Justiz

Frühjahrskonferenz der Justizminister

Berechne Lesezeit
  • Teilen
Paragrafen-Symbole an Türgriffen (Foto: © dpa)

Bei der Frühjahrskonferenz der Justizminister ging es um die Strafmündigkeitsgrenze, die Strafbarkeit von Aufrufen zur Errichtung eines Kalifats und die Einrichtung einer Cybertrading-Plattform.

Bei der Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister in Hannover hat sich Baden-Württemberg mit einem Antrag dafür eingesetzt, sich mit Fragen zur Herabsetzung der Strafmündigkeitsgrenze zu befassen. In den letzten Jahren ist die Kriminalität durch Unter-14-Jährige erheblich gestiegen. Sie erreichte im Jahr 2023 in Baden-Württemberg mit 10.610 Tatverdächtigen einen 10-Jahres-Höchststand. Gleichzeitig stammt die Altersgrenze für die Strafmündigkeit aus dem Jahr 1923 und ist mithin eine rechtspolitische Festsetzung, die bereits über 100 Jahre alt ist. Trotzdem und obwohl immer wieder erschütternde Fälle bekannt werden, fand der Antrag, eine Studie zum aktuellen Stand der entwicklungspsychologischen und kriminologischen Forschung in Auftrag zu geben, keine Mehrheit.

Justizministerin Marion Gentges hierzu: „Wir brauchen eine wissenschaftliche Grundlage, um zu bewerten, welchen Entwicklungsgrad Unter-14-Jährige heute haben. Kinder und Jugendliche heute stehen vielleicht anders da als vor hundert Jahren. Ich bedaure, dass diese wichtige Debatte blockiert wird. Grüne, SPD und Linke lehnen es bereits ab, eine wissenschaftliche Studie zum Entwicklungsgrad von Unter-14-Jährigen einzuholen. Gleichzeitig kommt von der Ampelkoalition im Bund die Forderung, das Wahlalter bei allen Wahlen zu senken. Mit 16 Jahren wählen zu dürfen, aber sich zwei bis drei Jahre zuvor noch nicht einmal für eigene Straftaten verantworten zu müssen, das passt nicht zusammen.“

Öffentliche Rufe nach Errichtung eines Kalifats unter Strafe stellen

Darüber hinaus setzte sich Baden-Württemberg als Mitantragsteller mit Bayern dafür ein, öffentliche Rufe nach Errichtung eines Kalifats in Deutschland unter Strafe zu stellen. Die Justizministerinnen und Justizminister beschlossen, den zuständigen Bundesjustizminister zu bitten, gesetzgeberische Handlungsmöglichkeiten insbesondere durch Ergänzung des materiellen Strafrechts zu prüfen für Fälle, in denen Extremisten dazu aufrufen, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu missachten. Dazu Justizministerin Marion Gentges: „Ich hatte bei der Debatte insbesondere Islamisten vor Augen, die öffentlich die Errichtung eines Kalifats verlangen. Der Ruf nach einem Kalifat ist darauf gerichtet, unsere freiheitlich demokratische Grundordnung zu missachten und abzuschaffen. Die Extremisten zielen mit ihrer Forderung und öffentlichkeitswirksamen Inszenierungen auf die Basis unseres Staates, unserer Gesellschaft und unseres Zusammenlebens in Deutschland. Wenn teilweise argumentiert wird, dass man diese Personen mit ihrem Gebaren nicht allzu ernst nehmen dürfe, entgegne ich: Diese Forderungen und Gefahren können wir gar nicht ernst genug nehmen!“

Einrichtung einer Cybertrading-Plattform

Eine weitere erfolgreiche Initiative, gemeinsam mit Bayern, war darauf gerichtet, für den Phänomenbereich Cybertrading eine beim Bundeskriminalamt angesiedelte zentrale Informationsplattform aufzubauen. Angesichts der großen Anzahl der sich ständig wandelnden betrügerischen Online-Auftritte im Bereich des Cybertrading, der länderübergreifenden und internationalen Bezüge der Ermittlungsverfahren und der Vielzahl an Spuren und Ermittlungsansätzen sprachen sich die Justizministerinnen und Justizminister dafür aus, Informationen aus verschiedenen Ermittlungsverfahren zu bündeln und so den Informationsaustausch unter den Strafverfolgungsbehörden zu optimieren. Damit soll gewährleistet werden, dass alle bekannten Ermittlungsansätze ausgeschöpft sowie Zusammenhänge zwischen verschiedenen Plattformen und Tatkomplexen frühzeitig erkannt und aufgedeckt werden.

