Mit zusätzlichem Geld und einer klaren gemeinsamen Linie setzen Landesregierung und Kommunen in Baden-Württemberg ein starkes Zeichen: Die Integration von geflüchteten Menschen bleibt auch in Zeiten knapper Kassen eine zentrale Aufgabe und soll durch stabile Strukturen verlässlich gewährleistet werden. Das bekräftigten alle Partner bei der gemeinsamen Unterzeichnung des Paktes für Integration mit den Kommunen (PIK). Das Land sichert den Kommunen für freiwillige Integrationsleistungen auch in diesem und im kommenden Jahr jeweils Mittel in Höhe von rund 62 Millionen Euro zu. Die Kommunen wiederum stehen zu ihrer Verantwortung, die Integration vor Ort weiter voran zu treiben.
Gute Integration für Zusammenleben unabdingbar
„Mit dem Pakt für Integration erkennen wir an, dass auch weiterhin viele der jüngst nach Baden-Württemberg geflüchteten Menschen länger im Land bleiben werden. Eine gut gelingende Integration ist deshalb für das Zusammenleben innerhalb unserer Gesellschaft unabdingbar“, sagte der Minister für Soziales, Gesundheit und Integration, Manne Lucha. „Land und Kommunen gehen bei der Integration von Geflüchteten weiter Hand in Hand voran.“ Der Pakt für Integration mit den Kommunen bündelt seit 2017 die wichtigsten freiwilligen integrationspolitischen Maßnahmen von Land und Kommunen.
Flaggschiff ist das Integrationsmanagement, welches eine flächendeckende soziale Beratung von Menschen mit Migrationserfahrung im Land sicherstellt und in dieser Form nur noch in einem weiteren Bundesland zu finden ist. Aber auch weitere Maßnahmen wie das Programm zum Erkennen von psychischen Belastungen „BW schützt!“ oder spezifische Deutschkurse, die Bundesmaßnahmen ergänzen, gehören zum Pakt. Insgesamt sind darin sechs Maßnahmen enthalten.
Integration braucht nachhaltige Lösungen
Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Alexis v. Komorowski, Landkreistag Baden-Württemberg, sagte: „Es ist gut und wichtig, dass der zwischen Land und Kommunen im Jahr 2017 geschlossene Pakt für Integration für dieses und das kommende Jahr fortgeschrieben wird. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Integration geflüchteter Menschen eine Daueraufgabe ist und es daher nachhaltiger Lösungen bedarf. Angesichts der katastrophalen Haushaltslage insbesondere der Kommunen müssen die kommenden Monate daher unbedingt genutzt werden, um zu klären, was die Must-Haves einer gelingenden Integrationsarbeit vor Ort sind. Das, was sich für eine erfolgreiche Integration als unabdingbar erweist, muss dann zwingend landesgesetzlich verankert werden. Nur so wird Integrationsarbeit zukunftsfest.“
Ralf Broß, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags Baden-Württemberg, ergänzte: „Die Neuauflage des Pakts für Integration zeigt: Land und Kommunen ziehen an einem Strang und das Land übernimmt weiterhin seinen finanziellen Anteil. So können wir die Integrationsarbeit in unseren Kommunen verlässlich fortführen. Integration geschieht dort, wo die Menschen leben – in den Städten und Gemeinden, in Schulen, Vereinen und Nachbarschaften. Ein zentraler Baustein sind dabei die Integrationsmanagerinnen und -manager, die täglich vor Ort unterstützen und begleiten. Gerade jetzt, wo die öffentlichen Kassen angespannt sind, ist es wichtig, funktionierende Strukturen zu erhalten und weiter auszubauen. Denn gelungene Integration stärkt unser Zusammenleben langfristig.“
Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg, sagte: „In unseren Städten und Gemeinden wird Integration an jedem Tag konkret gelebt. In Kitas, Schulen, Vereinen und im direkten Kontakt mit den Menschen. Der erneuerte Pakt für Integration kann diese kontinuierliche Arbeit mit Instrumenten wie dem Integrationsmanagement, den Sprachförderangeboten oder den Hilfen für besonders belastete und schutzbedürftige Geflüchtete unterstützen. Es ist deshalb gut, dass diese Unterstützung auch künftig fortgesetzt wird. Gleichzeitig bleibt klar: Für die wachsenden Anforderungen brauchen wir verlässliche und auskömmliche Rahmenbedingungen.“
Sechs Schwerpunkte im Pakt für Integration
Rund 1.200 Integrationsmanagerinnen und -manager fördern die Integration von geflüchteten Menschen in den Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg. Sie unterstützen durch ein zielorientiertes Case-Management den individuellen Integrationsprozess von Geflüchteten in den Kommunen und wirken insbesondere auf eine Stärkung ihrer Selbständigkeit hin. Geflüchtete sollen in die Lage versetzt werden, sich in den vorhandenen Angeboten der Integration sowie in den Strukturen der Regeldienste besser zurecht zu finden und diese eigenständig zu nutzen. Dafür stellt das Land jährlich 58 Millionen Euro bereit.
