Pflege

13 Ideen zum Wiedereinstieg und Verbleib im Pflegeberuf ausgezeichnet

02.03.2023

Lesezeit: 14 Minuten

Gruppenfoto: Sozialminister Manne Lucha mit den Preisträgern des Ideenwettbewerbs Pflegeberuf im Hospitalhof Stuttgart

Wie können Pflegekräfte im Beruf gehalten oder für den Wiedereinstieg gewonnen werden? Beim Ideenwettbewerb des Sozialministeriums Baden-Württemberg wurden kreative und konkrete Ideen prämiert, die zeigen, wie der Pflegeberuf attraktiver werden kann.

Durch bessere Arbeitsbedingungen wären viele Pflegekräfte wieder bereit, in den Beruf zurückzukehren. Hier besteht ein großes Potenzial. Aber auch ein längerer Verbleib von Pflegefachkräften im Pflegeberuf leistet einen Beitrag zur Fachkräftesicherung. Aus diesem Grund hat das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration den Ideenwettbewerb „Wiedereinstieg und Verbleib im Pflegeberuf“ ausgerufen. Rund 60 Projekte und Initiativen wurden dafür eingereicht. Sie alle haben das Ziel, die Rahmenbedingungen in der Pflege zu verbessern und Pflegekräfte wieder in den Beruf zurückzuholen.

Bei einer Preisverleihung am 2. März 2023 im Stuttgarter Hospitalhof wurden 13 Projekte (PDF) durch Sozial- und Gesundheitsminister Manne Lucha prämiert, die vorab durch eine Jury ausgewählt wurden. Sie können sich nun über eine finanzielle Förderung in Höhe von bis zu 80.000 Euro durch das Land freuen.

Gute Ideen gegen Personalmangel in der Pflege

„Der Wettbewerb ist für mich ein wichtiger Beitrag, um gute Ideen zu verbreiten, wie dem Personalmangel in der Pflege etwas entgegengesetzt werden kann“, sagte Sozial- und Gesundheitsminister Manne Lucha, selbst ausgebildeter Krankenpfleger, bei der Preisverleihung in Stuttgart. „Pflege-Kollaps, Pflexit oder Pflegenotstand – häufig ist die Debatte dominiert von alarmistischen Schlagworten. Natürlich soll die Situation nicht beschönigt werden, aber es gibt auch in Baden-Württemberg viele kreative und konkrete Ideen, wie der Pflegeberuf attraktiver werden kann. Das hat nicht zuletzt unser Wettbewerb deutlich gezeigt. Nun geht es darum, die Ideen ins Land zu bringen und umzusetzen.“

Ob Mentorinnen- und Mentorenprogramm, ein Konzept für Pflegekräfte in Elternzeit, Crashkurse für wiederkehrende Arbeitnehmende oder eine Softwarelösung, die faire Dienstpläne per Algorithmus ermöglicht – die Preisträgerinnen und Preisträger haben vielfältige Initiativen und Projekte für den Ideenwettbewerb eingereicht. Dieser wurde vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration gemeinsam mit der FamilienForschung Baden-Württemberg (FaFo) durchgeführt.

Preisträger des Ideenwettbewerbs

Preisträger: Alb Fils Kliniken GmbH
- Informationen zum Projekt: Examinierten Pflegefachkräften, die länger als fünf Jahre nicht mehr im Beruf gearbeitet haben, wird durch ein 20-wöchiges Qualifizierungsprogramm mit Theorie- und Praxiseinheiten der Wiedereinstieg erleichtert. Die Zielgruppe wird durch eine regionale Werbekampagne angesprochen und durch Willkommen-Cafés und Orientierungstage begleitet.

Preisträger: Klinikum Esslingen
- Informationen zum Projekt: Im 6-monatigen „Trainee-Pädiatrie“-Programm wird examinierten Pflegefachkräften, Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern sowie Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteigern die Möglichkeit des beruflichen Wechsels in den Bereich Pädiatrie gegeben. Das Programm besteht aus einer Theoriephase im Web-based Training (in Zusammenarbeit mit der ZHAW – Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Department Gesundheit) und einer Praxisphase. Ein Blended-Learning-Arrangement bietet den Teilnehmenden Zeitunabhängigkeit und Flexibilität.

