Gleichstellung

Frauen haben weniger Freiheit in der Mobilität als Männer

Eine Studie zeigt: Komplexere Wegketten, mehr Begleitung anderer und die fehlende Unterstützung dieser anderen Wege sorgen dafür, dass sich Frauen weniger frei bewegen können als Männer.

Berechne Lesezeit
  • Teilen
Ein Zug des Typs FLIRT des Zugbetreibers Go-Ahead steht am Stuttgarter Hauptbahnhof. (Foto: dpa)

Komplexere Wegketten, mehr Begleitung anderer und die fehlende Unterstützung dieser anderen Wege sorgen dafür, dass sich Frauen weniger frei bewegen können als Männer. Das ist eines der Ergebnisse der Studie „Gleichstellung in der Mobilität“ (PDF). Die wissenschaftliche Untersuchung der Familienforschungsstelle Baden-Württemberg hat Daten und Handlungsfelder zu Mobilitätsbedürfnissen und Sicherheit erarbeitet. Auf dieser Basis wird konkret für Baden-Württemberg belegt, inwiefern sich das Mobilitätsverhalten von Männern und Frauen unterscheidet, welche Defizite sich im Umgang damit daraus ergeben und welche Verbesserungsmöglichkeiten in den Blick genommen werden sollten.

Nachteile für Frauen nicht hinnehmbar

„Die von uns beauftragte Studie zeigt, dass sich die Mobilitätsbedürfnisse und die Muster von Männern und Frauen deutlich unterscheiden. Politik hat darauf noch nicht angemessen reagiert. Das müssen wir ändern. Die Studie schärft den Blick für Benachteiligungen“, kommentierte Minister Winfried Hermann die Auswertung.

Staatssekretärin Elke Zimmer erklärte: „Aspekte wie Mobilität für die Familie, Sicherheit und unterschiedlich riskantes Verhalten der Geschlechter im Straßenverkehr müssen mehr in den Fokus genommen werden. Gerade wenn es um Mobilität im Dunkeln geht, schränken sich Mädchen und Frauen oft ein. Kurzum, sie haben weniger Freiheit.“ 

Minister Hermann ergänzte: „Es darf nicht als normal angesehen werden, dass zum Beispiel ein 16-jähriges Mädchen nur dann am Abend aus dem Haus darf, wenn ein Elternteil sie hinterher abholen kann. Unsicherheit im öffentlichen Raum können wir als Gesellschaft nicht akzeptieren.“ Männer, vor allem junge, verhielten sich als Autolenker anders als Frauen. Statistisch gesehen seien viel mehr Männer auf den Straßen zu schnell unterwegs und auch alkoholisiert. „Die Ursachen gilt es herauszuarbeiten und Verhaltensänderungen bewirken. Wir müssen dabei vor allem die sogenannten Verkehrsrowdys einbremsen, die Regeln einfach komplett ignorieren. Die sollten die rote Karte bekommen, bevor etwas passiert“, so Hermann.

Frauen begleiten mehr Wege als Männer

Die Mobilitätsbedürfnisse von Frauen und Männern unterscheiden sich laut Studie an einigen Stellen deutlich voneinander. Frauen übernehmen häufiger die Sorgearbeit und müssen komplexe Wegeketten zurücklegen, um ihre unterschiedlichen Wegezwecke miteinander zu kombinieren. Zehn Prozent aller Wege von Frauen begleiten sie andere. Bei Männern ist das nur in sechs Prozent der Fall.

Wer Kinder zur Kita bringt, danach zur Arbeit fährt, anschließend die Kinder zum Sport bringt und dazwischen den Einkauf macht, ist darauf angewiesen, dass all diese Wege funktionieren.  Um dies reibungslos zu ermöglichen, braucht es barrierefreie, flexible, schnell zu erreichende, zuverlässige und bezahlbare Verkehrsmittel. „Bei Stadt- und Mobilitätsplanungen sollte dafür die Geschlechterperspektive von Anfang an aktiv in den Prozess einbezogen werden“, sagte Staatssekretärin Zimmer. „Wenn die Mobilität nicht klappt, funktioniert der Alltag nicht und kostet umso mehr Anstrengung und bringt Stress“, ergänzte Hermann. Auslösen könnten dies der kaputte Aufzug an Haltestellen, Gedränge in der Bahn, in die man den Kinderwagen schiebt, oder Autos, die Gehwege und Kreuzungen zuparken. Solche Dinge erschweren statistisch gesehen vor allem die tägliche Mobilität von Frauen.

