbesondere, soweit möglich, in Heimarbeit. An öffentlichen Hauptverhandlungen sowie Verfahren mit sozialen Kontakten fand jedoch lediglich nur statt, was unaufschiebbar war, insbesondere Haft- und Eilsachen, ermittlungsrichterliche Tätigkeiten, und langlaufende Strafverhandlungen.

Die Quote der während dieser Zeit dennoch abgeschlossenen Verfahren ist sehr unterschiedlich, je nach Gericht und Gerichtsbarkeit. Insgesamt sind im Land 42 Gerichtsstandorte mit der elektronischen Akte ausgestattet, so dass für die dortigen Richterinnen und Richter vollwertiges mobiles Arbeiten im Homeoffice möglich ist. Darüber hinaus wurden fast 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gerichte und Staatsanwaltschaften mit Fernzugängen in das Landesverwaltungsnetz ausgestattet.

Gute personelle Ausgangslage

Auch zahlreiche Kammern und Senate im Strafrechtsbereich haben öffentlich, unter strengen Vorkehrungen zur Abstandswahrung, Verfahren weiterverhandelt. In anderen Bereichen sind größere Rückstände angefallen. Dazu sagte Wolf: „Wir dürfen uns nichts vormachen: Diese Maßnahmen waren für die Justiz eine echte Herausforderung, die Auswirkungen werden wir noch lange spüren. Zweifellos werden sich in manchen Bereichen der Justiz Rückstände ergeben. Das war und ist jedoch unvermeidbar: Zukünftige Verzögerungen in Verfahren mögen misslich sein, sie waren und sind aber erforderlich, um Menschenleben zu retten. Zugleich sind wir froh darüber, dass diese Krise die Justiz in einer Zeit trifft, in der sie personell so gut aufgestellt ist wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Seit 2017 haben wir mehr als 350 Neustellen für Richter und Staatsanwälte geschaffen. Diese zuletzt neu eingestellten Kolleginnen und Kollegen werden uns helfen, die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen.“

Vorübergehend muss sich auch die Justiz in einer neuen Normalität einrichten: Für die schrittweise Wiederaufnahme des öffentlichen Dienstbetriebs ist zwingende Voraussetzung, dass Kontaktminimierung und Hygienestandards vor Ort gewährleistet sind. In dieser Woche wurden deshalb 39.000 Schutzmasken an Gerichte und Staatsanwaltschaften im Land verteilt. Eine Lieferung von weiteren 40.000 Schutzmasken an die Justiz ist zugesagt. Die Masken sollen zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt werden, insbesondere dort, wo es nicht möglich ist, notwendige Sicherheitsabstände einzuhalten. Darüber hinaus wurden den Gerichten und Staatsanwaltschaften 1,7 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um ergänzend Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel zu beschaffen. Vor Ort wurden, wo dies erforderlich und möglich ist, Plexiglasscheiben, mobile Trennwände, Fiebermessgräte und Einmalhandschuhe beschafft. Die jeweiligen Vorsitzenden können im Rahmen ihrer richterlichen Unabhängigkeit die Anzahl der Personen in Sitzungssälen begrenzen, wo dies zur Wahrung von Abstandsregeln erforderlich ist. Für Besucher wird empfohlen, Mund und Nase mit Masken zu bedecken.

Video-Verhandlungen auch für Zivilverfahren?

Soweit möglich wird auch weiterhin auf Heimarbeit ausgewichen. Justizminister Wolf sprach sich auch dafür aus, die gesetzlichen Möglichkeiten für den Einsatz von Video-Verhandlungen in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit und darüber hinaus auch für Zivilverfahren auszuweiten.

Wolf sagte abschließend: „Ich bin zuversichtlich, dass es uns mit einer Vielzahl an Maßnahmen gelingen wird, Gesundheitsschutz und effektiven Rechtsschutz zu vereinbaren und zu einem neuen Justizalltag zu finden. Entscheidend wird sein, ob die Menschen die Maßnahmen zu ihrem eigenen Schutz mittragen. Die durch das Corona-Virus drohende Gefahr ist ungebrochen hoch. In den letzten Wochen war das Verständnis in der Gesellschaft sehr groß. Ich bin davon überzeugt, dass dies so bleiben wird. Dann sind wir auf einem guten Weg. Herzlich bedanke ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren Einsatz in den vergangenen Wochen.“

Aktuelle Informationen zum Coronavirus in Baden-Württemberg

Weitere Meldungen

Deutschkurs in einer Volkshoschschule (Symbolbild: © dpa).
Weiterbildung

Breiter Schulterschluss für die Zukunft der Erwachsenenbildung

Minister Manne Lucha und Staatsministerin Madhuri Misal des indischen Bundesstaats Maharashtra sitzen nebeneinander an einem Tisch und unterzeichnen Dokumente.
Delegationsreise

Baden-Württemberg und Maharashtra vertiefen Partnerschaft

Regierungschefkonferenz der Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK) in Friedrichshafen - Blick in den Sitzungssaal.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Bodenseeraum als Modellregion weiterentwickelt

Eine junge Frau wird geimpft.
Gesundheit

Jetzt noch gegen Grippe impfen lassen

Pilotprojekt fürsorgende Gemeinschaft in Waldstetten: gemeinsam Zukunft gestalten
Gesellschaftliche Teilhabe

Ein Netzwerk für mehr Lebensqualität im Alter

Stuttgart: Abgeordnete der Fraktionen sitzen im Landtag. (Foto: © dpa)
Direkte Demokratie

Volksbegehren nicht erfolgreich zustande gekommen

Einsatzkräfte der Feuerwehr errichten am Nonnenbach in Bad Saulgau im Ortsteil Moosheim einen Damm mit Sandsäcken gegen das Hochwasser.
Katastrophenschutz

Neues Katastrophenschutzgesetz beschlossen

von links nach rechts: Leiter der Abteilung Justizvollzug des Ministeriums der Justiz und für Migration Martin Finckh, Leiterin der JVA Offenburg Annette Hügle, Justizministerin Marion Gentges und Amtschef Elmar Steinbacher
Justiz

Neue Leiterin der Justizvollzugsanstalt Offenburg

Tauberufer in Wertheim
Städtebauförderung

Kernstadt Wertheim erfolgreich saniert

Stark umspülter Pegelmesser (Bild: Regierungspräsidium Stuttgart)
Landeshilfen

Neue Regeln für Landeshilfen nach schweren Naturereignissen

Ein fahrender Regionalzug
Schienenverkehr

Ausbau der Schiene im Land geht weiter voran

Ein Polizist sitzt im Polizeipräsidium an einem Arbeitsplatz der sogenannten intelligenten Videoüberwachung. (Foto: ©dpa)
Datenschutz

Ministerrat beschließt Änderung des Landesdatenschutzgesetzes

Ein Haus, dessen Grundgerüst aus Holz besteht, steht in einem Tübinger Neubaugebiet. (Bild: picture alliance/Sebastian Gollnow/dpa)
Forst

Holzbaulösungen für Kommunen und die Wohnungswirtschaft

Häuser in Stuttgart werden von der Morgensonne beschienen. (Bild: picture alliance/Sebastian Gollnow/dpa)
Wohnraumförderung

Z15-Darlehen in der Wohnraumförderung digital beantragbar

Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Auf dem Display sieht man die Startseite der Ehrenamtskarten-App für Baden-Württemberg.
Bürgerengagement

Ehrenamtskarte jetzt auch per App verfügbar