Preisträger: AK-Pflege – Zusammenschluss der Klinik Ostfildern-Ruit mit Tagespflegeeinrichtungen, ambulanten
Diensten und stationären Pflegeeinrichtungen der Stadt Ostfildern
- Informationen zum Projekt: Für die Kampagne „Wir. Für eine zukunftsfähige Pflege in Ostfildern“ haben sich die Führungskräfte aller pflegenden Einrichtungen in Ostfildern zu einem Arbeitskreis zusammengeschlossen, um gemeinsam und solidarisch um neue Mitarbeitende zu werben. Die Kampagne wurde und wird in der „Stadtrundschau Ostfildern“ veröffentlicht. Sie stellt Arbeitsfelder in der Pflege vor sowie deren Relevanz und Zugangsmöglichkeiten. Zudem informiert sie die Bürgerinnen und Bürger über die Erfordernisse einer guten Pflege.
Preisträger: Die Filderklinik gGmbH
- Informationen zum Projekt: Das Projekt möchte durch ein lebensphasenorientiertes Arbeitsmodell zu einem längeren Berufsverbleib in der Pflege motivieren. Als herausragende Lebensphasen werden dabei die Erziehungszeit im Kleinkindalter und die Lebensphase 55+ in den Fokus gestellt. Das Dienstplanmodell soll entlang der Bedürfnisse der Pflegenden in diesen Lebensphasen gestaltet werden. Im Wesentlichen werden für diese beiden Generationen verlässliche Dienstpläne zu fixen Zeiten angeboten, die mit Kinderbetreuungszeiten kompatibel sind beziehungsweise mit Bedarfen von älteren Beschäftigten.

Preisträger: Klinikum Stuttgart
- Informationen zum Projekt: Das Pilotprojekt ist ein Onboarding-Programm für neu eintretende Pflegekräfte, die über einen Zeitraum von zwölf Monaten von einer Mentorin oder einem Mentor individuell angeleitet und begleitet werden. Das Programm folgt einem persönlichen Entwicklungsplan und ist durch regelmäßige Besprechungstermine zwischen Mentorin beziehungsweise Mentor, der neuen Pflegekraft und zusätzlich mit der pflegerischen Leitungsebene strukturiert. Das Onboarding-Programm sieht auch ein fachspezifisches Intensivtraining und eine fachliche Einarbeitung durch das umgebende Team vor.
Projektträger: Wohlfahrtswerk Baden-Württemberg
- Informationen zum Projekt: Mit diesem Projekt wird ein breit angelegter, beteiligungsorientierter und interdisziplinärer Organisationsentwicklungsprozess gestartet. Der Prozess berücksichtigt zum einen das
  Handlungsfeld „Finden und aktivieren von ausgebildeten Pflegekräften, die derzeit nicht in
  der Pflege arbeiten“ und zum anderen legt es den Fokus auf Bestandsmitarbeitende.
  Vorgesehen ist eine Vielzahl an Einzelmaßnahmen, wie unter anderem ein Kommunikations- und
  Marketingkonzept, Maßnahmen zur beruflichen Weiterentwicklung auf allen Ebenen, die
  Erforschung und Entwicklung von Haltungen und Werten (Identifikation) sowie neue Wege
  der Dienstplangestaltung durch einen kollaborativen Dienstplan.
Preisträger: Robert-Bosch-Krankenhaus
- Informationen zum Projekt: Innerhalb eines Forschungsprojekts wird ein neues Schichtsystem erprobt. Um die Mitarbeitenden in ihrer individuellen Lebensphase abzuholen, sollen für das Projekt 12-
  Stunden-Schichten (zum Beispiel für jüngere Mitarbeitende) und ergänzende 6-Stunden-Schichten
  (zum Beispiel für Mitarbeitende mit Vereinbarkeitsherausforderungen) eingeführt werden, zwischen
  denen die Mitarbeitenden frei wählen können. Die Umsetzbarkeit dieses Systems und seine
  Auswirkungen auf die Mitarbeitenden werden erforscht. Gleichzeitig soll Telemedizin genutzt
  werden, um den Einsatz von Pflegekräften optimaler und ressourcenschonender zu planen.
  Pflegekräfte mit Familie oder gesundheitlichen Einschränkungen könnten so weiterhin im
  Beruf tätig bleiben. Das Forschungsprojekt wird im Bereich der Geriatrie umgesetzt.
Projektträger: Wohlfahrtswerk Baden-Württemberg
- Informationen zum Projekt: Mit der Idee wird ein Kontaktprogramm aufgebaut, durch das die Rückkehr von Pflegekräften bereits vor Beginn ihrer Elternzeit und während ihrer Elternzeit gesichert wird. Das Programm sieht unter anderem folgende Bausteine vor: die Vorbesprechung einer Roadmap vor Beginn der Elternzeit bis zur Rückkehr, ein Patenschaftsmodell während der Elternzeit, damit die Mitarbeitenden weiterhin informiert bleiben, die unverbindliche Teilnahme an Workshops und Elterncafés. Die Mitarbeitenden sollen sich so weiterhin mit der Einrichtung verbunden fühlen und versichert sein, dass das Team sich auf ihre Rückkehr freut. Das Konzept wurde in Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden entwickelt, die bereits in Elternzeit waren oder aktuell sind.

