Heimerziehung

Wichtiger Meilenstein zur Aufarbeitung der Heimerziehung im Südwesten

Berechne Lesezeit
  • Teilen
Landesarchiv überreicht umfassende Liste der Kinder- und Jugendheime erstellt, die von 1949 bis 1975 im Land existiert haben. (v.l.n.r. Gerald Maier, Präsident des Landesarchivs; Manne Lucha, Minister für Soziales und Integration; Petra Olchowski, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst). Bild: © Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst

Das Landesarchiv hat ein Verzeichnis der Kinder- und Jugendheime erstellt, die von 1949 bis 1975 im Land existiert haben. Es ist ein wichtiger Meilenstein zur Aufarbeitung der Heimerziehung im Südwesten. Im bundesweiten Vergleich nimmt das Landesarchiv bei diesem bedeutsamen Projekt eine Leuchtturmfunktion ein.

Das baden-württembergische Landesarchiv hat ein umfassendes Verzeichnis aller bekannten Kinder- und Jugendheime erstellt, die zwischen 1949 und 1975 in Baden-Württemberg existiert haben. Die weit über 500 Einträge umfassende Liste beinhaltet auch Angaben zu Ansprechpartnern und – soweit bekannt – Unterlagen zu den einzelnen Heimen. Sie ermöglicht somit ehemaligen Heimkindern und auch Historikern eine eigenständige Recherche. Am Mittwoch überreichte Gerald Maier, Präsident des Landesarchivs, die Liste im Stuttgarter Landtag offiziell an Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha und Petra Olschowski, Staatsekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Das Verzeichnis ist ein wichtiger Meilenstein des vom Ministerium für Soziales und Integration geförderten Projekts zur Aufarbeitung der Heimerziehung im Südwesten.

Wichtiger Meilenstein zur Aufarbeitung der Heimerziehung

Minister Lucha sagte: „Viele Betroffene leiden heute noch unter den Folgen von Traumatisierungen oder anderen Beeinträchtigungen. Ihnen wollen wir eine qualifizierte und individuelle Unterstützung anbieten. Dafür war und ist die wissenschaftliche Aufarbeitung und besonders auch die Liste ein zentrales Hilfsmittel. Das Geschehene darf nicht in Vergessenheit geraten.“

„Das Landesarchiv mit seinem Fachwissen für dieses hoch sensible Projekt zu gewinnen, war unser Wunsch im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Ich freue mich, dass dies gelungen ist“, sagte Staatssekretärin Petra Olschowski. Die Betroffenen seien von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesarchivs intensiv beraten und bei der Akteneinsicht begleitet worden. Darüber hinaus habe die Projektstelle einschlägige Aktenbestände ausgewertet und zahlreiche leicht zugängliche Recherchehilfsmittel entwickelt – so auch die Heimliste. „Bei der Aufarbeitung der Heimerziehung nimmt das Landesarchiv im bundesweiten Vergleich eine Leuchtturmfunktion ein – auch dank der Vielseitigkeit der geleisteten Unterstützung“, betonte Olschowski.

Unverzichtbares Hilfsmittel zur Eigenrecherche

Das Verzeichnis der Kinder- und Jugendheime umfasst detaillierte Informationen zu 532 im Forschungszeitraum in Baden-Württemberg existierenden Einrichtungen der Jugendhilfe. In sorgsamer Kleinarbeit hat das Landesarchiv Angaben zu Adressen, Trägerschaft, Charakter und Bestandszeitraum der Heime zusammengetragen. Besonders wertvoll für die weitere Recherche sind dabei die Verweise auf noch vorhandenes Quellenmaterial zu den Einrichtungen, gepaart mit den Kontaktdaten der aktenverwahrenden Stellen.

„Die Überlieferung aufzuarbeiten, vielfach sogar erst einmal für ihre Sicherung zu sorgen und die Bereitschaft zu erwirken, sie zu öffnen. Das ist ja der erste – ganz zentrale – Punkt, dass die Quellen bekannt und zugänglich sind“, so Gerald Maier. „Nicht nur für Historikerinnen und Historiker, sondern insbesondere auch für ehemalige Heimkinder, die auf der Suche nach biografischen Informationen über ihre Vergangenheit im Kinderheim sind, bildet das Heimverzeichnis daher ein unverzichtbares Hilfsmittel zur Eigenrecherche.“ Die Heimliste konzentriert sich dabei nicht nur auf die größeren Einrichtungen bekannter Träger, sondern weist auch zahlreiche Klein- und Kleinstheime, meist in privater Trägerschaft, nach.

