In Baden-Württemberg wird der Klimaschutz seit Juli 2013 in einem eigenen Gesetz geregelt. Baden-Württemberg war das zweite Bundesland mit einem solchen Klimaschutzgesetz. 2021 haben wir das Klimaschutzgesetz überarbeitet und um neue Klimaziele sowie wirkungsvolle Maßnahmen ergänzt. Den Treibhausgasausstoß des Landes wollen wir bis zum Jahr 2030 um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Bis zum Jahr 2040 soll Baden-Württemberg klimaneutral sein.
Vorbild soll auch die Landesverwaltung sein und bereits bis zum Jahr 2030 klimaneutral werden. Dabei geht es vor allem darum, landeseigene Gebäude energetisch zu sanieren und auf erneuerbare Energien umzustellen. Mobilität und Dienstreisen, Informationstechnologien und Beschaffungswesen rücken ebenfalls in den Fokus.
Mit der Novelle des Klimaschutzgesetzes vom Herbst 2021 wurde insbesondere eine Photovoltaikpflicht für alle neuen Gebäude und bei grundlegenden Dachsanierungen festgeschrieben und ein Mindestflächenziel für Windenergie- und Freiflächenphotovoltaikanlagen in Höhe von zwei Prozent der Landesfläche gesetzlich festgelegt.
Das Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg soll mit Blick auf die neuen EU-Klimaziele und den 1,5-Grad-Pfad möglichst bis Ende 2022 schrittweise weiterentwickelt werden. In einem weiteren Schritt soll nun – ausgehend von Sektorzielen, die ein Forschungsvorhaben derzeit ermittelt – ein neues Maßnahmen-Konzept entwickelt werden.

Neben den gesetzlichen Grundlagen haben die Regierungspartner im Koalitionsvertrag ein Sofortprogramm für Klimaschutz und Energiewende vereinbart, dass zahlreiche Maßnahmen enthält. Diese Maßnahmen haben wirbis Ende 2021 eingeleitet oder bereits schon umgesetzt. Die 17 Maßnahmen des Sofortprogramms befinden sich derzeit in der Umsetzung oder sind bereits abgeschlossen:
- Vergabeoffensive für die Vermarktung von Staatswald- und Landesflächen für die Windkraftnutzung.
- Nutzung landeseigener Gebäude und Grundstücke für Freiflächen-, Dach- und Fassaden-Photovoltaik.
- Einsatz für den Ausbau von Freiflächen-Photovoltaik.
- Einführung eines CO2-Schattenpreises für die Sanierung und den Neubau von Landesliegenschaften.
- Prüfung eines Klimavorbehalts für neue und fortzuschreibende Förderprogramme sowie Berücksichtigung von Klima- und Nachhaltigkeitszielen in der Gesetzgebung des Landes.
- Sanierungsoffensive für landeseigene Gebäude.
- Umsetzung des beschlossenen Abwärmekonzepts.
- Unterstützung der Kommunen bei der Umsetzung der kommunalen Wärmepläne.
- Einrichtung eines Klima-Sachverständigenrats.
- Prüfung der Einführung eines CO2-Budgets für das Land.
- Förderprogramm für besonders innovative, klimaneutrale Wohngebiete.
- Einrichtung eines Reallabors Klimastadt.
- Klimafreundliche Kreislaufwirtschaft.
- Möglichst weitgehende Umstellung des Landesfuhrparks auf klimaneutrale Antriebe.
- Ausrichtung der Finanzpolitik des Landes am 1,5-Grad-Ziel.
- Einsatz für einen Kohleausstieg bis 2030.
- Förderprogramm für Solarparkplätze im Bestand.

Eine Maßnahme aus dem Sofortprogramm ist die Einrichtung eines Klima-Sachverständigenrats. Dieser Rat haben wir Ende 2021 etabliert. Er soll die Landesregierung und den Landtag zukünftig sektorübergreifend zu Fragen des Klimaschutzes und der Klimawandelanpassung beraten. Bei dem Sachverständigenrat handelt sich um ein unabhängiges wissenschaftliches Expertengremium, das sich aus sechs Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammensetzt. Sie wurden für fünf Jahre berufen.
Zu den zentralen Aufgabenfeldern des Klima-Sachverständigenrats gehört es, die Landesregierung bei der Umsetzung der Klimaschutzziele und der Anpassungsstrategie zu beraten und auch sektorspezifische Maßnahmenvorschläge zu entwickeln. Zudem wirkt er insbesondere beim Monitoring der bisherigen Klimaschutzmaßnahmen mit.
