Integration

Notunterkunft „Nadia“ für zwangsverheiratete Migrantinnen startet

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Eine Frau trägt ein Kopftuch. (Bild: dpa - Bildfunk)

Mädchen und junge Frauen, die von Zwangsverheiratung bedroht oder betroffen sind, finden in ganz Deutschland bisher nur an fünf Orten anonyme Notaufnahmeplätze. Ab 1. Juli 2020 startet das bundesweit einmalige Angebot „Nadia“ in Baden-Württemberg, das auch junge Frauen mit bis zu 27 Jahren aufnimmt.

Bisher finden Mädchen und junge Frauen, die von Zwangsverheiratung bedroht oder betroffen sind, in ganz Deutschland nur an fünf Orten anonyme Notaufnahmeplätze. Auch in Baden-Württemberg gibt es diese Möglichkeit bislang nicht. Ab 1. Juli startet die Evangelische Gesellschaft (eva) mit „Nadia“ deshalb ein neues Angebot für Mädchen und junge Frauen von 14 bis 27 Jahren. Neben einer sicheren Unterkunft bietet Nadia jungen Migrantinnen zusätzliche Beratung und weitere Unterstützung. Dass Nadia junge Frauen bis zu 27 Jahren aufnimmt, ist bundesweit einmalig. In vielen Notunterkünften gilt ein Höchstalter von 21 Jahren.

Schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte

Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha sagte: „Zwangsverheiratungen sind eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte und verhindern die Integration in eine freie Gesellschaft. Ich freue mich deshalb, dass wir mit dem Angebot Nadia künftig noch mehr junge Menschen vor einer Zwangsverheiratung schützen können. Mit der Schaffung weiterer Notaufnahmeplätze setzen wir gleichzeitig eine wichtige Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag um.“

Seit vielen Jahren unterstützt die Evangelische Gesellschaft (eva) mit ihren Angeboten junge Mädchen und Frauen, die vor Gewalt im Namen der „Ehre“ flüchten. Die Hilfe reicht dabei von Beratungsangeboten bis hin zu einer längerfristigen anonymen Unterbringung, falls die Betroffenen nicht mehr in ihrer Familie bleiben können. Zwar kümmern sich auch in Baden-Württemberg die Jugendschutzstellen um minderjährige Mädchen, allerdings ist hier keine vollständige anonyme Unterbringung sichergestellt. Frauenhäuser im Land bieten zwar eine anonyme Unterbringung, sind jedoch häufig nicht auf die Bedürfnisse zwangsverheirateter Frauen ausgerichtet.

Zuflucht und Perspektive

Mädchen und jungen Frauen finden bei Nadia ab Juli eine sichere Zuflucht und können hier nach teils traumatischen Erfahrungen zur Ruhe kommen. Daneben kümmert sich ein interkulturell besetztes Team aus erfahrenen Mitarbeiterinnen um die Betroffenen und entwickelt mit ihnen gemeinsam eine Perspektive für die Zeit nach der Unterbringung. „Wir freuen uns sehr, dass wir die Bedarfslücke in Baden-Württemberg jetzt mit dem Angebot von Nadia schließen und künftig einen sicheren Schutzraum bieten können“, sagt Dagmar Braun, eva-Abteilungsleiterin für Nadia und den Bereich Hilfen für junge Migrantinnen.

Die neue Wohngruppe bietet sechs Plätze für junge Migrantinnen aus dem gesamten Bundesgebiet. Vier davon sind für Mädchen von 14 bis 17 Jahren. Finanziert werden diese vom jeweiligen Jugendamt. Die anderen beiden Notaufnahmeplätze bieten jungen Frauen von 18 bis 27 Jahren Schutz. Hier werden die Kosten vom Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg übernommen. Die jungen Migrantinnen können bis zu 12 Wochen in der Wohngruppe bleiben und werden rund um die Uhr betreut.

Genaue Zahlen zu Zwangsheiraten liegen für Baden-Württemberg nicht vor. Es ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Hinweise liefert jedoch die Anzahl der Beratungsfälle bei der vom Ministerium für Soziales und Integration finanzierten Fachberatungsstelle Yasemin der eva. Yasemin verzeichnete allein im Jahr 2018 insgesamt 194 Beratungsfälle (davon waren 75 Personen unmittelbar von einer Zwangsverheiratung bedroht). Im Jahr 2019 waren es 201 Beratungsfälle (mit 62 unmittelbar von Zwangsverheiratung bedrohten Personen).

Evangelische Gesellschaft

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