Integration

Vorstellung der Studie "Integration gelungen?"

Verschiedene Menschen am Tisch im Gespräch

In Baden-Württemberg gibt es deutliche Anzeichen für eine im Generationenverlauf ansteigende Integration. Zu diesem Ergebnis kommt eine vom Ministerium für Integration in Auftrag gegebene Umfrage unter den fünf größten Einwanderergruppen im Land.

„Die vorliegende Studie ist bundesweit einmalig, da sie über die Herkunftsländer hinaus auch Erfahrungen und Einstellungen der ersten, zweiten und dritten Generation ausländischer Herkunft abbildet“, sagte Integrationsministerin Bilkay Öney bei der Vorstellung der Ergebnisse.

Forscher der Universität Konstanz befragten insgesamt 2.566 Jugendliche und Erwachsene mit Wurzeln in der Türkei, im ehemaligen Jugoslawien, in Italien, in der ehemaligen Sowjetunion und in Polen. Zu Vergleichszwecken interviewten sie zudem 500 Deutsche ohne ausländische Wurzeln. Gemeinsam sei es dem Integrationsministerium und den Projektleitern der Studie, Professorin Claudia Diehl und Professor Thomas Hinz von der Universität Konstanz gelungen, sowohl grundlegende als auch praktische Aspekte der Integration zu beleuchten, so Öney. Soziologieprofessorin Claudia Diehl sagte zur Anlage und den Ergebnissen der Umfrage: „Selten sieht man das Thema Integration in seiner ganzen Breite für die verschiedenen Einwanderergruppen und -generationen beleuchtet. Dieser Blickwinkel zeigt, wie komplex der Integrationsprozess ist und wie wenig er sich anhand einfacher Formeln fassen lässt.“

Der Bericht umfasst unter anderem einen Gruppen- und Generationenvergleich, der sich auf neun Integrationsthemen bezieht: rechtlicher Status und Einbürgerung, Bildung und Arbeit, sprachliche Potenziale, geteilte Werte und Einstellungen, religiöses Leben, soziale Netzwerke, bürgerschaftliches Engagement, Zugehörigkeit, Akzeptanz und Benachteiligung sowie Transnationalismus.

Je nach betrachteter Generation und Herkunftsgruppe macht die Umfrage Unterschiede und Gemeinsamkeiten deutlich. „Die umfangreiche Analyse wird uns helfen, Integrationspolitik noch besser überprüfen und zumindest punktuell auch hinterfragen zu können“, sagte Öney. Die Ministerin ging auf wesentliche Ergebnisse der Studie ein, etwa auf die Zweisprachigkeit: „Dass neben deutschen Sprachkenntnissen auch das Erlernen der Herkunftssprache für die Mehrheit der zweiten und auch noch für viele Befragten der dritten Generation als wichtig erachtet wird, spiegelt die Identitäten in einer Einwanderungsgesellschaft wider“, so Öney. Die Studie zeige, dass gute Kenntnisse der Herkunftssprache nicht im Widerspruch zu guten Deutschkenntnissen stünden. Die deutsche Sprachkompetenz korreliert zumindest tendenziell positiv mit der Sprachkompetenz in der Herkunftssprache.

Bürgerschaftliches Engagement und die Teilhabe am politischen Willensbildungsprozess sind weitere wichtige Dimensionen gesellschaftlicher Integration. Die Studie gibt Auskunft darüber, dass die erste und zweite Generation mit ausländischen Wurzeln seltener in Vereinen aktiv ist als dies bei Einheimischen der Fall ist. In der dritten Generation sind die Unterschiede deutlich geringer. So ist beim Sport im Generationenverlauf eine besonders positive Entwicklung feststellbar. „Mögliche Defizite der Sprache, des Bildungsgrads und des sozialen Status spielen im Sport eine weniger wichtige Rolle“, sagte Öney. Zudem hat ein knappes Drittel der in Vereinen aktiven Befragten ein Ehrenamt oder eine Leitungsfunktion inne. Die Abstände zwischen Einheimischen und Personen mit ausländischen Wurzeln sind dabei relativ gering.