Die Klimaschutzpolitik des Landes wird wesentlich von den Rahmenbedingungen auf Bundes- und EU-Ebene bestimmt. So erfasst beispielsweise der Emissionshandel, das EU Emissions Trading System (EU ETS), EU-weit etwa 40 Proizenz und in Baden-Württemberg rund ein Drittel aller Treibhausgasemissionen. Bisher konnten die im EU ETS gesetzten Ziele eingehalten werden. Der seit 2019 deutlich gestiegene Preis für CO2-Zertifikate entfaltet seine Lenkungswirkung. Dennoch muss die weitere Entwicklung auch im EU ETS sorgfältig beobachtet werden.
Den Startpunkt für eine ambitioniertere europäische Klimapolitik markiert der European Green Deal. Im Zentrum steht dabei die „Umgestaltung der EU-Wirtschaft für eine nachhaltige Zukunft“. Außerdem sollen dem Schutz und der Wiederherstellung der natürlichen Ökosysteme, dem Schutz der menschlichen Gesundheit vor Umweltauswirkungen sowie der nachhaltigen Nutzung der Ressourcen ein höherer Stellenwert beigemessen werden. Weitere wichtige Bausteine sind der Ausbau der erneuerbaren Energien, die Energieeffizienz, die Vernetzung der Energiesysteme, die Kreislaufwirtschaft sowie nachhaltiges Bauen und neue Mobilitätskonzepte.
Europa soll der erste klimaneutrale Kontinent werden
Im Europäischen Klimaschutzgesetz ist die Klimaneutralität bis 2050 rechtlich verankert. Das soll Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent machen. Bis 2030 soll EU-weit eine Emissionsreduktion um 55 Prozent gegenüber 1990 erreicht werden. Dazu hat die Europäische Union ein „Fit-for-55-Paket“ mit insgesamt zwölf Einzelregelungen auf den Weg gebracht. Neu ist der Plan, in den Sektoren Gebäude und Verkehr ebenfalls ein Emissionshandelssystem einzuführen. In einer solchen Regelung könnte das bundesweit seit 2021 geltende Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) aufgehen. Das BEHG gibt CO2 einen zunächst festgelegten Preis, der mit 25 Euro pro Tonne CO2 startete und sukzessive steigt, bevor er in ein Handelssystem überführt wird.
Bundesweite Vorgaben und Strategien wirken sich ebenfalls ganz erheblich auf den Handlungsspielraum des Landes aus. Der Bund hat mit dem 2019 vorgelegten und 2021 novellierten Klimaschutzgesetz einen wichtigen Rahmen für die Klimapolitik vorgegeben. Der Bund strebt Klimaneutralität bis 2045 und bis 2030 eine Reduktion der Emissionen um 65 Prozent an. Um die Zielerreichung in den einzelnen Sektoren zu überprüfen hat der Bund ein Nachsteuerungsmechanismus eingeführt. Zentrale Maßnahmen zur Zielerreichung sind im Klimaschutzprogramm 2030 zu finden.
Ein Großteil der Emissionen geht auf die Erzeugung von Strom, Wärme und Kraftstoffen zurück – rund 90 Prozent aller klimaschädlichen Emissionen im Land fallen energiebedingt an. Besonders viel CO2 entsteht im Verkehrssektor. Mit absteigendem Anteil stammen weitere Emissionen aus dem Betrieb von Gebäuden, also private Haushalte sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistungen, der Industrie, der Land- und Forstwirtschaft und schließlich der Abfall- und Abwasserwirtschaft. Diese verschiedenen Sektoren betrachten wir getrennt voneinander, um ihre Entwicklung separat verfolgen und beeinflussen zu können.
Das für 2020 angepeilte Zwischenziel, insgesamt ein Viertel weniger CO2 auszustoßen als im Jahr 1990, haben wir erreicht. Bis 2030 verbleibt allerdings nur noch wenig Zeit, um die Gesamtemissionen um weitere 40 Prozentpunkte auf mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren.