Wo Mädchen und Frauen Abstriche machen müssen

Die Ungleichheit zwischen Frauen und Männern ist vielerorts Normalität. 68 Prozent der Frauen fühlen sich nachts ohne Begleitung im ÖPNV eher oder sehr unsicher. Daher kommt die von Kleinauf erlernte Vorsicht und Umsicht im öffentlichen Raum. Verbesserte Beleuchtung und Einsehbarkeit durch beispielsweise das Zurückschneiden von Hecken können dagegen wirken. Auch barrierefreie und familiengerechte Parkplätze tragen zur gerechteren Teilhabe von Frauen im öffentlichen Raum bei.

Risikofaktor Mann

Männer sind durch risikoreicheres Verhalten die Hauptverursacher von Verkehrsunfällen. Männer überschreiten dreimal so oft die Geschwindigkeitsbegrenzung und fahren fünfmal häufiger unter Einfluss von Alkohol. Aufklärung und Präventionsmaßnahmen sowie eine stärkere Kontrolle und Sanktionierung kann für mehr Sicherheit für alle im Verkehr sorgen. Diese können unter anderem durch mehr Geschwindigkeitskontrollen oder Maßnahmen gegen falsch geparkte Autos auf Geh- oder Radwegen oder Kreuzungen erfolgen. Die Kampagne „Vision Zero“ (keine Getöteten und Schwerverletzten im Straßenverkehr) nimmt deshalb 2026 junge Männer in den Fokus.

Studie „Gleichstellung in der Mobilität“

Anfang 2025 hat das Verkehrsministerium im Kontext der Aufstellung einer landesweiten Gleichstellungsstrategie eine Studie in Auftrag gegeben, in der die Unterschiede beim Mobilitätsverhalten von Männern und Frauen genauer unter die Lupe genommen wurden.

Studie „Gleichstellung in der Mobilität – Daten und Handlungsfelder zu Mobilitätsbedürfnissen und Sicherheit der Familienforschungsstelle BW“
Auftraggeber: Verkehrsministerium Baden-Württemberg
Erstellung: FaFo FamilienForschung im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg
Herausgeber: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg

Studie „Gleichstellung in der Mobilität“ (PDF)

Weitere Meldungen

Straßenbegleitgrün
Artenschutz

Straßenräume grüner gestalten

Pilotprojekt fürsorgende Gemeinschaft in Waldstetten: gemeinsam Zukunft gestalten
Gesellschaftliche Teilhabe

Ein Netzwerk für mehr Lebensqualität im Alter

Mitarbeiter der Straßenmeisterei im Einsatz (Foto: © dpa)
Straßenverkehr

Neue Halle für die Straßenmeisterei Gaildorf

Einsatzkräfte der Feuerwehr errichten am Nonnenbach in Bad Saulgau im Ortsteil Moosheim einen Damm mit Sandsäcken gegen das Hochwasser.
Katastrophenschutz

Neues Katastrophenschutzgesetz beschlossen

Ein Aufsteller mit Flyern.
Öffentlicher Nahverkehr

Verkauf von Fahrkarten in Reutlingen und Aulendorf

Tauberufer in Wertheim
Städtebauförderung

Kernstadt Wertheim erfolgreich saniert

Mitarbeiter des Bereichs der atmosphärischen Aerosolforschung beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) arbeiten im Wolkenlabor an der Anlage für Aerosol Interaktionen und Dynamik in der Atmosphäre (AIDA). (Foto: dpa)
Ländlicher Raum

Land fördert Innovationen und nachhaltige Technologien

Kabinettssitzung in der Villa Reitzenstein in Stuttgart
Landesregierung

Bericht aus dem Kabinett vom 2. Dezember 2025

Ein fahrender Regionalzug
Schienenverkehr

Ausbau der Schiene im Land geht weiter voran

Ein Haus, dessen Grundgerüst aus Holz besteht, steht in einem Tübinger Neubaugebiet. (Bild: picture alliance/Sebastian Gollnow/dpa)
Forst

Holzbaulösungen für Kommunen und die Wohnungswirtschaft

Autos fahren bei Gosbach (Baden-Württemberg) auf der Autobahn A 8 München - Stuttgart am Drackensteiner Hang über eine Brücke.
Verkehr

Baufreigabe für Albaufstieg

Häuser in Stuttgart werden von der Morgensonne beschienen. (Bild: picture alliance/Sebastian Gollnow/dpa)
Wohnraumförderung

Z15-Darlehen in der Wohnraumförderung digital beantragbar

Ehrenamtskarte Baden-Württemberg
Bürgerengagement

Ehrenamtskarte jetzt auch per App verfügbar

Verschiedene Mobilitätsicons von Bus über Auto bis Bahn liegen auf einer Baden-Württemberg-Karte.
Mobilität

Landesweites Verkehrsmodell bildet Verkehr digital ab

Logo des Landespreises 2020 für junge Unternehmen. (Bild: L-Bank)
Wirtschaft

Landespreis für junge Unter­nehmen 2026 ausgeschrieben