Der Soziologieprofessor Thomas Hinz führte aus, dass sich nach den Umfrageergebnissen Zugewanderte und ihre Nachkommen zwar selten persönlich diskriminiert fühlten, aber viele davon ausgingen, dass Angehörige ihrer Herkunftsgruppe schlechter behandelt würden als Einheimische. „Das gilt vor allem für Personen mit Wurzeln in der Türkei und der ehemaligen Sowjetunion. Dies kann die Motivation sich zu integrieren ebenso beeinträchtigen wie eigene Diskriminierungserfahrungen“, so Hinz. Insofern sind Aufklärung, Hilfestellungen und konkrete Maßnahmen des Ministeriums gegen Diskriminierung sehr wichtig.

Die Umfrage geht auch auf die Religiosität der unterschiedlichen Gruppen und Generationen ein. Hierbei zeigt sich, dass ausgeprägte religiöse Haltungen sowohl unter Türkeistämmigen bestehen als auch unter Menschen, deren Hintergrund in Polen, Italien oder auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien liegt. Der Aussage, dass sich die Haltung gegenüber Muslimen in den vergangen zehn Jahren verschlechtert habe, stimmen 40 Prozent aller Befragten zu. Angesichts dieser Befunde erscheint es umso wichtiger, Dialog und Alltagskontakte zu fördern. „Bemerkenswert ist, dass nur 18 Prozent aller Christen schon einmal eine Moschee in ihrer Wohngegend besucht haben, hingegen geben gut 77 Prozent aller Muslime an, schon einmal in einer Kirche gewesen zu sein. Das zeigt uns, dass wir im Rahmen unserer Möglichkeiten versuchen müssen, den Kontakt zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen zu verbessern, um Vorurteile abzubauen“, so die Ministerin.

Die Wertvorstellungen der in Baden-Württemberg lebenden Bevölkerung unterscheidet sich viel weniger nach Kulturkreis oder Herkunftsland als oft angenommen. Eine deutliche Mehrheit der befragten Zuwanderer und Einheimischen meint, die Vereinbarkeit gruppenspezifischer Werte sei vorhanden. Ein Beispiel ist die Zustimmung zur Gleichstellung der Geschlechter. Alle Personen mit ausländischen Wurzeln erreichen Zustimmungswerte von 59 Prozent und höher - unter den Befragten ohne ausländische Wurzeln sind es 69 Prozent. Auch was soziale Beziehungen angeht, die ja für einen gelingenden Integrationsprozess wesentlich sind, kommt der Bericht zu einem positiven Ergebnis: Nur drei Prozent der befragten Personen mit ausländischen Wurzeln haben gar keinen Kontakt zu Einheimischen. Hingegen treffen sich 90 Prozent mindestens „ab und zu“ mit Einheimischen.

Erfreulich ist außerdem, dass eine deutliche Mehrheit der befragten Personen mit ausländischen Wurzeln (75 Prozent) der Aussage zustimmt, Deutschland sei ein einladendes Land für Migrantinnen und Migranten. Allerdings gehört auch ein gewisser Grad an Benachteiligung der eigenen Herkunftsgruppe zum Erfahrungsschatz der Befragten von der ersten bis zur dritten Generation. Öney: „Ausgrenzungserfahrungen können dazu führen, dass Migrantinnen und Migranten weitere Integrationsschritte unterlassen oder die Bindung an Deutschland hinterfragen.“ Wichtig sei zudem der Hinweis, dass die Beziehung zu einheimischen Freunden die negativen Auswirkungen von benachteiligenden Erfahrungen abzufedern scheinen. „Dies unterstreicht die Bedeutung sozialer Integration“, so die Ministerin.

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