Im Rahmen des Paktes werden zielgruppenorientierte Angebote zur Förderung des Spracherwerbs in kommunaler Steuerung erreicht. Hierzu zählen spezielle Angebote für Eltern, die berufsbegleitende Teilnahme an Sprachkursen, Intensivsprachkurse für Auszubildende und Sprachkurse begleitend zur Einstiegsqualifizierung. Das Land stellt für die Förderung zwei Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung.
Ein großer Anteil der Geflüchteten macht während der Flucht potenziell traumatisierende Erfahrungen, oft in Form von psychischer oder physischer Gewalt. Traumafolgestörungen können zu Beeinträchtigungen im Alltag führen und den Integrationsprozess erheblich erschweren. Dem soll mit einem Angebot zur frühzeitigen Erkennung traumatischer Belastungen und daran angepassten, niedrigschwelligen Unterstützungsmaßnahmen begegnet werden. Hierzu wird das im Rahmen des Pilotprojekts „BW schützt!“ entwickelte Programm, das sich an Geflüchtete in der vorläufigen Unterbringung richtet und bisher an zwei Standorten (Karlsruhe, Konstanz) durchgeführt wurde, ausgebaut und weiterentwickelt. Das Land stellt hierfür für Mittel in Höhe von 1,5 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung.
Das Projekt INTURO des Verbands Deutscher Sinti und Roma Baden-Württemberg, das seit September 2023 aus dem Pakt für Integration durch das Land gefördert wird, ist speziell auf die Zielgruppe aus der Ukraine geflüchteter Roma ausgerichtet und stärkt kommunale Strukturen zur Unterstützung dieser Menschen. Das Land fördert INTURO mit 200.000 Euro jährlich.
Durch das Projekt werden queere Geflüchtete unterstützt und es findet eine spezialisierte und individuelle Beratung und Begleitung dieser Zielgruppe statt. Ergänzend werden Fachkräfte und Ehrenamtliche im Umfeld von Geflüchteten geschult, qualifiziert und sensibilisiert. Dabei stehen die spezifischen Schutzbedarfe von queeren Geflüchteten hinsichtlich Outing, Sichtbarkeit oder besonderer Gefährdung bei Fremd-Outing im Zentrum. Das Projekt trägt dazu bei, Diskriminierungen abzubauen und kommunikative wie auch organisatorische Hürden zu überwinden. Das Land fördert das Projekt ab dem Jahr 2026 mit 300.000 Euro jährlich.
Jugendberufshelferinnen und -helfer beraten und begleiten Schülerinnen und Schüler mit sozialpädagogischem Unterstützungsbedarf, nicht zuletzt auch junge Geflüchtete beim Übergang von der Schule in den Beruf. Sie ergänzen wirksam die Arbeit der Lehrkräfte insbesondere in berufsvorbereitenden Bildungsgängen, wie zum Beispiel dem Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf (VAB) an beruflichen Schulen. Das Land fördert das Projekt pro Jahr mit 220.000 Euro.
