Strafmündigkeit

§ 19 StGB geht davon aus, dass Personen unter 14 Jahren (Kinder) nicht die geistige und sittliche Reife für die Einsicht in das Unrecht der von ihnen begangenen Tat haben. In formeller Hinsicht stellt § 19 StGB ein Prozesshindernis dar, mit der Folge, dass anhängige Verfahren gegen Strafunmündige nach § 170 Abs. 2 StPO einzustellen sind. Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern steht Deutschland mit dieser Altersgrenze etwa im Mittelfeld da.

Würde die Grenze der Strafmündigkeit abgesenkt, würde das nicht bedeuten, dass alle Kinder ab dem festgelegten Alter auch tatsächlich automatisch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Wie heute schon bei 14-Jährigen würden Gerichte in jedem konkreten Fall prüfen, ob ein 13-jähriger Junge oder ein 13-jähriges Mädchen reif genug war, um das Unrecht seiner Tat einzusehen und nur dann würden sie strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Es geht also nur um die Frage, ab welchem Alter die Gerichte die Einzelfallprüfung vornehmen können sollen.

Weitere Meldungen

Zwei Polizisten gehen durch einen Park in Stuttgart. (Foto: dpa)
Innenministerkonferenz

Große Einigkeit bei der Extremismus-Bekämpfung

Polizei Festnahme
Polizei

Europaweite Aktionstage zur Bekämpfung des Menschenhandels

Marion Gentges (links), Ministerin der Justiz und für Migration, und Georg Eisenreich (rechts), Bayerns Justizminister
Justiz

Initiativen aus dem Land prägen Justizministerkonferenz

Eine Hand greift nach einem digitalen Paragrafen
Justiz

Gemeinsame Erklärung zum Einsatz von KI in der Justiz

Ein Smartphone wird in Händen gehalten.
Schule

Aktionstag zur Bekämpfung von Gewalt an Schulen

Ein Schild mit der Aufschrift „Flüchtlingserstaufnahmestelle“, im Hintergrund ein Fahrzeug an einer Einfahrt.
Vermögen und Bau

Umweltgutachten zur Bebaubarkeit des Gebiets Schanzacker

Ein Beamter sitzt an seinem papierlosen Schreibtisch und arbeitet an einer E-Akte.
Justiz

Automatisierter Datenabruf in der Justiz

Verleihung der Bevölkerungsschutz-Einsatzmedaille Unwetter 2024
Bevölkerungsschutz

Fluthelferinnen und Fluthelfer ausgezeichnet

Ein Blitz schlägt in der Nähe der Grabkapelle im Stuttgarter Stadteil Rotenberg in ein.
Sicherheit

Extremwetterlagen in Baden-Württemberg

Kinder sind auf einer Straße mit dem Fahrrad unterwegs zur Schule. (Foto: © dpa)
Verkehrssicherheit

Bundesweiter Aktionstag „sicher.mobil.leben“

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Mitte) bei einem Runden Tisch zum Thema Sicherheit und Verteidigung im Neuen Schloss in Stuttgart.
Austausch

Runder Tisch Sicherheit und Verteidigung

Foto frei verwendbar, von links nach rechts: Martin Finckh, Leiter der Abteilung Justizvollzug des Ministeriums der Justiz und für Migration; Justizministerin Marion Gentges; Stefanie Hörter, Leiterin der Justizvollzugsanstalt Rottweil; Ilona Crispien, stellvertretende Leiterin der Justizvollzugsanstalt Rottenburg; Elmar Steinbacher, Amtschef des Ministeriums der Justiz und für Migration
Justiz

Neue Leiterin der Justizvollzugsanstalt Rottweil

von links nach rechts: stellvertretende Leiterin des Landesjustizprüfungsamts Dr. Cornelia Iffland, Jannis Bantele, Oliver Justus Enning, Dr. Maximilian Gerhold, Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges
Justiz

Gentges gratuliert zum Zweiten juristischen Staatsexamen

von links nach rechts: Amtschef des Ministeriums der Justiz und für Migration Elmar Steinbacher, Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges, Leitender Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Hechingen a.D. Jens Gruhl und die Leitende Oberstaatsanwältin der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart Sandra Bischoff
Justiz

Leitender Oberstaatsanwalt Jens Gruhl tritt in den Ruhestand

Auslandseinsatz in Gambia, Polizei Baden-Württemberg
Polizei

Erfolgreicher Abschluss des Polizeiprojektes in Gambia