Kernkraft

Meldepflichtiges Ereignis im Kernkraftwerk Neckarwestheim

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Das Atomkraftwerk Neckarwestheim. (Bild: Patrick Seeger / dpa)

Im Kernkraftwerk Neckarwestheim wurde eine Notstromschiene im Rahmen von Wartungsarbeiten fehlerhaft abgeschaltet. Das Ereignis hat keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung.

Am 25. Februar 2021 ist im Rahmen der Wartung eines Notspeisenotstromdieselaggregats der Einspeiseschalter zu einer Schiene des Notstromnetzes Zwei fehlerhaft geöffnet worden. Hierdurch wurde die betroffene Notstromschiene spannungslos. Das Reaktorschutzsystem hat dies korrekt erkannt und die Reaktorschutzsignale zum Start des entsprechenden Notspeisenotstromdieselaggregats ausgelöst. Zu diesem Zeitpunkt war der Notspeisenotstromdiesel wegen der Wartungsarbeiten jedoch noch planmäßig freigeschaltet, weshalb er nicht gestartet werden konnte. Nach Klärung der Situation hat das Betreiberpersonal den Einspeiseschalter wieder eingelegt, so dass die Notstromschiene nach ungefähr 15 Minuten wieder spannungsversorgt war. Die Ursache für das fehlerhafte Öffnen des Einspeiseschalters war eine Verwechslung mit einem anderen Schalter, der sich in einem benachbarten, optisch identischen Schrank befindet.

Einstufung durch den Genehmigungsinhaber: Meldekategorie N (Normalmeldung); INES 0 (keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung).

Maßnahmen des Genehmigungsinhabers

Nach dem Einlegen des Einspeiseschalters war die betroffene Notstromschiene wieder versorgt. Die durch den Reaktorschutz angeregten Komponenten wurden entsprechend dem Anlagenzustand wieder normalisiert. Der Betreiber hat angekündigt zur Ursachenermittlung, eine ganzheitliche Ereignisanalyse durchzuführen.

Die kurzzeitig spannungslose Notstromschiene gehört zum Notstromsystem zwei (D2-System), welches sicherheitstechnisch wichtige Verbraucher dieser Notstromschiene elektrisch versorgt. Im Normalbetrieb werden diese Komponenten nicht benötigt, sondern sie sind für die Beherrschung bestimmter Störfälle vorgesehen.

Das Notstromsystem zwei ist so ausgelegt, dass im Anforderungsfall die Stromversorgung von sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen auch mit nur zwei der insgesamt vier funktionsfähigen Notstromschienen sichergestellt ist. Zwar stand durch die Spannungslosigkeit der Notstromschiene eine der vier Schienen nur eingeschränkt zur Verfügung, jedoch waren die anderen drei Schienen des Notstromsystems zwei uneingeschränkt verfügbar. So hätten im Anforderungsfall alle sicherheitstechnisch erforderlichen Funktionen ausgeführt werden können. Die sicherheitstechnische Bedeutung ist daher gering. Es ergaben sich keine Auswirkungen auf Personen und die Umwelt.

Meldestufen

Die für die kerntechnische Sicherheit bedeutsamen Ereignisse sind den atomrechtlichen Aufsichtsbehörden der Länder nach den bundeseinheitlichen Kriterien der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung – AtSMV zu melden. Ziel des Meldeverfahrens ist, den Sicherheitsstand der Kernkraftwerke zu überwachen, dem Auftreten ähnlicher Fehler in anderen Kernkraftwerken vorzubeugen und die gewonnenen Erkenntnisse in sicherheitstechnische Verbesserungen einfließen zu lassen.

Die meldepflichtigen Ereignisse sind unterschiedlichen Kategorien zugeordnet (Erläuterungen zu den Meldekriterien für meldepflichtige Ereignisse):

  • Kategorie S (Unverzügliche Meldung): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde unverzüglich gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kürzester Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Vorkommnisse, die akute sicherheitstechnische Mängel aufzeigen.
  • Kategorie E (Meldung innerhalb von 24 Stunden): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde binnen 24 Stunden gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kurzer Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Ereignisse, deren Ursache aus Sicherheitsgründen in kurzer Frist geklärt und gegebenenfalls in angemessener Zeit behoben werden muss. In der Regel handelt es sich dabei um sicherheitstechnisch potentiell - aber nicht unmittelbar - signifikante Ereignisse.
  • Kategorie N (Meldung bis zum fünften Werktag): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde innerhalb von fünf Werktagen gemeldet werden müssen, um eventuelle sicherheitstechnische Schwachstellen frühzeitig erkennen zu können. Dies sind in der Regel Ereignisse von geringer sicherheitstechnischer Bedeutung, die über routinemäßige betriebstechnische Einzelereignisse bei vorschriftsmäßigem Anlagenzustand und -betrieb hinausgehen. Unverfügbarkeiten von Komponenten/Systemen, die durch im Betriebshandbuch spezifizierte Prozeduren temporär beabsichtigt herbeigeführt werden, sind nicht meldepflichtig, wenn dies auch in der Sicherheitsspezifikation des Betriebshandbuches entsprechend berücksichtigt ist.

Internationale Bewertungsskala INES

 Aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Betreibern der Kernkraftwerke und dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit werden meldepflichtige Ereignisse in Kernkraftwerken auch nach der Bewertungsskala International Nuclear and Radiological Event Scale (INES) der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und der Nuklearenergie-Agentur (NEA) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bewertet. Sie hat eine rasche und für die Öffentlichkeit verständliche Bewertung eines Ereignisses zum Ziel.

Die Skala umfasst sieben Stufen:

1. Störung
2. Störfall
3. ernster Störfall
4. Unfall mit örtlich begrenzten Auswirkungen
5. Unfall mit weitergehenden Auswirkungen
6. schwerer Unfall
7. katastrophaler Unfall

Meldepflichtige Ereignisse, die nach dem INES-Handbuch nicht in die Skala (1 - 7) einzuordnen sind, werden unabhängig von der sicherheitstechnischen Bedeutung nach nationaler Beurteilung der „Stufe 0” zugeordnet.

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