Baden-Württemberg engagiert sich im Klimaschutz auch auf internationaler Ebene. Gemeinsam mit Kalifornien gehören wir zu den Gründungsmitgliedern der Under2-Coalition. Dieses Klimabündnis zählt zwischenzeitlich 260 Mitstreiter, die 1,7 Milliarden Menschen und 50 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung repräsentieren. Ihnen allen ist gemein, dass sie das 1,5 Grad-Ziel unterstützen und den dazu notwendigen Wandel in allen relevanten Sektoren vorantreiben.
Kommunen, Unternehmen, Vereine, kirchliche Organisationen und kommunale Betriebe sind wichtige Partner beim Klimaschutz. Um sie zu unterstützen hat das Umweltministerium das Förderprogramm „Klimaschutz-Plus“ ins Leben gerufen. Denn die ambitionierten Klimaziele können nur erreicht werden, wenn Energie effizienter eingesetzt und bei Strom und Wärme Energie eingespart wird – insbesondere im Gebäudebestand.
Die Rolle der Städte und Gemeinden ist dabei besonders hervorzuheben. Denn sie haben gegenüber ihren Einwohnerinnen und Einwohnern eine Vorbildfunktion und gestalten innerhalb ihrer Gemarkung die Rahmenbedingungen zur Emissionsreduktion ganz wesentlich mit. Das Programm Klimaschutz-Plus besteht dabei aus drei Säulen:
- CO2-Minderungsprogramm: Förderung von Maßnahmen, die aus dem Energieverbrauch resultieren.
- Struktur-, Qualifizierungs- und Informationsprogramm: Förderung zusätzlicher Klimaschutzaktivitäten, etwa durch Bilanzierung von CO2-Emissionen, Vernetzung und Beratung sowie Projekte an Schulen.
- Nachhaltige, energieeffiziente Sanierung: Dabei fördern wir Vorhaben, die besondere Effizienzstandards erreichen.
Die Transformation hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft innerhalb von weniger als zwanzig Jahren stellt uns vor große Herausforderungen in allen Bereichen des Lebens und Wirtschaftens.
Von der Stromerzeugung, die perspektivisch komplett aus regenerativen Quellen stammen muss, über die Mobilität, bei der künftig alternative Antriebsformen die Norm werden müssen, bis hin zur Frage wie wir unsere Wohnungen und Häuser heizen.
Den ambitionierten Zielsetzungen müssen nun ebenso ambitionierte Maßnahmen folgen. Alle Ebenen und Ressorts stehen hier in der Verantwortung und müssen möglichst rasch in die Umsetzung kommen. Um in diesem kurzen Zeitraum den Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft zu schaffen, sind wir zudem darauf angewiesen, die Menschen mitzunehmen und für einen effektiven Klimaschutz möglichst viele Akteure aus der gesamten Gesellschaft einzubinden.

Nur durch konsequenten Klimaschutz können wir erreichen, dass der Klimawandel in einem für uns beherrschbaren Rahmen bleibt. Gleichzeitig müssen wir uns auf die bereits hervorgerufenen und nicht mehr vermeidbaren klimatischen Veränderungen einstellen.
Wir brauchen effektive Strategien für die Anpassung, denn die Klimawandelfolgen sind bereits heute deutlich zu sehen und zu spüren. Das gilt auch für Baden-Württemberg – seit den 1990er Jahren verläuft die Entwicklung immer rasanter. Zuletzt wurde 2018 ein neuer Höchstwert der Jahresmitteltemperatur für Baden-Württemberg erreicht. Extremwetterereignisse werden weiter zunehmen.
Maßnahmen, die Klimaschutz und Klimaanpassung effektiv miteinander verbinden, bringen große Chancen mit sich und können unsere Lebensqualität insgesamt steigern. So können beispielsweise Stadtbegrünungsmaßnahmen dazu führen, einerseits die Versickerung von Oberflächenwasser zu erleichtern und Hitzeeffekten entgegenzuwirken, andererseits werden aber auch öffentliche Räume aufgewertet und können attraktiver gestaltet werden.
Die Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Baden-Württemberg stammt aus dem Jahr 2015 und wird derzeit fortgeschrieben. Die neue Anpassungsstrategie soll bis Ende 2022 vorliegen. Sie beschäftigt sich mit der Frage, wie und mit welcher Dynamik sich das Klima zukünftig ändern wird und zeigt die Bandbreite möglicher Klimaentwicklungen in Baden-Württemberg auf. Es werden Maßnahmen erarbeitet, die von einem regelmäßigen Monitoring-Bericht flankiert werden.