Bundesweit einzigartiges Projekt zur Aufarbeitung

Ausgehend von der Stellungnahme des Runden Tisches Heimerziehung auf Bundesebene hat auch der Landtag von Baden-Württemberg im Oktober 2011 das massive Leid ehemaliger Heimkinder in baden-württembergischen Kinderheimen anerkannt und der Sicherung noch vorhandener Akten aus dieser Zeit große Bedeutung zugesprochen.

Seit dem 1. Mai 2012 besteht beim Landesarchiv Baden-Württemberg das Projekt Archivrecherchen und historische Aufarbeitung der Heimerziehung in Baden-Württemberg 1949 bis 1975. Die bundesweit einzigartige Arbeitsstelle hat über 1.700 ehemalige Heimkinder erfolgreich bei der biografischen Spurensuche begleitet und wichtige Grundlagen für die weitere Erforschung des Themenkomplexes geschaffen.

Weitere Ergebnisse des Projekts sind eine Wanderausstellung, die seit 2015 an wechselnden Stationen im Land und darüber hinaus gezeigt wird, ein Rechercheführer und ein sachthematisches Inventar. Für Oktober 2018 ist ein Fachkolloquium geplant. Gemeinsam mit der zeitgleich erscheinenden Abschlusspublikation wird dies der Schlusspunkt des erfolgreichen, gelungenen Projekts sein.

Weiterführende Informationen

Verzeichnis der Kinder- und Jugendheime in Baden-Württemberg 1949 bis 1975 (PDF)
Landesarchiv: Projekt „Heimerziehung 1949 bis 1975“
Rechercheführer des Landesarchivs zum Thema Heimerziehung

Weitere Meldungen

Jugendliche halten ein Banner mit der Aufschrift «Ehrenamt» in den Händen.
Bürgerengagement

Sozialministerium fördert 27 Ehrenamtsprojekte

Ein Integrationsmanager erarbeitet mit zwei jugendlichen Flüchtlingen aus Eritrea Bewerbungsschreiben. (Foto: © dpa)
Integration

Rund 1,55 Millionen Euro für Integrationsarbeit in ländlichen Räumen

Ein Kinderarzt untersucht einen Jungen mit einem Stethoskop.
Gesundheit

Land stärkt kinder- und jugendärztliche Versorgung

Ministerialdirektor Dr. Christian Schneider beim Erfahrungsaustausch Gestaltungsbeirat
Baukultur

Erfahrungsaustausch zu kommunalen Gestaltungsbeiräten

Eine Sozialarbeiterin misst die Blutdruckwerte eines Probanden und übermittelt diese drahtlos per Smartphone an einen Arzt.
Medizinwirtschaft

Meilenstein zur Verbesserung der Patientenversorgung

Bei dem Bild handelt es sich um einen Screenshot der Startseite von kinderschutz-bw.de, einer Initiative des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration. Es zeigt einen kleinen Jungen, der mit einem Holzflugzeug spielt.
Kinderschutz

Webplattform Kinderschutz für Baden-Württemberg gestartet

Forum Raumentwicklung
Raumentwicklung

Neue Veranstaltungsreihe zur sys­tematischen Raumbeobachtung

Eine ältere Dame lernt die Bedienung eines Computers.
Ländlicher Raum

Land fördert digitale Teilhabe im Alter mit „Klick & Klar“

Eine Pflegekraft hilft einer alten Frau beim Trinken aus einem Becher in einem Seniorenheim (Bild: Patrick Pleul / dpa)
Sozialversicherung

Land fordert Steuerfinan­zierung versicherungsfremder Leistungen

Kabinettssitzung in der Villa Reitzenstein in Stuttgart
Landesregierung

Bericht aus dem Kabinett vom 16. Dezember 2025

Häuser in Stuttgart werden von der Morgensonne beschienen. (Bild: picture alliance/Sebastian Gollnow/dpa)
Wohnen

Mietpreisbremse wird bis Ende 2026 verlängert

Eine Gruppe von Menschen fährt Achterbahn in einem Erlebnispark.
Familie

Landesfamilienpass 2026 ab sofort erhältlich

Ein Lebkuchenherz mit der Aufschrift „Frohe Weihnacht“ hängt auf einem Weihnachtsmarkt (Bild: © dpa).
Verbraucherschutz

Weihnachtsgebäck und Kosmetik auf dem Prüfstand

Das beschauliche Dorf Hiltensweiler, ein Teilort von Tettnang, wird von der Abendsonne angestrahlt. Im Hintergrund sind der Bodensee und die Alpen zu sehen.
Ländlicher Raum

Land gibt 3,1 Millionen Euro zu EU-Förderprogramm LEADER

Gruppenbild: Ministerpräsident Winfried Kretschmann (vorne, Dritter von rechts) mit den Ordensträgerinnen und -trägern
Tag des Ehrenamtes

Auszeichnung für besonderes ehrenamtliches Engagement