Preisträger: RKH Gesundheit, Klinikum Ludwigsburg
- Informationen zum Projekt: Das Projekt „Dialog im Dreiklang – Pflege, Therapie und Patientin und Patient“ setzt an der Eigenverantwortung der Pflegenden an. Das Pflege- und therapeutische Team der Neurologie am
  Klinikum entwickelt ein strukturiertes Betreuungskonzept für Patientinnen und Patienten während und unmittelbar nach dem Aufenthalt auf der Stroke Unit (Schlaganfalleinheit). Konkret sollen als Versuchsfeld sechs bis acht comprehensive care Betten eingerichtet werden, durch die Pflegende die Möglichkeit und Kompetenz erhalten, ein Förderkonzept und ein Betreuungsprogramm für Patientinnen und Patienten nach dem Aufenthalt im Monitoring-Bereich der Stroke Unit Station zu erstellen. Durch das eigenverantwortliche Gestalten des individuellen Behandlungskonzeptes und die ganzheitliche Begleitung der Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten wird die Zufriedenheit des Teams erhöht, aber auch die Selbstpflegekompetenz der Patientinnen und Patienten.

Preisträger: Siloah St. Trudpert Klinikum
- Informationen zum Projekt: Mit dem Rückkehrer-Kurs „Zurück in die Zukunft“ werden Pflegefachkräfte, die für mindestens fünf Jahre nicht in der Pflege tätig waren, in ihren erlernten Beruf zurückgeholt. Innerhalb von vier Wochen wird theoretisches und praktisches Wissen mit engem Praxisbezug vermittelt. Nach dem Kurs gehen die Teilnehmenden in einen Springerpool über. Der Kurs wird durch eine breit angelegte Kampagne beworben. Insbesondere ist eine Tournee durch Pforzheim und den Enzkreis geplant. Mit einem plakatierten Dreiradtransporter oder Bus soll auf den Marktplätzen einiger Städte Halt gemacht werden, um mit Passantinnen und Passanten ins Gespräch zu kommen.

Preisträger: Haus Lebensquelle GmbH
- Informationen zum Projekt: Mit dem Vorhaben wird dem negativen Bild, welches der Pflege häufig in der öffentlichen Berichterstattung anhaftet, ein positives entgegengesetzt. Dafür wird in der Einrichtung eine
  Teilzeit-Stelle geschaffen. Ziel ist es, die Wertschätzung des Pflegeberufs anzuheben und die wertvolle Arbeit der Pflegekräfte in den Vordergrund zu rücken. Die Öffentlichkeitsarbeit soll soziale Netzwerke mit einbeziehen, ebenso wie die Sozialräume. Auch mit der lokalen Presse, Verlagen und Printmedien soll verstärkt zusammengearbeitet werden. Eine Kooperation mit anderen Pflegeeinrichtungen des Schwarzwald-Baar-Kreises wurde bereits ins Leben gerufen.

Preisträger: Ambulanter Pflegedienst Hand in Hand GmbH
- Informationen zum Projekt: In diesem Projekt wird die Kita „Schatzinsel“, die bereits besteht, an den ambulanten Pflegedienst angebunden. Die Kita berücksichtigt die Bedarfe der Mitarbeitenden des Pflegedienstes. So öffnet diese bereits um 5.30 Uhr und es besteht ein Fahrdienst, der die Kinder von zu Hause oder der Schule abholt. So können die Mitarbeitenden auch im Schichtdienst arbeiten und erhalten eine gute pädagogische Betreuung für ihre Kinder im Alter von null bis 14 Jahren.

Preisträger: Universitätsklinikum Mannheim
- Informationen zum Projekt: Das Projekt „Dein Wunsch“ möchte den Mitarbeitenden des Universitätsklinikums eine Dienstplanung ermöglichen, die ihre Bedürfnisse und Wünsche besser berücksichtigt. Dies wird mit einer Softwarelösung erreicht, der ein sogenannter „fair-work“-Algorithmus zugrunde liegt. Die so entstandene Plattform soll intuitiv zu bedienen sein, eine transparente und nachvollziehbare Dienstplanung ermöglichen, die offene Schichten avisiert und kurzfristiges Einspringen nachhaltig honoriert.