„Wenn die Bundesregierung schon meint, Bundeswehrstandorte wie Sigmaringen schließen zu müssen, dann erwarten wir von ihr wenigstens, dass sie die betroffenen Gemeinden jetzt nicht im Regen stehen lässt, sondern ihnen beim schwierigen Konversionsprozess massiv unter die Arme greift. Zudem erwarten wir vom Bund zügig verlässliche Aussagen über den Zeitpunkt der Freigabe der militärischen Liegenschaften für eine zivile Nachfolgenutzung, die rasche und vollständige Beseitigung vorhandener Altlasten sowie faire Preise beim Verkauf der Flächen und Gebäude an Kommunen und private Investoren.“ Dies erklärte der Minister für den Ländlichen Raum, Alexander Bonde, anlässlich des Besuchs des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Thomas de Maizière, in der Graf-Stauffenberg-Kaserne in Sigmaringen.
„Das Beispiel Sigmaringen zeigt, dass es vor allem die Garnisonskommunen im Ländlichen Raum sind, die die aktuelle Bundeswehrreform kalt erwischt hat“, sagte Bonde, der wegen dieser starken Betroffenheit ländlicher Standorte innerhalb der grün-roten Landesregierung für den anstehenden Konversionsprozess federführend ist. Hier führe der Wegzug von Bundeswehrangehörigen nicht selten zu einem spürbaren Verlust an Kaufkraft bis hin zur Existenzgefährdung von Läden, Gaststätten, Handwerksbetrieben und anderen Einrichtungen der privaten und öffentlichen Daseinsvorsorge.
Selbstverständlich werde auch das Land nicht abseits stehen, wenn es gelte, den Gemeinden beim Konversionsprozess Hilfestellung zu leisten, versicherte der Minister. Er lasse daher zur Zeit von den Fachleuten seines Ministeriums prüfen, wie die bewährten Förderprogramme für den Ländlichen Raum eingesetzt werden können, um eine möglichst effiziente finanzielle Unterstützung von Konversionsgemeinden zu gewährleisten. Ein entsprechendes Vorgehen habe das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft für den Bereich der Städtebau- und Wohnungsförderung in Aussicht gestellt.
Allerdings sei die Ideenschmiede für nachhaltig tragfähige Folgenutzungen militärischer Liegenschaften eindeutig auf kommunaler Ebene angesiedelt, betonte Bonde mit Blick auf die anwesenden Bürgermeister der von der Bundeswehrreform betroffenen Kommunen der Landkreise Sigmaringen, Tuttlingen und des Zollernalbkreises . Dies sei auch richtig, denn die Standortkommunen wüssten in aller Regel am besten über die Potenziale, Chancen und Risiken einer Verwertung von Kasernen, Standortübungsplätzen sowie Munitionsdepots Bescheid. Darüber hinaus verfügten sie mit der Bauleitplanung über ein sehr wirkungsvolles Instrumentarium, um den Konversionsprozess auf ihrer Gemarkung maßgeblich beeinflussen und steuern zu können. Bonde wörtlich: „Nutzen Sie die Chancen und gehen Sie diese für die Zukunft ihrer Gemeinden zentrale Aufgabe mit heißem Herzen und kühlem Verstand an. Aber binden Sie dabei auch die gesamte Bürgerschaft, die Nachbargemeinden, den Landkreis und alle übrigen Akteure auf kommunaler und regionaler Ebene ein, die etwas hierzu beitragen können!“
Minister Bonde kündigte an, dass er noch im Laufe des 1. Quartals 2012 alle vom neuen Standortkonzept betroffenen Kommunen Baden-Württembergs zu einem weiteren Erörterungstermin einladen werde, um den Konversionsprozess anzustoßen. Dabei stünden auch die Frage der Abgrenzung von Konversionsräumen und die Bildung von Lenkungsgruppen unter kommunaler Federführung auf der Tagesordnung. Auch eine finanzielle Unterstützung gemeindeübergreifender und regional ausgerichteter Gutachten für Konversionskonzepte stellte Bonde in Aussicht. Er erwarte jedoch, dass sich auch der Bund angemessen hieran beteilige.
Bundeswehrreform
Baden-Württemberg ist von der aktuellen Bundeswehrreform stark betroffen. Von den insgesamt 30 größten Standorten werden vier komplett geschlossen. Bei zehn weiteren kommt es zu einer signifikanten Reduzierung der Dienstposten. Landesweit werden rund 9.400 Dienstposten wegfallen.
Zwei Drittel der betroffenen Standorte liegen im Ländlichen Raum. Zu vollständigen Standortaufgaben kommt es hier in Sigmaringen, Hohentengen /Mengen, Immendingen und Hardheim . Ein weitgehender Dienstpostenabbau findet darüber hinaus in den ländlichen Garnisonen Ellwangen und Meßstetten statt. Nur in zwei Fällen - Stetten am kalten Markt und Donaueschingen - kommt es in Ländlichen Raum zur Stärkung von Standorten.
Die Streichung von Standorten und Dienstposten in strukturschwachen Gebieten des Ländlichen Raums ist vor allem deshalb problematisch, weil sich hier sehr rasch die Frage der Auslastung von Einrichtungen der öffentlichen und privaten Daseinsvorsorge (kommunale Versorgungsbetriebe, ÖPNV, Banken, Postfilialen, Läden, Handwerksbetriebe usw.) stellen kann. Deshalb muss hier so rasch wie möglich Klarheit darüber geschaffen werden, welche sinnvollen und langfristig tragfähigen Nachfolgenutzungen für diese Kommunen in Frage kommen können.
Wegen der besonderen Betroffenheit des Ländlichen Raums wurde das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz mit der Federführung des anstehenden neuen Konversionsprozesses in Baden-Württemberg beauftragt.
Am 10. Dezember 2011 hat Minister Alexander Bonde gemeinsam mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Oberbürgermeister und Bürgermeister sowie die Regierungspräsidenten und Landräte der von der aktuellen Bundeswehrreform betroffenen Standorte Baden-Württembergs zur Auftaktveranstaltung „Konversion in Baden-Württemberg“ nach Stuttgart eingeladen. Ziel der Veranstaltung war ein erster Informationsaustausch über den anstehenden Konversionsprozess.
Am 22. Dezember 2011 und am 4. Januar 2012 hat Minister Bonde den von der Reform am stärksten betroffenen Standortkommunen, darunter auch der Stadt Sigmaringen, einen Besuch abgestattet, um sich ein Bild von der Situation vor Ort zu machen und zusammen mit den Vertretern der Gemeinden und der Bundeswehrstandorte eine erste Abschätzung der Potenziale für tragfähige Nachfolgennutzungen der militärischen Liegenschaften vorzunehmen.
Weitere Informationen zu den Themen Konversion und Ländlicher Raum finden Sie auf der Internetseite des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz unter www.mlr.baden-wuerttemberg.de .
Quelle:
Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg